Beim Personalvermittler AGO wackeln 278 Jobs

Zweite Pleite führt zur Unternehmensschließung
Akademischer Gästedienst in Österreich (AGO) hat im schlimmsten Fall acht Millionen Euro Schulden.

Die Akademische Gästedienst in Österreich GmbH (AGO) mit Sitz in Wien hat am Handelsgericht Wien den Antrag auf Eröffnung eines Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung gestellt. Das Verfahren ist in der Zwischenzeit schon eröffnet worden. Das bestätigen die Gläubigerschutzverbände AKV und Creditreform dem KURIER. Ein Fortbetrieb ist geplant. Den Gläubigern soll eine Quote von 20 Prozent angeboten werden, die innerhalb von zwei Jahren in Raten bezahlt werden muss.

OGH-Urteil

"Das Unternehmen wurde 1996 gegründet und ist Teil der 'AGO-Unternehmensgruppe' und beschäftigt sich mit Personaldienstleistungen und Arbeitskräfteüberlassung wie zum Beispiel für das Wiener Allgemeine Krankenhaus", erklärt Gerhard Weinhofer vom Gläubigerschutzverband Creditreform dem KURIER. "Die Insolvenzursachen liegen in einem Urteil des OGH vom 28. Oktober 2015, dass arbeitsrechtliche Prozesse betreffend der Entlohnung, der an den Krankenanstaltenverbund überlassenen Dienstnehmern verloren gingen, woraus eine Nachzahlungspflicht in Höhe von 130.000 resultiert." Nachsatz: "Dazu kommt eine Abschreibung aus der Insolvenz der slowakischen Tochtergesellschaft AGO Engineering s.r.o." Durch die Pleite in der Slowakei mussten 320.000 Euro in den Wind geschrieben werden.

Geldhahn zugedreht

Mitte November 2015 benötigte die AGO zur Bezahlung der November-Gehälter samt den Weihnachtsgeldern eine Ausweitung des Kontokorrent-Kreditrahmens. Doch dazu kam es nicht mehr. Im Gegenteil: Die Hausbank drehte den Geldhahn zu und kündigte die Betriebsmittel-Kreditlinie auf, heißt es im Antrag. Detail am Rande: Das negative Eigenkapital der AGO wird mit 4,419 Millionen Euro ausgewiesen.

Die Schulden

Es sind 65 Gläubiger und 278 Arbeitnehmer betroffen. Die Verbindlichkeiten betragen im schlimmsten Fall, sprich bei einer Liquidation des Unternehmens, 8,057 Millionen Euro. Sollte das Unternehmen tatsächlich konkursmäßig verwertet werden, so Creditreform, würden Verbindlichkeiten aus dem Personalabbau in Höhe von 3,618 Millionen Euro schlagend werden. Wird AGO aber weitergeführt, belaufen sich die Schulden auf 4,438 Millionen Euro.

Rund 1,846 Millionen Euro sind bei der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) offen, 1,197 Millionen Euro bei der Hausbank, die gut besichert ist; 1,633 Millionen Euro beim Finanzamt, 156.000 Euro entfallen auf Kommunalsteuern und 2,77 Millionen auf sonstige Verbindlichkeiten; weitere 296.000 Euro stehen unter dem Titel Rückstellungen in den Büchern.

Das Vermögen

Das Vermögen hat einen Buchwert in Höhe von 3,667 Millionen Euro, aber nur einen Verkehrswert von 384.000 Euro. Unterm Strich gibt es aber nur magere 36.000 Euro freies Vermögen. Denn: Offene Forderungen in Höhe von 1,286 Millionen Euro sind an die Hausbank übereignet. Hingegen hat die AGO aber eine Darlehensforderung in Höhe von 1,7 Millionen Euro gegenüber ihrer Schwestergesellschaft Medical Implant Competence GmbH.

Verkauf einer stillen Beteiligung

"Es ist beabsichtigt, die 20-prozentige Sanierungsplanquote einerseits aus den Überschüssen des Fortbetriebes und andererseits aus den Verkaufserlösen der stillen Beteiligung an der Cafe Ansari Restaurant Betriebs-GmbH zu finanzieren", heißt es im Antrag weiter. "Weiters werden mit der Hausbank bereits Gespräche geführt über die Abgabe einer Rückstehungserklärung zumindest für die Barquote." Detail am Rande: Die Barquote ist in der Regel die erste Rate, die an die Gläubiger gezahlt wird.

Die Reinigungs-Affäre

"Ab dem Jahr 2000 wurde vermehrt IT-Personal bereitgestellt und Geschäftsführer Michael Gross konnte ab dem Jahr 2004 Ausschreibungen des Wiener Krankenanstaltenverbundes KAV gewinnen, ab 2005 auch für das Wiener Allgemeine Krankenhaus", heißt es im Antrag. "Im Jahr 2007 konnte darüber hinaus eine KAV-Ausschreibung für den Bereich Hilfskräfte gewonnen werden." Nachsatz: " Im Jahr 2011 erfolgte der Zuschlag im Rahmen einer Ausschreibung für die Bereitstellung von Reinigungskräften für das AKH." In der Folge putzten in den Jahren 2011 und 2012 mehr als 1000 AGO-Mitarbeiter die Räume des Wiener AKH. Ende Juni 2014 wurden die Rahmen-Verträge für die Reinigung seitens des AKH gekündigt, ein halbes Jahr später auch der Rahmenvertag hinsichtlich der Hilfskräfte.

Mutmaßlicher Korruptionsfall

Wie der KURIER am 3. Dezember berichtete, hatte der Akademischer Gästedienst in Österreich (AGO) zuvor rund 1040 Mitarbeiter und stand im Mittelpunkt eines angeblichen Vergabeskandals um den gut dotierten Reinigungsvertrag mit dem Wiener Allgemeinen Krankenhaus (AKH). Drei zum Teil ehemalige AKH-Manager wurden wegen des Verdachts des Betruges und der Untreue von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatanwaltschaft (WKStA) angeklagt. Im April 2015 wurden sie freigesprochen. Das Urteil ist aber nicht rechtskräftig. Detail am Rande: AGO-Manager waren weder betroffen noch angeklagt.

Der Staatsanwalt hat gegen das Urteil eine Nichtigkeitsbeschwerde eingelegt. Der Fall liegt daher derzeit beim Obersten Gerichtshof (OGH). Aufgrund dieser Affäre verlor die AGO den Zig-Millionen-Auftrag des AKH und zog sich in der Folge auch aus dem Putzgewerbe zurück. AGO musste dadurch an die 800 Mitarbeiter abbauen.

"Die negative mediale Präsenz der AGO war der wirtschaftlichen Weiterentwicklung in den Folgejahren abträglich", heißt es im Antrag weiter. "In der zweiten Jahreshälfte 2014 stellte sich das Unternehmen AGO neu auf, jedoch konnten im Jahr 2015 keine größeren Projekte mehr realisiert werden."

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