Migranten: Schlechte Karten im Job-Poker

Migranten: Schlechte Karten im Job-Poker
Eine OECD-Studie kritisiert praxisferne Deutschkurse und fordert frühere und berufsbezogene Sprachförderung.

Dick eingehüllt stehen sie vor der Tür und rauchen Zigaretten. Im Arbeitsmarktservice ( AMS) für Jugendliche am Wiener Gumpendorfer Gürtel in Wien ist natürlich striktes Rauchverbot. Zwei von drei Jugendlichen haben Migrationshintergrund, einige suchen schon seit Jahren einen Job (siehe Hintergrund). Josip, der zwar einigermaßen gut Deutsch spricht, weiß, worauf es ankommt: "Ohne gutes Deutsch ist es schwer."

Migranten: Schlechte Karten im Job-Poker

Sprachkurse gibt es beim AMS zuhauf, sie allein sind aber selten zielführend, wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in einer Studie zur Arbeitsmarktintegration von Zuwanderern in Österreich feststellt. "Nur wenige Migranten finden nach Sprachkursen den direkten Weg in den Arbeitsmarkt", so das ernüchternde Fazit. Laut OECD-Studienautor Thomas Liebig sind allgemeine Deutsch-Kurse viel zu praxisfern und daher ineffizient. "Nur ein größeres Angebot an fachsprachlichen und berufsbezogenen Deutsch-Kursen kann hier Abhilfe schaffen", so Liebig. Am besten wäre es, die Sprachförderung direkt mit Berufspraktika zu verbinden. Grundsätzlich kritisiert die OECD vor allem folgende Punkte:

Kritikpunkte

Frühförderung
Bei den Migrantenkindern werde in Österreich zu spät mit der Sprachförderung begonnen, was die Job-Chancen später massiv erschwere. Vorschlag: Sprachförderung müsse schon bei den Drei- bis Vierjährigen beginnen. Arbeitsminister Rudolf Hundstorfer verspricht ob der OECD-Kritik eine Verbesserung der Deutsch-Kurse für Arbeitslose und früheres Gegensteuern bei "Problemschülern" etwa durch das neue Jugendcoaching im letzten Pflichtschuljahr. "Verpflichtender Kindergarten ab dem 4. Lebensjahr wird allerdings schwierig", verweist Hundstorfer auf unterschiedliche, ministerielle Zuständigkeiten.

Koordinierung
Auch die OECD bemängelt "zersplitterte Strukturen" bei der Arbeitsmarktintegration von Migranten. Es fehle sowohl an einer Bundesstrategie als auch an koordinierten Maßnahmen in den einzelnen Bundesländern.

Diskriminierung
Laut Studie werden Bewerber mit ausländischem Namen viel seltener zu Bewerbungsgesprächen eingeladen als Bewerber mit österreichischen Namen. Die OECD schlägt Anti-Diskriminierungs-Kampagnen vor. Das Sozialministerium plant eine eigene Studie dazu.

Überqualifizierung
Migranten sind in Österreich drei Mal so häufig unter ihrem Qualifikationsniveau beschäftigt. Appell: Österreich müsse mehr tun, damit ausländische Abschlüsse anerkannt werden.

Insgesamt verfügen in Österreich 16 Prozent der Beschäftigten, aber 32 Prozent der beim AMS vorgemerkten Arbeitslosen über einen Migrationshintergrund. Laut Definition sind sie ausländische Staatsbürger, zugewanderte Österreich oder haben zumindest einen Elternteil, der nach Österreich zugewandert ist.

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