Mutmaßlicher Ticketbetrug bei AUA

APA7207654 - 13032012 - SCHWECHAT - ÖSTERREICH: Themenbild - AUA-Flugbegleiterin vor der AUA-Zentrale am Dienstag, 13. März 2012, am Flughafen in Wien-Schwechat. Heute, Dienstag, findet ein AUA-Sonderaufsichtsrat zum "Sparpaket" statt. APA-FOTO: ROBERT JAEGER
Sechs AUA-Angestellte sollen vergünstigte Mitarbeiter-Tickets weiterverscherbelt haben.

Bei den Austrian Airlines (AUA) sind Malversationen mit vergünstigten Mitarbeiter-Tickets aufgeflogen. Seit mehreren Wochen sollen AUA-Mitarbeiter Tickets, mit denen ausschließlich AUA-Angestellte und ihre Angehörigen stark verbilligt fliegen können, illegalerweise an außenstehende Personen weitergegeben bzw. mit einem "kleinen Aufschlag" verkauft haben. Vor allem soll es sich dabei um Flüge nach Südosteuropa gehandelt haben. "Es ist richtig, dass die Revision der AUA in der vergangenen Woche einen Betrugsfall aufgedeckt hat, in den leider sechs AUA-Angestellte verwickelt sind", bestätigt AUA-Pressesprecher Peter Thier auf Anfrage des KURIER. "Wir können das auf rund 50 Tickets eingrenzen, die an Außenstehende weitergegeben wurden. Das ist aber nach unseren Richtlinien verboten."

Nachsatz: "Nach Prüfung des Falles durch die Revision haben wir arbeitsrechtliche Maßnahmen eingeleitet und die Konsequenzen gezogen." Drei der involvierten AUA-Mitarbeiter vom Bodenpersonal (Chauffeure) sind entlassen worden, zwei sind freigestellt und die Untersuchungen laufen noch. Ein weiterer Verdächtiger soll sich auf Urlaub befinden. Er konnte noch nicht mit den Vorwürfen konfrontiert werden.

Diese "systematische Malversation" soll unter den Verdächtigen abgesprochen gewesen sein. Sie wurde aber von der Abrechnungsabteilung deshalb rasch entdeckt, weil in einem Fall 17 so genannte PEP-Tickets ausgestellt wurden, aber der AUA-Angestellte gar nicht die zeitliche Möglichkeit hatte, diese "Tickets" selber abzufliegen.

Zur Erklärung: PEP steht für Personal Education Program. AUA-Mitarbeiter können über das Firmenintranet diese besonders günstigen PEP-Tickets buchen. Pro Flug kann der Mitarbeiter auch zwei Tickets für Familienangehörige mitbuchen. Bedingung dieser Vergünstigung ist aber, dass der AUA-Angestellte dabei selbst mitfliegt. In der aktuellen Causa sollen die AUA-Leute aber nicht mit an Bord gegangen sein.

Schaden entstanden

"Es ist klar, dass dem Unternehmen ein finanzieller Schaden entstanden ist, das geht aus dem Revisionsbericht hervor", sagt Thier. "Diese Tickets hätten im Normalvertrieb andere Preiszettel gehabt. Es handelt sich um ein paar tausend Euro Schaden." Daher könne von einem angeblichen Millionenschaden, wie ein AUA-Mitarbeiter dem KURIER andeutete, überhaupt keine Rede sein. "Wir sind bei Missbrauch sehr streng, weil wir die Mehrheit der Mitarbeiter schützen wollen", sagt Alfred Junghans, Betriebsratschef des AUA-Bodenpersonals. "Bisher ist uns der Revisionsbericht noch nicht vorgelegt worden. Mangels Grundlage und Belegen wollen wir nicht über das Schicksal von Kollegen entscheiden und haben uns einstimmig gegen die Entlassung ausgesprochen."

Große Hoffnungen setzen Justizministerin Beatrix Karl und Ilse-Maria Vrabl-Sanda, Chefin der Korruptionsstaatsanwaltschaft, in die am Mittwoch gestartete Whistleblower-Website. Über diesen Internet-Briefkasten können Hinweisgeber unter dem Schutz der Anonymität nicht nur Delikte melden, sondern auch mit den Staatsanwälten in Dialog treten. Vorerst zwei Jahre lang auf Probe.

Die Website ist erreichbar über www.justiz.gv.at

Im Kampf gegen Korruption seien neue Strategien notwendig, sagt Karl. Gerade bei Wirtschaftskriminalität und Korruption würden die Netzwerke „sehr gut zusammenhalten“. Vrabl-Sanda ortet „durch diesen lange erhofften Schritt bessere Chancen bei der Aufklärung von Heimlichkeitsdelikten“. Für Vernaderer, die lediglich jemanden anschwärzen wollen, sei das System zu aufwändig. Drei Staatsanwälte werden die Website betreuen. Neben Korruptionshinweisen sind auch Tipps über Sozialbetrug, Finanzstrafsachen, Geldwäsche sowie Bilanz- und Kapitalmarktdelikte erbeten. Die Informanten können ihre Identität auch lüften. Achtung: Wird von einem Intranet aus kommuniziert oder werden Anhänge mitgeschickt, ist der Absender identifizierbar.

Die Software liefert die Berliner Business Keeper AG, die dieses System bereits bei der Telekom Austria und der Hypo Alpe Adria installierte. In Deutschland arbeiten etliche Konzerne, das Landeskriminalamt Sachsen, die Polizei Baden-Württemberg, Krankenkassen und die evangelische Kirche, die sich Hinweise auf Missbrauchsfälle erhofft, damit. Rund 20 bis 30 Prozent aller bekannten Korruptionsfälle flogen durch Whistleblowing auf, sagt Business-Keeper-Chef Kenan Tur. In Niedersachsen gehen pro Monat rund 25 substanzielle Hinweise ein.

Whistleblowing sei eine gute Ergänzung zur Kronzeugen-Regelung, hofft Karl. Bis heute allerdings gibt es keinen Kronzeugen, nur der ehemalige Telekom-Vorstand Gernot Schieszler hat Chancen auf diesen Status. Es sei noch zu früh, um den Erfolg der Regelung beurteilen zu können, meint Karl.

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