Meinl Bank muss Schadenersatz zahlen

Meinl Bank muss Schadenersatz zahlen
Erstmals wird die Bank "wegen Marktmanipulation" verurteilt. Bei Meinl spricht man von "unhaltbaren Vorwürfen" und geht in Berufung.

Die Wiener Meinl Bank hadert mit dem Rechtsstaat. Gebetsmühlenartig wird gegen das Ermittlungsverfahren gewettert, das die Staatsanwaltschaft Wien wegen des Verdachts des Anlagebetrugs in Sachen Meinl European Land (MEL) führt. So dauere das „fehlgeleitete Verfahren“ gegen Julius Meinl & Co bereits fünf Jahre und „leide massiv unter toleriertem rechtlosen Verhalten“. Bank und Banker seien „unhaltbaren Vorwürfen ausgesetzt“, behauptet die Meinl Bank am Mittwoch in einer Aussendung.

Da trifft das Zivil-Urteil (Aktenzahl 55 Cg 79/11x) des Wiener Handelsrichters Heinz-Ludwig Majer doppelt hart. Es wurde den Meinl-Anwälten am Dienstagabend zugestellt. Die Bank muss dem geschädigten MEL-Investor Franz W., vertreten vom Prozessfinanzierer AdvoFin, rund 30.000 Euro inklusive Prozesskosten zahlen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das Brisante an dem Spruch ist die Begründung.

220 Millionen Euro

Denn: Laut dem 26 Seiten starken Urteil haftet die Meinl Bank u.a. „wegen Marktmanipulation“. „Es ist erstmals ein Urteil gefällt worden, indem einem MEL-Anleger Schadenersatz wegen Kursmanipulation durch die Zertifikatsrückkäufe zugesprochen wurde“, sagt AdvoFin-Anwalt Ulrich Salburg zum KURIER. Der Prozessfinanzierer Advofin vertritt 6090 MEL-Anleger mit einem mutmaßlichen Schaden in Höhe von 220,47 Millionen Euro.

Kurse beeinflusst?

Die Meinl Bank war der sogenannte Market-Maker der MEL, der sich für ausreichende Liquidität der Wertpapiere und um die Kursentwicklung zu kümmern hatte. Der erste Marketmaking-Vertrag (2004) sah vor, dass bis zu zehn Prozent eigene Zertifikate zurückgekauft werden dürfen. Im Mai 2005 wurde das Rückkaufsvolumen auf bis zu 29,9 Prozent der Zertifikate erhöht. „Die Marktmanipulation zeigt sich im vorliegenden Sachverhalt darin, dass das Verhalten der Meinl Bank an der Wiener Börse ab Februar 2007 über das hinausging, was von einem Market-Maker zu erwarten ist“, stellt Richter Majer im Urteil fest. „Durch dieses Verhalten wurden die Börsenkurse beeinflusst.“ Für das Marketmaking streifte die Meinl Bank eine Vergütung „von vierteljährlich 0,7 Prozent des im Umlauf befindlichen Aktienkapitals“ ein.

Vorwürfe bestritten

Laut Handelsgericht soll die Meinl Bank von Februar bis Ende Juli 2007 den Kauf und Verkauf von MEL-Zertifikaten bezogen auf den Börsenumsatz beherrscht haben. Marktanteil: 84 Prozent. Die Meinl Bank bestreitet eine Kursmanipulation.

„Anstelle sich mit dem konkreten Sachverhalt zu beschäftigen, zieht das Erstgericht als vermeintliche Haftungsgrundlage eine angebliche Marktmanipulation heran, ohne sich mit dieser auf Sachverhalts- oder rechtlicher Ebene auch nur ansatzweise auseinanderzusetzen“, heißt es in einer Stellungnahme an den KURIER. „Die Meinl Bank wird gegen das Urteil berufen, weil damit klar gegen die vom OGH aufgestellten Kriterien zur Abgrenzung zwischen unbedarften Sparbuch-Sparern und erfahrenen Anlegern bzw. ,Zockern’ entschieden wurde.“

 Die Immobiliengesellschaft Meinl European Land (MEL), die in Osteuropa investierte, brachte 2002 ihre Zertifikate an die Wiener Börse. Im August 2007 brach der Kurs der Wertpapiere massiv ein, nachdem bekannt geworden war, dass MEL mittels Meinl Bank „still und leise“ etwa 88 Millionen Zertifikate zurück- gekauft hatte. Eine Welle an Zivilklagen von Anlegern folgte. Julius Meinl V. und seine Banker haben ein Strafverfahren am Hals. Die Vorwürfe werden bestritten.

Kommentare