Mit Selbstanzeige zu spekulieren wird teuer

Wer zu spät Selbstanzeige erstattet, muss hohe Zuschläge zahlen.
Ab Oktober gelten in Österreich strengere Regeln – Experten bezweifeln aber, dass das dem Fiskus 150 Millionen Euro zusätzlich bringt.

Steuerberater haben arbeitsreiche Wochen hinter sich: Ab 1. Oktober bläst Steuertricksern in Österreich nämlich ein schärferer Wind ins Gesicht. Künftig ist es nicht mehr so einfach, den Kopf mit einer Selbstanzeige aus der Schlinge zu ziehen.

Wer starke Nerven hatte, konnte es bisher drauf anlegen: Keine Prüfung? Glück gehabt. Kündigten sich doch überraschend Fahnder an, lag die Selbstanzeige fix und fertig parat. Somit drohte kein Gerichtsverfahren – es musste nur die Steuerschuld samt Zinsen bezahlt werden.

Wer so spät dran ist, muss ab sofort blechen: Je nach offenem Abgabenbetrag verrechnet die Finanzverwaltung 5 Prozent (bis 33.000 Euro) bis 30 Prozent (ab 250.000 Euro) Zuschlag. Und: Es gibt nur noch eine einzige Chance. Wer also etwas richtigzustellen hat, sollte ab Mittwoch komplett reinen Tisch machen. Eine weitere Selbstanzeige schützt dann nicht mehr vor Strafe, wenn sie dieselbe Steuer und denselben Zeitraum betrifft – ganz gleich, ob die erste Anzeige vorsätzlich, fahrlässig oder sogar unverschuldet unvollständig war. "Hoppla, doch noch etwas vergessen", verhindert also kein Strafverfahren mehr. Es wirkt bestenfalls als Milderungsgrund.

"Hartgesottene Fälle"

Im Finanzministerium wertet man die Novelle schon jetzt als Erfolg. Die Selbstanzeigen hätten um 20 Prozent zugenommen; 7782 waren es von Jänner bis September insgesamt. Das soll heuer 150 Mio. Euro zusätzlich einspielen, hatte noch Ex-Finanzminister Michael Spindelegger errechnet. 2015 sollen die Zuschläge dann 32 Mio. und 2018 immerhin noch 23 Mio. Euro bringen.

Experten sind skeptisch. "Ich glaube nicht, dass sehr viele Personen mit der Selbstanzeige unter dem Kopfpolster geschlafen haben. Das sind besonders hartgesottene Einzelfälle", sagt Alexander Lang, Partner beim Wirtschaftsprüfer Deloitte, zum KURIER.

"Das war ein Schnellschuss, kein Mensch hat deswegen eine Selbstanzeige abgegeben", sagt der Linzer Steuerberater Roman Leitner. Die Mehreinnahmen hält er für überhaupt nicht abschätzbar: "Österreich war budgetmäßig unter Druck und hat diese Lösung aus dem Ärmel gezaubert. Das war ein Taschenspielertrick." Leitner warnt davor, dass weitere Gesetzesänderungen bei der Selbstanzeige Schaden anrichten könnten. "Der Ausweg aus der Hinterziehungsfalle muss offen bleiben, sonst werden Betroffene gezwungen, im Unrecht zu verharren." Dann schaue für die Finanz weniger statt mehr Geld heraus.Bei der Selbstanzeige offenbaren sich große Mentalitätsunterschiede, bestätigt Deloitte-Forensikerin Karin Mair. In Österreich werde das Thema "so emotionsfrei wie möglich" behandelt. In Deutschland sei die Selbstanzeige stärker kriminalisiert, sie gilt als Stigma. Deutsche Manager reagierten deshalb oft panisch auf den Rat zur Selbstanzeige. Sie befürchten eine Causa "Uli Hoeneß zwei". Das hängt mit den viel strengeren Regeln zusammen: Im Nachbarland fällt die Strafbefreiung ganz weg, wenn eine Selbstanzeige nicht gleich vollständig war. Ab 2015 sind bei hinterzogenen Beträgen über 25.000 Euro auf jeden Fall Strafzuschläge fällig – bisher lag die Grenze bei 50.000 Euro.

Kein Kavaliersdelikt

Auch in Österreich erhalten Steuersünder zusehends schwerer die Absolution. Im Graubereich zwischen noch zulässiger und bereits missbräuchlicher Steuergestaltung verschiebt sich die Grenze, warnt Deloitte-Experte Lang: Was 2007 als vertretbar galt, könne 2014 ganz anders bewertet werden: "Der Steuerpflichtige ist gut beraten, das laufend zu evaluieren. Sonst kann er in das Finanzstrafrecht reinrutschen."

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