Mietzins: Zurück in die Zukunft
Die Monarchie lässt grüßen. Das österreichische Mietrecht untersagt Vermietern, für Wohnungen in "Gründerzeitvierteln" einen Zuschlag für die gute Lage auf den Richtwert-Mietzins zu verlangen. Unter Gründerzeitvierteln versteht der Gesetzgeber Bauten, die zwischen 1870 und 1917 errichtet wurden. Diese Häuser waren ursprünglich schlecht ausgestattet. Die Toiletten und das Wasserbecken befanden sich in der Regel auf dem Gang.
Auch wenn diese Häuser heute modernisiert sind, ändert das nichts am Zuschlagsverbot. Erst kürzlich hat der Verfassungsgerichtshof die Beschränkung einzementiert. Das führt zu absurden Beispielen. Die Wiener Blechturmgasse zieht die Grenze zwischen dem vierten und dem fünften Bezirk. Für die Wohnungen auf der linken Straßenseite, also im vierten Bezirk, darf ein Lagezuschlag verrechnet werden, auf der rechten Seite der Gasse, also im fünften Bezirk, nicht.
Schildbürgerstreich
Betroffen von dieser Beschränkung sind zahlreiche Wohnungsviertel in diversen Wiener Bezirken. In Wien gibt es rund 141.000 Richtwert-Mietverträge, aber nicht alle betreffen tatsächlich Gründerzeitviertel.
Politischer Zankapfel
Indes kritisiert Immobilien-Experte Christoph Kothbauer, dass der Richtwertzins für Altbauwohnungen in Wien um mehr als zwei Euro pro Quadratmeter niedriger sei als in Graz, aber die Miete zum Marktpreis um drei Euro teurer. Diese Abweichung lässt sich weder rechtlich noch ökonomisch erklären. Kothbauer: "Der Richtwert-Mietzins hat sich damit als ideologisch aufgeheizter und tagespolitischer Zankapfel etabliert."
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