Die Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft vida unter ihrem Chef, dem mächtigen ÖBB-Betriebsratsboss Roman Hebenstreit, beantragte im August 2019, unterstützt von der Arbeiterkammer, beim Bundeseinigungsamt im Arbeitsministerium die Satzung des Kollektivvertrag für die 3500 AUA-Bordmitarbeiter. Einen KV zu satzen bedeutet, dass alle Fluglinien mit einer Basis in Österreich den AUA-KV übernehmen müssten.
In der heimischen Luftfahrt läuteten die Alarmglocken. Die Konkurrenten der Lufthansa-Tochter sind großteils Billig-Airlines, die wesentlich niedrigere Personalkosten und ganz andere Arbeitsmodelle haben als die AUA.
Die Gewerkschaft argumentierte, die Low-Cost-Airlines in Österreich würden „völlig zu Unrecht einen wirtschaftlich und rechtlich nicht vertretbaren Wettbewerbsvorteil genießen“, wenn für sie weder KV noch Satzung zur Anwendung kämen. Alle Unternehmen, die von der Satzung erfasst würden, seien im gleichen Marktsegment wie die AUA tätig und stünden daher auch im direkten Wettbewerb zueinander. Das Geschäftsmodell sei über weite Strecken ident. Die Wirtschaftskammer dagegen betonte „erhebliche Unterschiede zwischen der AUA und den übrigen Fluggesellschaften“.
Das Einigungsamt wies den Antrag ab, es sollte ein jahrelanger Rechtsstreit folgen. Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) warf die Beschwerde der vida gegen den Bescheid des Einigungsamtes zurück, die Gewerkschaft zog vor den Verwaltungsgerichtshof. Das Höchstgericht hob den Entscheid auf und verwies zurück an das BVwG. Dieses setzte sich daraufhin nicht nur formal, sondern auch inhaltlich mit dem Thema auseinander. Hochrangige Manager von AUA und der Lufthansa-Billigtochter Eurowings wurden als Zeugen befragt.
Das Gericht kam zum Schluss, dass die Arbeitsabläufe bei Flugbegleitern und Piloten „letztlich nicht derart standardisiert sind, dass sie überall gleich sind“. Über die Sicherheitsbestimmungen hinaus habe jede Airline individuelle Abläufe. Das beginne schon bei Bewerbung, Schulbildung und Qualifikation.
Mehr fix bei der AUA
Die AUA als Netzwerk-Carrier biete Transfer, fliege Langstrecke und habe eine teure Business-Class mit anderen Ansprüchen als in der Holzklasse. Saisonalität und Belastung seien nicht so stark wie bei den Punkt-zu-Punkt-Flügen der Mitbewerber, die in ihren selektiven Streckennetzen hauptsächlich Urlaubsklientel befördern.
Die AUA könne ihren Mitarbeitern daher ein höheres Grundgehalt bieten, während sich die Mitbewerber „auf einen höheren variablen Gehaltsanteil fokussieren“.
Bei den Unternehmervertretern macht sich Erleichterung breit. „Der Versuch, allen Fluglinien den AUA-KV aufs Aug’ zu drücken, ist gescheitert. Das Gericht hat klar festgehalten, dass es keine rechtliche Grundlage für eine Satzung gibt“, sagt Günther Ofner, Luftfahrt-Obmann in der Wirtschaftskammer und Flughafen-Vorstand. Diese Entscheidung sei ein Anreiz für Airlines, Arbeitsplätze wieder nach Österreich zu verlegen“.
Was aber, wenn sich die Gewerkschaft durchgesetzt hätte? Andreas Gruber, Österreich-Chef von Ryanair, sieht „eine Einschränkung des Wettbewerbs und der Wahlmöglichkeiten zum Nachteil der Konsumenten und der Arbeitsplätze in Österreich – ausschließlich zugunsten der Hochpreisflüge der AUA“.
Ryanair und die ungarische Wizz Air, die ebenfalls viel aus Wien fliegt, haben im EU-Vergleich die mit Abstand niedrigsten Personalkosten.
Den Gewerkschaftern bleibt vermutlich nur noch der Gang zu Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof, es ist fraglich, ob eine Revision überhaupt rechtlich zulässig ist. Ein vida-Sprecher kündigte an, die Gewerkschaft werde in Berufung gehen.
andrea.hodoschek@kurier.at
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