Nach Tele2-Deal: Drei-Kampf um die Marktführerschaft

Drei-Chef Jan Trionow
Der chinesische Hutchinson-Konzern wird nach Tele2-Übernahme zur Nummer 2 und sagt A1 den Kampf an. T-Mobile reagiert gelassen.

Die Karten auf dem österreichischen Telekom-Markt werden neu gemischt. Mit der Übernahme von Tele2 Österreich überholt der chinesische Hutchison-Konzern („Drei“) T-Mobile und rückt zum größten alternativen und zweitgrößten Telekom-Komplettanbieter hinter Marktführer A1 auf.

„Die Übernahme von Tele2 ist der große Puzzlestein, der uns noch gefehlt hat“, kommentierte Drei-Chef Jan Trionow den Deal. Das Unternehmen werde dadurch endgültig zum vollintegrierten Telekom-Komplettanbieter und sei nun in der Lage, alle vier großen Teilbereiche abzudecken: Mobilfunk, Festnetz, Bewegtbild (TV) und Internet. „Das ist eine Ansage in Richtung Marktführer“, sagte Trionow.

Nach Tele2-Deal: Drei-Kampf um die Marktführerschaft
Pressekonferenz Drei übernimmt Tele2. v.l.n.r.: Jan Trionow, CEO von Drei und Alfred Pufitsch, CEO Tele2 Österreich

Lukrativ an Tele2 sind sowohl das österreichweite Glasfaser-Backbone-Netz, die Festnetzkompetenz sowie die 217.000 vorwiegend Firmenkunden. „Bei Großkunden haben wir einen Marktanteil von einem Drittel“, sagte Tele2-Chef Alfred Pufitsch. Darunter sind aus der Übernahme der UTA einige Großkunden aus dem Banken- und Versicherungsbereich. Durch den Deal steigt der Geschäftskundenanteil von Drei von derzeit zwölf auf 22 Prozent, Trionow will ihn durch Angebote wie Netzwerkmanagement, Housing- und Hosting-Lösungen auf mehr als ein Viertel steigern.

Schnäppchen

Der Kaufpreis beträgt 95 Mio. Euro, wobei 10 Mio. abhängig vom Erfolg des Integrationsprozesses erst in zwei Jahren fällig werden. Zum Vergleich: Für die UTA zahlte Tele2 noch 213 Mio. Euro. Als zweitgrößter Telekom-Betreiber kommt Drei insgesamt auf rund 4 Millionen Festnetz-, Mobilfunk- und Internet-Anschlüsse und einen Umsatz von knapp 900 Mio. Euro (siehe Grafik unten). T-Mobile kam zuletzt auf 855 Mio. Euro. Die Transaktion muss noch von den Wettbewerbsbehörden abgesegnet werden, große Einwände sind nicht zu erwarten.

Drei will die Übernahme bis Ende des Jahres abschließen, die Marke Tele2 soll dann verschwinden. Für die Bestandskunden soll sich vorläufig nichts ändern. Wie viele der 235 Tele2-Mitarbeiter bei Drei unterkommen werden, ist noch unklar. Trionow spricht von „vielen Optionen im Unternehmen“, allerdings gebe es auch Überschneidungen: „Man wird konsolidieren müssen.“

Mehr Wettbewerb?

Telekom-Regulator Johannes Gungl sieht für den Zusammenschluss keinerlei regulatorische Hürden. Er hält sogar eine Stärkung des Wettbewerbs für „durchaus denkbar“. T-Mobile-Sprecher Helmut Spudich nimmt den Verlust von Platz 2 durch den erstarkten Mitbewerber gelassen: „Relevant ist nicht die Platzierung, sondern die Profitabilität.“ Dass T-Mobile das Festnetz-Segment fehle, sieht er nicht als Nachteil. Die Bedeutung von Festnetz nehme ab. Marktführer A1 wollte den Deal nicht kommentieren. Für Firmenkunden, die nicht zu Drei wechseln möchten, gebe es aber immer attraktive Angebote.

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apa,grafik

Mit Tele2 verliert der österreichische Telekom-Markt einen der letzten österreichweit relevanten Mitbewerber der Telekom Austria im Festnetzgeschäft. Der in mehreren Ländern Europas tätige, schwedische Telekomriese suchte bereits seit längerer Zeit nach einem Käufer für die Österreich-Tochter. Die Eigentümer würden nur noch in Ländern investieren, wo Tele2 eine relevante Größe am Markt sei, sagt Österreich-Chef Alfred Pufitsch. Drei sei der Wunschkandidat gewesen, unter den Kaufinteressenten war auch T-Mobile. Schon 2009 wollte der damalige Tele2-Chef Robert Hackl erwerben, was aber scheiterte.

Billiganbieter

Der Markteintritt erfolgte vor 18 Jahren als einer der ersten alternativen Festnetzanbieter. Mit Billigtarifen trieb Tele2 den Marktführer Telekom Austria vor sich her. 2003 startete der Handy-Diskonter Tele2Mobil (Vorwahl: 0688) und lockte mit Billigtarifen mehr als 100.000 Handy-Kunden ins damalige Netz von One. 2008 war wieder Schluss, die Konzernmutter wollte sich in Österreich auf das profitablere, kabelgebundene Geschäft mit Firmenkunden konzentrieren und verkaufte Tele2Mobil um 7 Millionen Euro an A1 (Telekom Austria). Ein strategischer Fehler, wie sich heute herausstellt.

Statt in den Mobilfunk zu investieren, schnappte sich Tele2 den damals etablierten österreichischen Internet-Provider UTA, in dessen Firmenzentrale die 235 Mitarbeiter heute noch sitzen. Die UTA-Übernahme gestaltete sich schwierig und brachte nicht den erhofften Erfolg. 2013 kaufte man daher zusätzlich den Internet-Provider Silverserver. Erst Ende 2015 erfolgte ein neues Angebot für Handy-Kunden unter der Vorwahl 0690. Angesichts des übersättigten Marktes viel zu spät. „Tele2 fehlte in Österreich einfach der Mobilfunkteil, der Trend ging aber sehr rasch zu Komplettanbietern mit konvergenten Lösungen“, analysiert Telekom-Experte Karim Taga von Arthur D. Little.

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