Medikamente: Zahlung erst bei Heilung?

Nicht die Pillen-Anzahl, sondern der Behandlungserfolg soll zählen
Debatte über erfolgsabhängige Preismodelle bei medizinischen Behandlungen wirft viele Fragen auf.

Den Preis mit dem Erreichen bestimmter Ziele zu verknüpfen ist nicht neu, in der Medizin aber wäre es eine Revolution: Soll ein Medikament nur dann bezahlt werden müssen, wenn es auch wirkt? Mit der Forderung nach einem neuen, erfolgsabhängigen Arznei-Bezahlsystem ließ dieser Tage der Präsident der europäischen Pharmaverbandes EFPIA, Stefan Oschmann, aufhorchen.

Im Gesundheitssystem herrsche noch ein „altes, überkommenes Denken“, bei dem etwa pro Tablette oder Injektion vergütet werde, sagte Oschmann in einem Interview im Handelsblatt. „Ärzte und Kliniken werden dafür bezahlt, was sie tun, und nicht dafür, was sie erreichen“, kritisierte er. Neue Preismodelle könnten die Erstattung von Therapien an den Behandlungserfolg bei Patienten koppeln. So müsse sich der Preis für wirksame Krebsmedikamente daran orientieren, „wie viel besser das Mittel im Vergleich zu bestehenden Therapieoptionen ist“.

Teure Therapien

Bei chronischen, insbesondere seltenen Krankheiten fallen für neue Therapien oft Tausende Euro an Behandlungskosten an, die die Kassen vor große Herausforderungen stellt. Erfolgsorientierte Preismodelle könnten zu mehr Akzeptanz für teure Therapien führen. Der Vorstoß Oschmanns stößt auch in der heimischen Pharmabranche auf offene Ohren. „Wir sind immer offen für Neuerungen, um Verbesserungen für das Gesundheitswesen und die Patienten zu erzielen“, sagt Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog. Erfolgsabhängige Preismodelle hält er für einen „gangbaren Weg“.

Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger verfasste schon 2016 ein Dossier zur qualitätsorientierten Steuerung des Gesundheitssystems durch erfolgsbasierte Bezahlmodelle. Das Ergebnis fiel ernüchternd aus: Grundsätzlich gut, weil kostensenkend, aber äußerst komplex. „Das Ganze setzt eine hohe Transparenz der Datenlage voraus und birgt auch einen hohen bürokratischen Aufwand“, gibt Herzog zu bedenken. Die zentrale Frage dahinter: Wie kann die Wirkung, der Erfolg medizinischer Therapien überhaupt gemessen werden? An der raschen Genesung? An der besseren Lebensqualität? Am gesamtwirtschaftlichen Nutzen durch weniger Krankenstände? Unterschiedlichste Parameter müssen hier zusammengeführt werden.

Klinischer Nutzen

Eine Berechnungs-Basis gebe es bereits. Schon jetzt muss vor Zulassung eines neuen Medikaments der Nutzen durch Studien penibel nachgewiesen werden. Dabei geht es vor allem um klinische Parameter. Die EU-Kommission arbeitet gerade daran, EU-weit einheitliche Kriterien für die Durchführung einer solchen Nutzenbewertung (Health Technology Assessment, HTA) von Gesundheitsleistungen zu definieren. Bisher ist man damit aber noch nicht sehr weit gekommen, zu komplex sind die Leistungen, zu vielfältig die Krankengeschichten.

Wie wichtig die Preisfrage ist, zeigt das Beispiel USA, wo ein polternder Präsident die Pharmabranche in Angst und Schrecken versetzt. Nach einzelnen Preiserhöhungen warf Donald Trump den Herstellern vor, bei der Preisgestaltung über Leichen zu gehen und kündigte eine härtere Gangart an. Konzerne wie Pfizer, Novartis, Bayer und Merck verzichteten daraufhin auf Erhöhungen. Zu wichtig ist der weltgrößte Pharmamarkt für sie. Anders als in Europa, wo die Arzneipreise stark reguliert sind, können sie sie in den USA (noch) relativ frei festlegen. Sollte Trump das per Gesetz ändern, würde das die Pharmaindustrie weltweit massiv beuteln.

Kommentare