Streit um Mercosur-Rindfleisch, aber für Gen-Soja stehen Europas Grenzen offen

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Während Rindfleisch-Importe aus Lateinamerika auch in Österreich für Widerstand sorgen, kommen die ökologisch zweifelhaften Futtermittel ohne Zoll und Mengenbeschränkung hierher.

Europas Märkte würden mit billigem Rindfleisch aus Lateinamerika überschwemmt, Es stamme von Tieren, die mit Hormonen, Antibiotika und genetisch manipulierten Soja aufgezogen worden sein Für dieses Soja seien Regenwälder gerodet worden. Konkurrenz, der Europas Bauern nicht gewachsen seien.

So lautet kurzgefasst die Kritik von Umweltschützern und Bauernvertretern an dem Handelspakt mit den Mercosur-Staaten in Lateinamerika. Dessen ausverhandelte Endfassung hat die EU-Kommission in der Vorwoche vorgelegt. Jetzt sind das EU-Parlament, aber vor allem die EU-Staaten dran. Dort, in den Mitgliedsländern mit großer Landwirtschaft, gibt es aber weiterhin hartnäckigen Widerstand, etwa in Frankreich, Polen, oder Österreich

Völlig abhängig

Doch während beim Rindfleisch wohl noch einige Zeit um Quoten und Ausfallshaftungen für die Bauern der EU verhandelt wird, bleiben andere, viel größere Warenströme aus den Mercosur-Staaten völlig unbeachtet, auch von den Bauernvertretern. Denn Europas Viehzüchter sind fast völlig abhängig vom Import von genmanipuliertem Soja, der in Mengen von rund 30 Millionen Tonnen aus Lateinamerika kommt. Auch genmanipulierter Mais aus Lateinamerika spielt eine wesentliche Rolle für die Viehzucht in Europa. Der Anteil von Futtersoja aus eigener EU-Produktion liegt bei gerade einmal bei fünf Prozent. Besser die Lage in Österreich. Hier kommen zehn Prozent des verfütterten Soja aus heimischer Produktion. Österreich baut also große Mengen von – nicht genmanipuliertem -– Soja an , ein Drittel davon sogar Bio. Doch der wird als Nahrungsmittel verwendet und ist ein Exportschlager. Tofu, oder Sojamilch in Deutschlands Biomärkten wird oft aus österreichischem Soja hergestellt.

Regenwald für Soja

Entsprechend großzügig ist die EU, was den Import dieser Futtermittel aus Lateinamerika betrifft. Und das, obwohl gerade Sojaanbau seit vielen Jahren für das Abholzen von Regenwäldern in Lateinamerika verantwortlich gemacht wird. Die neue EU-Entwaldungsverordnung, die das stoppen soll, ist zwar schon in Kraft. Beobachter in Lateinamerika bezweifeln aber, dass die Kontrollen bei den riesigen und schwer überschaubaren Anbauflächen, etwa in Brasilien, tatsächlich wasserdicht sind.

Trotz all dieser Bedenken stehen die EU-Grenzen für den Import von Soja aus Lateinamerika sperrangelweit offen – und zwar schon vor dem Inkrafttreten des Mercosur Paktes, Es gibt weder Einfuhrzölle noch Mengenbeschränkungen für das offensichtlich unverzichtbare Futtermittel. Beim Mais gibt es zwar Mengenbeschränkungen, doch die werden durch den Pakt großzügig ausgebaut. Zölle sollen durch das Abkommen ohnehin fallen.

Verbotene Pestizide

Ähnlich großzügig geht die EU mit den Pestiziden um, die in Lateinamerika beim Anbau dieser Pflanzen eingesetzt werden. Viele in der EU längst verbotene Chemikalien sind auf Feldern in Brasilien weiter im Einsatz. Produziert und exportiert werden sie oft von europäischen Chemiekonzernen.

Die Experten der EU-Kommission, die den Vertrag mitverhandelt haben, streichen hervor, dass so Europas Versorgung mit Futtermitteln sichergestellt werde. Die wirtschaftlichen oder ökologischen Bedenken, die bei den Fleischimporten gestellt werden, spielen hier keine Rolle.

Der grüne Europaparlamentarier Thomas Waitz war selbst in Brasilien unterwegs, um die Produktionsbedingungen in der dortigen Landwirtschaft zu untersuchen. Die Wirksamkeit von Kontrollen über die dort dominanten Agrarriesen bezweifelt er. Dass die EU den genmanipulierten und ökologisch bedenklichen Futtermitteln aus Lateinamerika Tür und Tor öffnet, hat für ihn eine ganz schlichten Grund: „Wenn wir billiges Fleisch produzieren wollen, brauchen wir billige Futtermittel.“

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