Metaller: "Anschlag auf Sozialpartnerschaft"
Wenn man uns zwingt, werden wir darum auch kämpfen.“ Rainer Wimmer, Chef der mächtigen Produktionsgewerkschaft ProGe (früher Metaller), droht heuer bereits lange vor dem Startschuss zur Herbstlohnrunde, auf die Barrikaden zu gehen. Der Grund ist die Ankündigung des Arbeitgeber-Fachverbandes Maschinen- und Metallwarenindustrie (FMMI), aus dem traditionellen Kollektivvertrags-Verbund auszuscheren und für seine rund 120.000 Beschäftigten getrennt verhandeln zu wollen. Damit würde in der klassischen Metaller-Lohnrunde, die trotz abnehmender Bedeutung noch immer die Richtschnur für die Lohnabschlüsse vorgibt, nur noch für rund 45.000 Beschäftigte verhandelt.
Als Absicht der Arbeitgeber, denen Wimmer einen „Bruch der Sozialpartnerschaft“ vorwirft, ortet der Metallerchef eine Schwächung der Arbeitnehmer-Position: „Das passt nahtlos in eine Entwicklung, die wir in Europa seit geraumer Zeit registrieren. Das Aufdröseln der Verhandlungsgemeinschaft soll dazu führen, dass die Gruppen, für die verhandelt wird, immer kleiner werden. Das geht dann hinunter bis auf Betriebsebene und im Extremfall zu Einzelverträgen, die mit dem einzelnen Arbeitnehmer ausgehandelt werden.“ Je kleiner die Gruppe, für die verhandelt wird, desto geringer falle die Erhöhung aus.
Zu hoher Abschluss
Als unmittelbaren Anlass für das Auseinanderbrechen der – mit Branchen wie Gas- und Wärmeversorgung sehr heterogenen Gemeinschaft – vermutet Wimmer den Lohnabschluss 2011. Dieser brachte eine durchschnittliche Lohnerhöhung um 4,2 Prozent, der Mindestlohn stieg damit auf 1583 € brutto pro Monat. Den Ausschlag für den hohen Abschluss hatten Warnstreiks gegeben, die von den Metallern und der Angestelltengewerkschaft GPA-djp zu einem ungewöhnlich frühen Zeitpunkt der Verhandlungen organisiert worden waren.
Arbeitszeit-Streit
Ein Grund für das Ausscheren dürften allerdings auch die festgefahrenen Fronten bei der Flexibilisierung der Arbeitszeit sein. Die Arbeitgeber hatten bei den Verhandlungen 2010 längere Durchrechnungszeiten für Mehrstunden gefordert, was die Überstundenzuschläge reduziert hätte. Die Gewerkschaften hatten sich gegen die Streichung von Überstunden-Zuschlägen gewehrt, das Thema wurde daraufhin in eigene Verhandlungsrunden zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ausgelagert. Als auch diese Verhandlungen im Frühjahr 2011 endgültig scheiterten, setzten die Arbeitgeber das Thema Arbeitszeit im Vorjahr gar nicht mehr auf die Tagesordnung der Herbstlohnrunde.
Dem Arbeitszeitstreit gibt Wimmer wenig Mitschuld am Zerbrechen der Verhandlungsgemeinschaft: „Natürlich wollten die Arbeitgeber eine weitere Flexibilisierung, um sich Überstundenzuschläge zu ersparen. Aber für uns ist es inakzeptabel, dass die Mitarbeiter Überstunden machen müssen und dafür nur Zeitausgleich ohne jegliche finanzielle Abgeltung bekommen sollen.“ Außerdem haben die Metaller – so Wimmer – „das Arbeitszeitmodell mit der größten Flexibilität in ganz Österreich“.
Wie der Streit um die Verhandlungsgemeinschaft weitergeht, ist offen. Metaller und GPA beraten am Mittwoch in einer gemeinsamen Präsidiumssitzung über weitere Maßnahmen. In den nächsten Wochen werden die Mitglieder informiert, spätestens am 30. Mai will die Gewerkschaft über allfällige Kampfmaßnahmen entscheiden.
Die Arbeitgeber-Seite ist gespalten. Die Nichteisen-Metallindustrie – Fachverbands-Vorsteher Alfred Hintringer ist einer der beiden Arbeitgeber-Chefverhandler der großen Metallerrunde – will wie geplant verhandeln. Der Fachverband Bergbau, Stahl will erst mit den Gewerkschaften über die weitere Vorgangsweise beraten.
Metallerrunde: Gewaltige Schrumpfkur
Fachverbände Bis 2002 verhandelten insgesamt 8 Fachverbände mit knapp 300.000 Mitarbeitern in der großen Metaller-Lohnrunde: Bergbau-Stahl, Gießereien, Metallindustrie, Elektro/Elektronikindustrie, Maschinen- und Stahlbau, Fahrzeugindustrie, Eisen- und Metallwaren sowie Gas/Wärmeversorger.
Elektro 2003 scherte die Elektro/Elektronikindustrie mit damals rund 65.000 Beschäftigten aus dem KV-Verbund aus. Die Branche wollte damit Lösungen für flexible Arbeitszeitmodelle beschleunigen. Statt im Herbst wird im Frühjahr verhandelt, der ausgehandelte Kollektivvertrag gilt jeweils ab Mai.
Kommentare