KURIER: Wie kam es zu der neuerlichen Kapitalspritze?
Valentin Stalf: Es hat großes Interesse verschiedener Investoren gegeben, sich an N26 zu beteiligen. Wir wollten aber keine neue Finanzierungsrunde machen und entschlossen uns daher zur Erweiterung der jüngsten Runde. Zu den Geldgebern aus aller Welt zählen unter anderen Tencent, Earlybird, Greyhound Capital oder Singapurs Staatsfonds GLC. Der Wert von N26 steigt damit auf 3,1 Milliarden Euro. Damit gehören wir zu den vier wertvollsten Start-ups Europas und sind die Nummer eins in Deutschland. Aber die Bewertung ist kein Selbstzweck, sie zeigt, dass viele Kunden nach besseren Produkten im Retail Banking suchen.
Was macht N26 mit den zusätzlichen Mitteln?
Wir investieren in den weiteren Aufbau unseres Teams und in unser Wachstum in Europa und den USA. Wir konzentrieren uns dort zunächst auf die großen Städte wie New York, Chicago und San Francisco und versuchen dort unter anderem mit Plakatkampagnen auf uns aufmerksam zu machen.
Wie hoch schätzen Sie das Potenzial in den USA ein?
Groß aufgrund von 350 Millionen Einwohnern, die eine einzige Sprache sprechen. Wir schalten von einer Warteliste von rund 100.000 Interessenten wöchentlich einige 1.000 Kunden frei. In ein bis zwei Jahren wollen wir eine Million Kunden haben. Im Vergleich zu Europa bringt das Kundengeschäft nicht nur höhere Umsätze, sondern ist auch profitabler.
Womit möchten Sie punkten?
Allgemein ist der Fintech-Markt in den USA weit voran, aber beim Retailbanking nicht. Da arbeiten die Banken auf veralteten Technologieplattformen und sind sehr weit weg von Transparenz. Wie in Europa setzen wir mit unsere Banking App im Bereich der User Experience und der Einfachheit der Benutzung einen neuen Standard. So haben wir erst kürzlich damit begonnen, unsere Premium-Mitgliedschaften mit N26 You neu aufzusetzen und werden in Kürze Shared Spaces einführen. Shared Spaces wird es Kunden ermöglichen, Unterkonten innerhalb von N26 zu erstellen und diese mit bis zu 10 Personen zu teilen – um Rechnungen innerhalb einer Wohngemeinschaft zu teilen oder den nächsten gemeinsamen Urlaub mit Freunden zu planen. Zudem ist die Grundvariante des Kontos kostenlos und im Gegensatz zu den meisten US-Banken gibt es keine Mindestumsätze. Außerdem bieten wir eine Visa-Debitkarte (Bankomatkarte, Anm.) an.
Nur eine einzige Debitkarte ist doch für die USA sehr untypisch.
Ja, aber es gibt einen großen Trend hin zu Debitkarten. Viele wollen nicht mehr fünf Kreditkarten haben. Ich kann aber nicht ausschließen, dass wir künftig auch eine Kreditkarte anbieten, dann wird aber der Kunde entscheiden ob er die Umsätze direkt auf das Konto buchen will oder erst später zahlen will. Die Transparenz und der Überblick für den Kunden sind hier sehr wichtig.
Als Vorreiter beim Mobile Banking muss N26 sich laufend neu erfinden, weil die Konkurrenz ja nicht schläft.
Wir sind laufend in Kontakt mit unseren Kunden und verarbeiten ihr Feedback – auch für neue Assets. So haben wir jetzt unsere Premium-Konten N26 Black auf N26 You umgestellt. Für 9,90 Euro im Monat können Kunden ihre App personalisieren, im Ausland kostenlos Bargeld beheben und erhalten ein umfassendes Versicherungspaket. Darüber hinaus ist ein Partnerkonto in Vorbereitung. Wir setzen laufend neue Standards und es werden viele neue Innovationen auch in den nächsten sechs Monaten folgen.
Apropos Kundenfeedback: Die deutsche Bankenaufsicht hat vor kurzem kritisiert, dass N26 für Kunden schwer erreichbar ist, etwa übers Telefon. Haben Sie nachgebessert?
Wir waren nicht allgemein schlecht erreichbar, Kundenservice ist für uns ganz wichtig. Allerdings haben wir Anfang des Jahres bei einigen komplexen Anfragen länger gebraucht, um zu antworten. Wir haben unser Team weiter aufgebaut und je 400 interne und externe Mitarbeiter im Kundenservice angestellt. Somit werden nun Anfragen per Chat oder Telefon im Schnitt nach 10 bis 40 Sekunden bearbeitet.
Im Frühjahr haben Sie einen Standort in Wien angekündigt. Wann geht’s los?
Wir haben rund fünf bis zehn Mitarbeiter aufgenommen und starten im zweiten Bezirk im WeXelerate im September. Bis Jahresende sollen es circa 30 sein, wobei wir international rekrutieren. Nach Berlin und Barcelona ist es der dritte Technologie- und Innovationsstandort in Europa. Wir haben uns 30 Städte angesehen und Wien hat sich wegen seiner Nähe zu Berlin und der Lebensqualität durchgesetzt.
Abschlussfrage: Zu Jahresbeginn kündigten Sie an, heuer profitabel abzuschließen. Bleibt es dabei?
Pro Kunde sind wir schon heute profitabel. Als Gesamtunternehmen investieren wir aber weiter in den Aufbau unserer Teams, wie zum Beispiel in Wien und unser Wachstum.
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