Das soziale Netzwerk Meta, früher Facebook, hat am Donnerstag rund 220 Milliarden Dollar an Börsenwert verloren. Das entspricht ungefähr dem Bruttoinlandsprodukt von Neuseeland.
Seither überschlagen sich weltweit die Analystenmeinungen. Ist das der Anfang vom Ende? Oder ist das „nur“ eine „Delle“, von der sich der Konzern wieder erholen wird?
Zunächst noch einmal Zahlensalat
Im vierten Quartal ist die Zahl der täglich aktiven Nutzer im Vergleich zum Vorquartal um rund eine Million Menschen auf 1,929 Milliarden Menschen gesunken.
Im dritten Quartal war sie noch um etwa 25 Millionen gewachsen. Keine gute Entwicklung also.
Der Konzernumsatz im vierten Quartal stieg zwar im Vergleich zum Vorjahr um ein Fünftel auf knapp 33,7 Milliarden Dollar. Doch der Gewinn sank um acht Prozent auf etwa 10,3 Milliarden Dollar.
Zudem fiel der Ausblick auf das kommende Quartal schwächer aus als von Analysten erwartet. Und wenn Analystenerwartungen verfehlt werden, ist das nie gut
So geht Mark Zuckerberg für das erste Quartal 2022 von einem Umsatzwachstum von drei bis elf Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal aus. Analysten lagen bisher klar darüber.
Und noch etwas. Für Meta ist es essentiell, wie viele Nutzer aus der gesamten Familie der unterschiedlichen Applikationen mindestens eine seiner Apps nutzen (also FB, Instagram, Whatsapp, etc.).
Mit einem Plus von zehn Millionen auf 2,82 Milliarden täglich fiel das Wachstum hier eher verhalten aus. Denn im Vierteljahr davor waren noch 50 Millionen dazugekommen.
Schräge Ausrede
Schräg für Anleger war der Hinweis von Zuckerberg, dass er jetzt mit mehr Wettbewerb zu kämpfen habe. Dass die chinesische Video-App Tiktok mehr Kids anlockt als Facebook, wissen auch Nicht-Insider schon lange.
Zuckerberg will mit dem Videoformat Reels kontern. Das kostet Geld und drückt natürlich die Erlöse.
Top-Analysten wie Mike Proulx von Forrester Research sind davon nicht überzeugt. Einfach nur die Funktionen von Tiktok zu kopieren, werde nicht reichen, so Proulx.
Dann gibt es bekanntlich auch noch das sogenannte „Apple-Problem“. App-Anbieter wie Facebook müssen iPhone-Nutzer seit April fragen, ob sie zu Werbezwecken ihr Verhalten quer über verschiedene Dienste und Websites nachverfolgen dürfen. Sehr viele iPhone-Kunden lehnen das ab.
Dadurch kann Facebook die Werbeanzeigen schlechter auf einzelne Nutzer zuschneiden, sagt Meta-Finanzchef David Wehner. Er spricht von einem Einnahmensverlust von gut zehn Milliarden Dollar.
Angriff auf den Kernreaktor?
Das ist aber der Kernreaktor des Meta-Geschäftsmodells: Die Anzeigen müssen exakt auf die von den Werbekunden gewünschten Zielgruppen zugeschnitten sein.
Mit dem Nein der iPhone-Nutzer zum sogenannten Tracking wird es für Facebook schwieriger, Daten über die Interessen der Nutzer zu sammeln. Und die Wirkung der Werbekampagnen ist so auch schwerer messbar.
Für Analyst Brian Wieser, von GroupM, ist hier aber nicht Apple das Problem, sondern eher die Herangehensweise der Meta-Führungsebene, wie er im Wall Street Journal sagt.
Denn das digitale Anzeigengeschäft sei nach wie vor gesund. Bestes Beispiel sei das gute Ergebnis der Google-Muttergesellschaft Alphabet.
Ärger mit der Politik
Dazu kommt, dass sich die Politik auf Zuckerberg eingeschossen hat. Der US-Kongress bereitet schärfere Kartellgesetze vor.
Meta wird in den kommenden Jahren kaum große Unternehmen aufkaufen können. Das ist wichtig. Denn in der Vergangenheit hat sich Zuckerberg Knowhow oft zugekauft
Zusätzlich laufen gegen Meta mehrere Ermittlungsverfahren. Generalstaatsanwälte und Handelskommission FTC untersuchen, ob das Unternehmen wettbewerbswidrig gehandelt hat.
Die Star-Wars-Vision
Gibt es auch etwas Positives? Nun ja. Wegen der vielen Probleme versucht Mark Zuckerberg schon seit Monaten die Welt auf sein Metaversum einzuschwören.
Es ist die große Vision, die Zuckerberg den Anlegern anbietet: Seid dabei, wenn ich das große virtuelle Paralleluniversum aufbaue, wo man etwa Konzerte am anderen Ende der Welt besuchen kann oder einem gar verstorbene Familienmitglieder wieder erscheinen können - so wie bei Star Wars die Yedi-Ritter.
Allein zehn Milliarden Dollar hat Meta dafür 2021 ausgegeben. Heuer sollen es 20 Milliarden sein.
Analysten weisen aber darauf hin, dass für die virtuellen Räume und Welten extrem hohe Internet-Bandbreiten benötigt werden. Genau darauf hat Meta aber keinen Einfluss. Dafür sind die Telekom-Firmen zuständig.
Und noch etwas. Zuckerberg hat groß die Digitalwährung Libra/Diem angekündigt. Und jetzt?
Also was jetzt?
Soll man sein Meta-Depot also aufstocken oder überhaupt einsteigen? Denn nach so einem Absturz kann es eigentlich nur wieder nach oben gehen, oder?
Und Zuckerberg hat es in der Vergangenheit immer wieder geschafft, aus der Defensive nach vorne zu kommen.
Aber jetzt ist er von einer Vielzahl von Problemen geradezu umzingelt. Und mit seinem Metaversum geht Zuckerberg eine riskante Wette ein, die sich, wenn überhaupt, erst in fünf bis zehn Jahren rentiert.
Fazit: Wer schon Meta im Depot hat, sollte nicht aussteigen aber "alert" sein. Eh logisch.
Aufstocken oder gar überhaupt jetzt erst einsteigen, sollte man aber auch nicht.
Denn es gibt schließlich noch einen ganz anderen Faktor: die US-Notenbank Fed wird heuer die Zinsen erhöhen.
Das macht Unternehmenskredite teurer. Für die Börse ist das bekanntlich eine schlechte Nachricht. Das ganze Umfeld könnte also demnächst nicht gerade anlegerfreundlich ausfallen.
Haftungsausschluss
„Die besprochenen Wertpapiere und Investments dienen ausschließlich der unverbindlichen Information und ersetzen keine professionelle Beratung. Weder stellen diese Angaben ein Angebot, eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes zum Kauf oder Verkauf der erörterten Finanzprodukte, noch eine Erbringung von Anlageberatung dar. Der KURIER übernimmt insbesondere keine Haftung für künftige Kursentwicklungen.“
Kommentare