Mit "Lüssel, Laider und Lasser" in der Milchbar

Mit "Lüssel, Laider und Lasser" in der Milchbar
Schmiergeld-Verdacht: Die Justiz stieß auf höchst seltsame Abrechnungen.

Was muss man tun, um acht Millionen Euro zu verdienen? Als Lobbyist eines modernen Waffen-Systems hält sich der Aufwand in Grenzen. Ein paar Gespräche in einer „Milchbar“ im Parlament, schludrig dokumentiert, mit falschen Namen, Titeln und Unterschriften – schon fließen die Millionen. Klingt seltsam? Ist es nicht.

Am Donnerstag veröffentlichten die Süddeutsche Zeitung und die Nachrichten-Illustrierte News weitere Teile jenes internen Prüfberichts, den Eurofighter-Hersteller EADS (aktueller Name: Airbus-Group) bei der britischen Kanzlei „Clifford Chance“ in Auftrag gegeben hat.

Die Prüfer haben die EADS-Buchhaltung durchforstet, um möglichen Schmiergeld-Zahlungen im Konzern auf die Schliche zu kommen. Immerhin untersuchen die Staatsanwaltschaften in Wien und München, ob EADS Schein- und Briefkastenfirmen verwendete, um beim Eurofighter-Deal zu schmieren. Die kolportierte Summe: Mehr als 100 Millionen Euro (siehe unten).
Die publik gewordene „Abrechnung“ entbehrt nicht einer gewissen Komik. Denn für die exakt 8.009.491 Euro will die britische Firma „City Chambers Limited“ zwischen 2003 und 2009 Lobbying-Gespräche mit einer ganzen Reihe an bemerkenswerten Personen geführt haben: Ein „Dr. Luessel“ ist ebenso darunter wie ein „K.H. Lasser“, ein „Dr. J. Laider“ oder ein Dr. Reibner. Es ist wohl reiner Zufall, dass die in der Leistungsbeschreibung erwähnten Personen weitgehend namensident mit damals relevanten Politikern wie Schüssel, Grasser, Haider oder Scheibner sind.

So wird auch ein „Mr. Wartenstein“ erwähnt, den die Lobbyisten 2005 auf einer Dienstreise nach Indien bearbeitet haben wollen. Martin Bartenstein – damals Wirtschaftsminister – kann zu dem angeblichen Gespräch nichts sagen, nur so viel: „Ich habe in meinem Leben Tausende Menschen getroffen.“ An ein „substanzielles Gespräch“ mit einem Lobbyisten der Firma „City Chambers“ kann er sich aber „beim besten Willen“ nicht erinnern.

Ob die Gespräche in der Milchbar, wie die Parlamentscafeteria einst hieß, stattgefunden haben, ist zweifelhaft – „City Chambers“ gibt es längst nicht mehr, und selbst im EADS-Konzern kann laut Clifford Chance niemand so genau sagen, wem „City Chambers“ gehörte.

Faktum ist, dass die Lobbyistenfirma die erwähnten acht Millionen Euro von EADS bekommen hat. Wohin und an wen das Geld weiterfloss, das ist das Rätsel, das die Justiz zu lösen versucht.

Das Geschäft

Um 1,59 Milliarden Euro hat Österreich 15 Eurofighter von EADS gekauft. Die Entscheidung aus dem Jahr 2002 war stets von Korruptionsvorwürfen begleitet. 2006/’07 förderte ein Untersuchungsausschuss höchst fragwürdige Verbindungen zwischen Entscheidungsträgern und Lobbyisten zutage.

Schmiergeld

2012 eröffnete die Münchner Staatsanwaltschaft gegen EADS Ermittlungen wegen des Verdachts auf Bestechung. Die Justiz in Wien und München untersucht, ob EADS beim Eurofighter-Deal geschmiert hat. Kolportierter Verdacht: 100 Millionen Euro.

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