Mehr Transparenz für Strompreise

ARCHIV - Strommasten und Windräder heben sich am 02.03.2012 wie Scherenschnitte vom farbenprächtigen Abendhimmel ab. Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) sieht angesichts steigender Strompreise in Deutschland die Gefahr der Abwanderung von Firmen ins billigere Ausland. Foto: Patrick Pleul/dpa (zu dpa-Gespräch lah «Strompreise: Folgen für Konjunktur laut IWH nicht absehbar» vom 15.10.2012) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Die E-Control darf den Energieunternehmen künftig in die Bücher schauen

Der Verfassungsgerichtshof hat am Dienstag ein richtungsweisendes Urteil gefällt. Es könnte in Zukunft durchaus zu faireren Strompreisen führen.
Der heimische Regulator E-Control hatte im Herbst vergangenen Jahres eine Strommarktuntersuchung in Bezug auf die Erlös- und Kostenstruktur der E-Wirtschaft gestartet. Die Behörde vermutet schon seit Langem, dass die Stromfirmen zu hohe Margen auf die Endverbraucher-Preise aufschlagen. Denn die bereits seit zwei, drei Jahren rückläufigen Großhandelspreise seien bei den privaten Endkunden nicht entsprechend angekommen. Günstiger geworden sei nur der Strom für die Industrie.

Dem wollte die E-Control mit besagter Untersuchung auf den Grund gehen und fühlte sich auch rein rechtlich dazu befugt. Um Einblick in die Beschaffungskosten zu bekommen , forderte die Behörde von insgesamt 19 Energieunternehmen entsprechende Daten an.
Das Ergebnis: Nicht eine Zeile bekam die Regulierungsbehörde aus der Branche zurückgesandt. E-Control-Chef Walter Boltz sprach von einem „Verweigerungskartell“. Die E-Branche ging vielmehr ihrerseits in die Offensive und legte Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof ein. Sie machte vor allem Datenschutzbedenken und Kompetenzüberschreitungen seitens der E-Control geltend.

Urteil

Nach monatelangen Beratungen fällten die Höchstrichter am Dienstag ihr Urteil, das Papier liegt dem KURIER vor. Der Beschwerde der E-Branche wurde nicht stattgegeben. Die E-Control darf den Stromfirmen also künftig in die Bücher schauen. Im Wortlaut heißt es: „Die angefochtenen Bescheide ordnen die Übermittlung von Daten in einer Weise an, die gesetzlich grundgelegt ist, mit den der E-Control als Regulierungsbehörde übertragenen Aufgaben [...] konkret in Zusammenhang stehen und für die Wahrnehmung dieser Aufgaben das Maß des Erforderlichen nicht überschreiten. Der Vorstand der E-Control hat daher mit Erlassung der angefochtenen Bescheide die beschwerdeführenden Gesellschaften nicht in ihrem Grundrecht auf Datenschutz verletzt.“

Mehr Transparenz für Strompreise
Eigentlich ging es am Dienstagvormittag bei einer Pressekonferenz in Wien ja um Details zum am Vortag offiziell bekannt gegebenen Ausstieg des Verbunds aus der Türkei.

Doch eine eher als Nebensatz vorgetragene Bemerkung von Verbund-Boss Wolfgang Anzengruber ließ dann aufhorchen: „Der Verbund wird in Zukunft keine Investments mehr in CO2-Technologien tätigen.“ In dieser Klarheit hatte das Anzengruber bisher noch nie gesagt. Der Verkauf des 50-Prozent-Anteils an der türkischen EnerjiSA an die deutsche E.ON sei eine logische Konsequenz daraus. Denn im Business-Plan des Joint-Ventures war auch der Bau eines Kohlekraftwerks in der Türkei vorgesehen. Auch wenn Anzengruber zugab, dass dies nicht der Hauptgrund des Türkei-Ausstiegs war – sondern vielmehr die Komplettübernahme von acht Wasserkraftwerken an Inn und Donau, die vorher gemeinsam mit E.ON betrieben worden waren (siehe Grafik) . Ein angenehmer Nebeneffekt sei es aber schon, sich des vielkritisierten Kohlekraftwerks-Projekts zu entledigen, sagte der Verbund-Chef.

Die Kritiker zum Verstummen brachte das aber mitnichten. Greenpeace, Global 2000, die Grünen: Sie alle forderten am Dienstag einhellig den Komplettausstieg des Verbunds aus der Kohleverstromung. Der vermeintliche Wasserkraft-Konzern betreibe allein in Österreich zwei alte Kohlekraftwerke (Mellach und Dürnrohr). Dieser Forderung erteilte Anzengruber aber eine dezidierte Absage: „Das wäre betriebswirtschaftlicher Wahnsinn.“ Die beiden Kohlekraftwerke würden entsprechend ihrer Lebensdauer noch zirka 20 Jahre laufen.

Zurück zum Türkei-Deal: Dieser sei, verriet Anzengruber, 1,5 Milliarden Euro schwer, aber an sich bargeldlos, da ja nur Assets getauscht wurden. Das Geld, das der Verbund heuer in die Türkei überwiesen hatte, werde aber abgegolten – der Verbund-Chef sprach von rund 300 Millionen Euro. Seit 2007 hat der Verbund 950 Millionen Euro in EnerjiSA investiert.

Die Verbund-Tochter APG, der der Großteil des österreichischen Höchstspannungsnetzes gehört, will bis 2020 rund zwei Milliarden Euro in den Ausbau der Leitungen und in neue Umspannwerke stecken. Nötig wird diese enorme Investitionssumme, um die wachsende Menge an Windenergie transportieren zu können, erklärte der scheidende APG-Chef, Heinz Kaupa, der mit Jahresende in Pension geht.

Damit dieser Ausbau auch finanziert werden könne, erwartet Kaupa steigende Netztarife, die die Stromkunden zu bezahlen haben. Derzeit gehen etwa sechs Prozent des Strompreises für die Kosten des Hochspannungsnetzes auf. Das sei im internationalen Vergleich wenig, sagte Kaupa.

Er hofft, dass einige Netzausbau-Projekte von der EU als „vorrangig für Europa“ eingestuft werden. Dann könnte die APG auch die Europäische Investitionsbank als Finanzierungsquelle anzapfen. Zudem wäre es leichter Garantien für die Projekte zu bekommen.

Kommentare