Nach dem Embargo drohen Firmenpleiten

Ausgehungert: Russische Bären und ausländische Lieferanten leiden.
AMA-Marketing-Chef Blass über die Sanktionen: "Das kann zwischen Sein und Nichtsein entscheiden".

Die Bären im Moskauer Zoo bangen um ihre Äpfel: Bisher stammt das Obst und Gemüse für die Tiere aus Polen und den Niederlanden, sagte eine Zoo-Sprecherin – "weil es gut und günstig ist". Nach dem von Moskau verhängten Importstopp für EU-Lebensmittel ist damit Schluss. Auch anderes Importfutter wie Fische oder Sellerie zu ersetzen werde "nicht einfach".

Existenziell könnte Russlands Retourkutsche für den einen oder anderen Exporteur werden. Michael Blass, Chef der Agrarmarkt Austria Marketing, befürchtet Firmenpleiten: "Für einzelne Betriebe kann das den Unterschied zwischen Sein oder Nichtsein ausmachen." Schon jetzt seien die Lebensmittelproduzenten in einer "sehr sensiblen Phase". Die Erlöse sind am Limit. "In der Obst- und Gemüseverarbeitung ist es kaum noch möglich, kostendeckend zu arbeiten", sagt Blass zum KURIER: "Es herrscht großer Importdruck, weil um den letzten halben Cent gefeilscht wird."

Aufruf zu Patriotismus

Jetzt wird dieser Druck noch steigen, weil viele EU-Produzenten gleichzeitig auf andere Exportmärkte drängen. Die Auswirkungen bekämen hunderte heimische Betriebe zu spüren – die Kosten zu beziffern sei unseriös: "Das kann im Moment nur jedes Unternehmen für sich selbst tun." Blass hält die Forderung nach EU-Ausgleichszahlungen für berechtigt. Ein Kommissionssprecher hatte 400 Mio. Euro erwähnt, die in einem EU-Krisentopf verfügbar seien. Das werde aber sicher nicht ausreichen, sagt Blass – "sonst haben wir ein echtes Problem".

Bei Österreichs Bauern herrscht Angst vor Chaos: Was passiert mit den schon verpackten Produkten, die für Russland gedacht waren? Was mit Lagerware? Landwirtschaftskammer-Präsident Hermann Schultes fordert einen Krisenstab der Bundesregierung. Die Konsumenten ruft er auf, "sich durch ihre Kaufentscheidung mit den österreichischen Produzenten solidarisch zu erklären". Der Handel möge sich ebenfalls beteiligen.

Kiew plant Gas-Stopp

Zu allem Überdruss drohen Engpässe bei Gaslieferungen nach Westeuropa – und zwar wegen der Ukraine. Man habe eine Liste mit 65 Unternehmen für Sanktionen erstellt, sagte Regierungschef Arseni Jazenjuk am Freitag in Kiew. Sollte das Parlament zustimmen, könnte das einen kompletten Transitstopp zur Folge haben – das betreffe "sowohl den Überflug als auch den Transit der Ressourcen", so Jazenjuk. Die Ukraine ist das wichtigste Land für den Transport von russischen Rohstoffen nach Westeuropa. Bei früheren Gaskonflikten zwischen Moskau und Kiew war es 2006 und 2009 zu erheblichen Engpässen in der EU gekommen. Russland kritisierte die Ankündigung scharf. "Die Sanktionsliste ist eine PR-Maßnahme, um zu beweisen, dass die Ukraine an der Seite des Westens ist", hieß es aus dem Außenministerium.

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