Bald sind es zwei Jahre, dass der österreichische Banker Peter Weinzierl in London festsitzt und auf das Urteil über seine Auslieferung in die USA wartet. Am 5. Juni will der Richter am Magistrates’ Court entscheiden. Dem Ex-Chef der ehemaligen Meinl Bank drohen in den USA bis zu 70 Jahre Haft.
Nach Ansicht der Anwälte werfe die US-Justiz Weinzierl konkret gar nicht die Teilnahme an einem Bestechungsschema vor, sondern an einer Steuerhinterziehung in Brasilien. Luis Soares, einer der Odebrecht-Drahtzieher, habe ausgesagt, mit welchen Banken er zusammen arbeitete, darunter auch mit der Meinl Bank. Weinzierl und sein ebenfalls beschuldigter Vorstandskollege Alexander W. hätten jedoch laut Soares nie Zahlungen von Odebrecht bekommen oder verlangt.
"Die ganze Sache ist absurd, ich werde als Österreicher in England von den Amerikanern festgehalten für eine angebliche Steuerhinterziehung in Brasilien, für die in Brasilien selbst niemand verurteilt wurde", sagt Weinzierl im Gespräch mit dem KURIER.
Soares habe angegeben, dass er allen Banken die Geschäftsbeziehung mit Odebrechts Steuerplanung ("tax planning") plausibilisiert habe. In den Indictments (quasi Anklageschriften) werfe die US-Justiz den Österreichern vor, über den Zweck dieses "tax plannings" informiert gewesen zu sein. Die Amerikaner würden dann aber noch einen "unbegründeten Sprung" zu "tax evasion" machen. Doch Steuerplanung und Steuerhinterziehung seien zwei vollkommen unterschiedliche Dinge.
"Wenn wir tatsächlich, wie von den Amerikanern behauptet, über alles Bescheid gewusst haben – dann waren wir jedenfalls die blödesten Geldwäscher der Geschichte", folgert Weinzierl. "Geldwäsche begeht man nicht aus Leidenschaft, sondern weil man ordentlich mitschneiden möchte", argumentiert der Banker und beteuert, er habe keinen Cent bekommen, "ich war nicht dabei und hätte da auch nie mitgemacht".
"Strukturierte Operationen"
Geld wurde aus den offiziellen Odebrecht-Büchern in dunkle Kanäle gelenkt und von dort für international für Bestechungszahlungen verwendet. Die Täter waren so dreist, diesen Aufwand auch noch steuerlich zu nutzen. Banken wurden für die vorgebliche Absicherung von Projektgeschäften in Hochrisiko-Staaten wie Angola oder Venezuela genutzt. Die Banken erhielten dafür Prämien und gaben diese abzüglich einer Marge an Odebrecht-nahe Gesellschaften weiter.
Eine Festplatte könnte für Weinzierl hilfreich sein. Odebrecht hatte eine eigene Kommunikationsplattform für die Mitglieder der Abteilung für "Strukturierte Operationen" in einem Data Warehouse in Genf eingerichtet. Die Schweizer Bundesstaatsanwaltschaft kopierte die Daten, Hunderttausende e-Mails, und schickte diese 2018 auch an die WKStA in Wien. Seit 2020 habe er sich um eine Kopie bemüht, diese aber erst Ende Jänner 2023 erhalten, moniert Weinzierl.
Aus den e-Mails lasse sich erkennen, dass Odebrecht und die Verantwortlichen der Meinl Bank Antigua diverse Machenschaften unter den Tisch kehren wollten und vor ihm und der Meinl Bank Wien geheim hielten. Weinzierl: "Es ist unmöglich, dass ich über 10 Jahre an Odebrecht’s kriminellen Machenschaften teilgenommen haben soll und es gibt kein einziges e-Mail dazu".
Weinzierl kritisiert, dass in Auslieferungsverfahren die Unschuldsvermutung de facto außer Kraft gesetzt werde. "Was der Staat sagt, der die Auslieferung begehrt, das gilt". Anklage und Schriftsätze der Amerikaner würden etliche falsche Behauptungen beinhalten, doch in einem Auslieferungsverfahren sei es nahezu unmöglich, sich gegen Falschaussagen zu wehren.
Die US-Justiz wirft Weinzierl und weiteren Bankmanagern sowie Julius Meinl V. Geldwäsche und Bestechung vor. Die einstige Tochter in Antigua soll bei Geldtransfers von 170 Millionen Dollar geholfen haben. Die Tochter in Antigua wurde dann an Manager von Odebrecht verkauft. Auch die WKStA ermittelt. Die Meinl Bank war nicht die einzige Bank in Österreich, die für Odebrecht aktiv war. Die Meinl Bank war eine Privatbank die Julius Meinl V. zugerechnet wurde. Sie musste schließen, nachdem die europäische Bankenaufsicht die Konzession entzogen hatte.
Odebrecht-Skandal
Auch die Beschuldigtenrechte seien unzureichend, er habe keine Einsicht in den US-Akt: "Dass man eine Person jahrelang festhalten kann, ohne auch nur irgendein Beweismittel vorzulegen, hat mit einem fairen Verfahren nichts zu tun und ist einer demokratischen Rechtsordnung unwürdig".
Der Skandal um eine der größten Unternehmensgruppen Lateinamerikas war selbst für dortige Verhältnisse riesig. Fast eine Milliarde Dollar zahlte der fast 80.000 Mitarbeiter große brasilianische Mischkonzern nur in Lateinamerika an Schmiergeldern für öffentliche Aufträge. Etliche Politiker bis hin zu Staatspräsidenten waren involviert und stürzten. 2019 Insolvenz der Holding, 2020 Neugründung als Novonor.
(kurier.at, HO)
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Aktualisiert am 07.05.2023, 10:18
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