Morawa-Chef: "Österreichs Politik muss den Föderalismus überdenken"

Klaus Magele, Morawa
Der Morawa-Chef kritisiert im KURIER-Interview die Online-Konkurrenz und fordert mehr Fairness im Einzelhandel.

Im KURIER-Interview spricht Klaus Magele, Chef von Morawa Bucheinzelhandel, über teure Mieten, Lohn- und Energiekosten. Er kritisiert den Föderalismus im Land und die unfaire Situation im Onlinehandel und erklärt, warum Morawa trotz alledem in Österreich investiert.

KURIER: Der Einzelhandel in Österreich hat ein paar schwierige Jahre hinter sich. Was waren die größten Herausforderungen für Sie als Buchhändler?

Klaus Magele: Die Zeiten sind tatsächlich schwierig. Am härtesten hat uns die Teuerung getroffen, weil die Mieten und Lebenskosten so in die Höhe getrieben wurden, dass wenig freies Kapital übrig bleibt. Dazu kommen Krisen. Die Leute haben Angst und sparen deswegen. Positiv zu denken, wäre das Gebot der Stunde.

Aber auch die Kosten für Unternehmen sind gestiegen. Stichwort Lohnkosten und Energie. 

Ja, und das passt momentan überhaupt nicht zusammen. Wir hatten seit 2021 knapp 20 Prozent Kostenerhöhungen, die Bücher sind aber nur um circa acht Prozent teurer geworden. Ein Wunsch an die Regierung wäre es, die Mehrwertsteuer auf Bücher zu senken.

Neben einer Mehrwertsteuersenkung – was wünschen Sie sich von der Politik?

Einen echten Bürokratieabbau, und dass man endlich in den eigenen Reihen spart. Die Politik muss den Föderalismus sowie seine Strukturen überdenken. Das ist für mich der einzige Kostenfaktor, der Niemandem im Land etwas bringt, sondern nur kostet. Warum soll man bei den Menschen und bei den Pensionen sparen, während der Föderalismus seine Parteigünstlinge im Land aufbaut?

Haben Sie beim Föderalismus ein konkretes Vorbild im Kopf?

Wir haben einfach für die Größe des Landes zu viele Ebenen. Die Steiermark hat zumindest den Versuch gestartet, Gemeinden zusammenzulegen, und hat die Anzahl der Gemeinden halbiert. Ich bin selbst Steirer und habe das anfangs gar nicht für gut befunden. Mittlerweile halte ich das für einen guten Ansatz, allerdings nur, wenn die Einsparungen auch konsequent realisiert werden.

Gibt es auch Bereiche, in denen Österreich besser dasteht als andere Länder?

Ja, zum Beispiel dass wir kreativer sind als andere. Die Österreicher sind dynamisch und lösungsorientiert, vor allem wenn Probleme auftauchen. Und diese Eigenschaften müssen wir nützen, um das Land vorwärtszubringen.

Wie viel haben Sie in den vergangenen Jahren in Österreich investiert?

In den letzten drei Jahren waren es jeweils zwischen einer und eineinhalb Millionen Euro, die wir investiert haben. Und das werden wir auch weiterhin tun. Wir haben zwei traditionsreiche Buchhandlungen in Linz und Salzburg dazugekauft. Da haben wir einiges investiert.

Macht das den österreichischen Handel aus, dass große Unternehmen kleine übernehmen und die Marktkonzentration steigt?

Im Buchhandel konzentriert es sich, weil viele kleine Buchhandlungen aufgeben. Einer der Gründe dafür ist, dass man in der heutigen Zeit neben Büchern auch andere Produkte wie Geschenkartikel verkaufen muss, weil man nur mit dem Buch nicht überleben kann.

Ein Mann im Anzug gestikuliert, während eine Frau Notizen macht.

Morawa-Chef Klaus Magele im Gespräch mit KURIER-Redakteurin Marlene Liebhart 

Sie meinen, die Buchhändler sind innovationsfaul? 

Der Buchhändler ist so verliebt in sein Produkt. Das ist auch wichtig und das macht es auch aus. Viele Buchhändler haben ihr Hobby zum Beruf gemacht. Aber oft ist das Problem, dass dann verabsäumt wird, ein bisschen über das Hobby hinauszudenken.

Würden Sie sich als Neugründer eines Handelsunternehmens in Österreich niederlassen?

Ja, auf jeden Fall! Der österreichische Markt ist sehr kaufkraftstark im europäischen Vergleich. Der Handel ist geografisch stark konzentriert. Das ist gut und schlecht. Gut, weil man mit wenigen Standorten gut aufgestellt ist. Schlecht, weil die Mieten natürlich an den wenigen guten Standorten auch sehr hoch sind. Aber insgesamt ist Österreich ein tolles Land.

Sind die hohen Mieten schuld, dass der stationäre Handel leidet?

Nicht ausschließlich. In anderen Städten, in denen der Einzelhandel mehr und mehr verschwunden ist,  haben sich kleine Händler angesiedelt und die Grätzeln wieder belebt. Das gibt es in Österreich nicht, weil die Mieten absurd hoch sind. Dazu kommen dann noch die ganzen Genehmigungen und die strengen Auflagen. Das überlebt kein Kleiner.

Soll der Staat wegen der hohen Mietkosten eingreifen?

Nein, davon halte ich nichts. Ich finde schon den Gedanken daran absurd, in zivilrechtliche Verträge einzugreifen.  Man kann überlegen, für die Zukunft ein neues Indexsystem zu schaffen, aber die Politik kann doch nicht in bestehende Verträge eingreifen.

Wie sieht es mit staatlichen Eingriffen in den Markt insbesondere im Handel aus?

Natürlich würde ich mir mehr Fairness wünschen. Vor allem in Onlinehandel: Denn da herrscht eine große Ungerechtigkeit, von der große internationale Konzerne wie Amazon oder auch Thalia profitieren. Sie sind wegen eines höheren Mitteleinsatzes bei Suchmaschinen im Vorteil. Wenn ich ein kleiner Händler bin und ich eröffne  in der Mariahilfer Straße so wie wir bei Morawa, dann habe ich dieselben Chancen wie jeder andere. Das läuft im Internet falsch. Und das ist ein Problem für uns alle, weil wir alle abhängig sind von Meta, von Google und Co.

Mehr Fairness online – das wäre also ein Wunsch an die österreichische Regierung?

Ich denke, man müsste den Onlinehandel EU-weit regulieren. Ich halte es aber eigentlich für unmöglich, dass das passieren wird. Aber noch wichtiger als Gesetze ist es, dass wir das Thema in den Köpfen der Kunden verankern. „Made in Austria“ und „Österreichisches Unternehmen“ sind Verkaufsargumente und die Österreicher sind beim Einkaufen patriotisch. Aber trotzdem gehören mittlerweile chinesische Shops zu den beliebtesten Onlinehändlern des Landes. Da braucht es ein deutlich größeres Bewusstsein.

Einen Vorteil haben Sie gegenüber anderen Branchen. Immerhin können internationale Konzerne Sie wegen der Buchpreisbindung nicht über den Preis ausstechen.

Das stimmt. Und das ist gut so. Wenn man zum Beispiel die Schweiz hernimmt, wo es keine Buchpreisbindung gibt, dann sieht man einen ganz starken Wettbewerb. Das ist aber keine gute Entwicklung, denn das Preisduell gewinnen langfristig immer die ganz Großen. Und dann gibt es die Kleineren irgendwann nicht mehr.

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