N26-Gründer: "Setzen auf Wachstum"

N26-Gründer Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal
N26-Co-Founder Maximilian Tayenthal über die Strategien der größten Smartphone-Bank Europas.

KURIER: N26 gilt als eine der am stärksten wachsenden Banken weltweit, wie viele Kunden haben Sie derzeit, wie hoch ist der Mitarbeiterstand?

Maximilian Tayenthal: Wir wachsen derzeit um 1000 bis 2000 Kunden täglich, wir haben im März die 300.000 kommuniziert. Bis Jahresende sollen es 800.000 sein. Vor zwei Jahren, als wir begonnen haben, hatten wir rund 100 Mitarbeiter, derzeit sind es knapp 300. Wir mussten jetzt auch noch Büroflächen dazu mieten.

Was sind gegenwärtig die größten Wachstumsmärkte?

Im Verhältnis zur Bevölkerung wachsen wir sehr stark in Ländern wie Litauen, Slowenien und Irland, aber vor allem in den großen Märkten wie Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien.

N26 hat seit seiner Gründung vor zwei Jahren zwar ein großes Wachstum hingelegt, ist aber noch weit davon entfernt, profitabel zu sein. Wann werden Sie Geld verdienen?

Wir hatten das erste Jahr nach der Gründung keine monetären Ziele, wir haben am Vertrauen an neuen Produkten, am Branding und am Wachstum gearbeitet. Auch jetzt haben wir nicht die Intention, dass wir N26 so schnell wie möglich profitabel machen, auch wenn das zu Lasten weiterer Investitionen möglich wäre, sondern wir sehen die Möglichkeit, N26 zu einer der größten paneuropäischen Banken auszubauen, mit Millionen von Kunden. Und das lässt sich nicht schaffen, wenn man frühzeitig nur auf Profitabilität setzt. Jeden Euro, den wir derzeit verdienen, stecken wir in unser Wachstum.

Es gibt ja eine Reihe von Großinvestoren bei N26, wie zum Beispiel den Pay-Pal-Gründer Peter Thiel. Wird es eine weitere Finanzierungsrunde geben?

Wir sind klassisch Venture-finanziert, mit derzeit rund 55 Millionen Euro. Im Moment sind wir gut ausfinanziert, aber für die weitere Expansion werden wir noch Kapital benötigen.

Eine Bank stellt man sich landläufig anders vor, große Glaspaläste mit gediegenen Marmor-Entreés, ein gut ausgebautes Filialnetz. Wenn man sich hier umblickt, unterscheidet sich N26 nicht von einem normalen Start-up in der Gründungsphase.

Wir verstehen uns primär als Technologieunternehmen, das modernes Banking bietet. Unsere Kompetenzen sind klar technologiegetrieben, wir haben für unsere App eine der besten Benutzeroberflächen am europäischen Markt entwickelt. Wir haben die vergangenen beiden Jahre das modernste IT-System im Hintergrund aufgebaut, das alles führt dazu, dass wir unsere Kunden mit einem Bruchteil der Kosten von etablierten Banken bedienen können. Unser Ziel ist ganz klar, wir möchten die größte mobile Bank Europas werden.

Stellt sich trotzdem die Frage, was N26 von den mobilen Angeboten herkömmlicher Banken unterscheidet?

Traditionelle Banken haben gewachsene IT-Systeme, wir haben auf der grünen Wiese etwas komplett Neues gebaut. Das ist natürlich etwas völlig anderes, als wenn du Millionen Kunden im eigenen Rechenzentrum in 40 Jahre alten Systemen angelegt hast. Ein Problem für etablierte Banken ist auch, dass sie im IT-Bereich nur schwer Talente bekommen, die wirklich Guten gehen zu Facebook, zu Zalando. Dazu kommt, dass traditionelle Bankhäuser sehr viele Bereiche abdecken, sie verfügen über dutzende Beteiligungen und Geschäftsfelder, haben große Filialnetze, das kostet alles sehr viel Geld. Wir hingegen haben einen klaren Fokus auf unser Produkt, und darauf die beste Experience zu bieten.

Aber es braucht schon großes Vertrauen, dass man einer rein virtuellen, noch dazu mobilen Bank sein Geld anvertraut. Sie waren in den vergangenen Wochen ja auch mit Kritik konfrontiert, da es zu Problemen und Ausfällen kam.

Mit Vertrauen gewinnt man nicht den Kampf um den Kunden, aber man kann ihn damit verlieren. Ganz klar ist, wenn man Daten oder Geld vom Kunden verliert, kann man nach Hause gehen und etwas anderes machen. Es gibt keinen Grund zu sagen, dass N26 nicht sicher ist, ganz im Gegenteil, wir hatten noch keinen Fall, dass Geld durch eine unautorisierte Überweisung verschwunden wäre. Aber es gibt natürlich ein Spannungsverhältnis zwischen Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit. Wenn man als Kunde drei Pin-Codes eingeben muss, dann ist die App nicht brauchbar. Wir denken Sicherheit komplett neu. Sicherheit hat natürlich oberste Priorität, wir haben eigene Teams aufgebaut, und zahlen, wie Google und Facebook, auch Prämien, sollten jemandem an unserem System Sicherheitsmängel auffallen.

N26 ist natürlich rein für das bargeldlose Zahlen ausgelegt? Wird es in Zukunft noch Bargeld geben?

Wir sehen in all unseren Märkten einen Trend weg vom Bargeld, aber das ist eher eine langsame Entwicklung.

Arbeitet N26 an weiteren Möglichkeiten, bargeldlos zahlen zu können? Und braucht es künftig überhaupt noch eine Bankomatkarte, oder reicht das Handy mit NFC-Chip?

Aktuell konzentrieren wir uns auf die Bankomatkarte, mit der der Kunde zahlen kann, das nächste Thema ist Mobile Banking. Wir haben jetzt schon die Funktion Money-Beam, über die sich Geld in Echtzeit von Kunde zu Kunde schicken lässt. Und wir bringen heuer noch Apple Pay für unsere Kunden in Italien und Spanien.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit Apple genau?

Man kann als N26-Kunde mit dem iPhone bei allen Händlern zahlen, die einen NFC-fähigen Terminal haben. Außerdem lässt sich auch bei vielen Onlinehändlern einfacher bezahlen.

Während viele Großbanken eher auf die Privatkunden verzichten, weil sie mehr Geld kosten, als sie bringen, setzt N26 genau auf dieses Segment. Deswegen nochmals die Frage, wie wollen Sie mit einem Gratiskonto wirklich Geld verdienen?

Wir versuchen alle wichtigen Angebote von traditionellen Banken zu digitalisieren. In der Mitte steht das Konto, und für jede finanzielle Notwendigkeit, die ein Kunde hat, bieten wir jetzt schon Produkte an, oder werden sie anbieten. Das geht von Sparprodukten über Versicherungsprodukte bis hin zu Krediten. Wenn du heute einen N26-Kunden fragst, was er gut findet, wird er sagen, dass es die Benutzeroberfläche ist, in einem halben Jahr wollen wir, dass er auch sagt, es sind die besten Produkte in jeder Kategorie.

Und diese Produktpalette wird ausreichen, um die Kosten für das Gratiskonto zu finanzieren?

Wir haben keine Overheadkosten und kein Filialnetz, und wir achten darauf, dass unsere Systeme skalierbar sind, es macht also nichts aus, ob wir 300.000 Kunden oder drei Millionen auf der Plattform haben. Wir brauchen jetzt also keine hohe Gebühr vom Kunden zu verlangen, um kostendeckend arbeiten zu können.

Was hindert aber klassische Banken daran, das N26-Modell einfach nachzubauen? Und wer sind die Konkurrenten?

Es gibt keine direkten Konkurrenten zu unserem Modell. Was wir anbieten, ist zumindest in Europa einzigartig. Wir fischen aber im gleichen Teich wie andere Direktbanken und versuchen, es einfach besser zu machen als die etablierten Player. Auch die mobilen Tochterfirmenvon etablierten Banken arbeiten oft noch mit den alten Systemen.

Warum sind Sie mit Ihrem Unternehmen von Wien nach Berlin quasi ausgewandert?

Als wir in Wien gründeten, gab es nicht viele Venture Capital Investoren in Österreich. Und nachdem die Start-up-Szene relativ klein war, hatten wir auch Probleme mit dem Recruiting von qualifizierten Mitarbeitern.

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