Logistiker wollen neue Postleitzahlen

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Vierstelliges System zu grobmaschig: Branche fordert Ergänzung um zwei Buchstaben - Post lehnt Umstellung ab.

Österreichs Logistiker und Spediteure wollen das alte System der vierstelligen Postleitzahlen (PLZ) entsorgen. "Wir haben es alle liebgewonnen, aber es besteht seit mehr als 75 Jahren und ist für die heutigen Anforderungen zu grobmaschig", sagte Wolfram Senger-Weiss, Präsident des Zentralverbandes Spedition & Logistik, bei einer Pressekonferenz. Der vierstellige Zahlencode, der im Jahr 1938 eingeführt wurde, sei zu ungenau und mache eine automatische Planung von Zustellfahrten unmöglich. Bisher muss diese Arbeit jemand händisch vornehmen, der die Region kennt.

Vorbild Niederlande

Für die Detailplanung von Touren wäre es wichtig, exaktere Informationen - bis auf die Ebene von Dorf- oder Stadtteilen und Straßen - zu kennen. Sonst kommt ein Zusteller am Ende der Fahrt drauf, dass ihn die letzte Zustellung an den Anfang der Tour zurückführt. "Kürzere Fahrstrecken sparen Zeit und Schadstoffe", so Senger-Weiss. Als Vorbild nennen die Logistiker das niederländische System. Dort gibt es vier Ziffern und zusätzlich zwei Buchstaben. Das ermöglicht ein exakteres Vorsortieren. Auch Deutschland hat sein System 1993 auf fünf Stellen umgestellt - hauptsächlich wegen der Wiedervereinigung, aber auch weil die alten Postleitzahlen ineffizient geworden waren.

Post lehnt Änderung ab

Zuständig wäre laut Gesetz übrigens der Universaldienstbetreiber - und das ist die Österreichische Post AG. Dort denkt man gar nicht daran, etwas zu ändern: "Wir kommen mit dem vierstelligen Ordnungssystem gut aus", sagt Post-Sprecher Michael Homola auf Anfrage des KURIER. Das alte System stamme zudem nicht aus dem Jahr 1938, sondern sei 1966 eingeführt worden. Homola gibt zu bedenken, dass eine Umstellung gewaltige Kosten verursachen würde. Grundbuch, Firmenbuch, Briefpapiere, Visitenkarten: Betroffen wären nahezu alle Privatpersonen und Unternehmen. Derzeit gibt es nur Einzelfälle, wo Ortschaften per Gemeinderatsbeschluss neue Postleitzahlen anfordern. Schon in diesen Einzelfällen entstünden Kosten. Wie teuer oder zeitaufwändig eine Komplettumstellung wäre, lasse sich gar nicht abschätzen.

Momentan sind in Österreich ungefähr 2300 unterschiedliche, vierstellige Zahlen vergeben. Nach welcher Methodik sei heute schwer zu rekonstruieren, heißt es bei der Post. Beispiel Niederösterreich: Hier finden sich hauptsächlich Zahlen, die mit 2xxx oder 3xxx beginnen. St. Valentin im Mostviertel hat aber unter anderem die "oberösterreichische" PLZ 4300. Warum steigen die Zahlen in den Westen bis auf 6xxx (in Tirol und Vorarlberg) an, beginnen dann aber im Burgenland ganz im Osten wieder von Neuem bei 7xxx? Logische Erklärung hat Homola dafür auch keine parat. Das hänge mit den Zustelleinheiten der Post zusammen.

Logistik-Weltmeister Deutschland

Logistiker wollen neue Postleitzahlen
BILD zu OTS - http://www.apa-fotoservice.at/galerie/5700 Bild zeigt (v.l.n.r): Andreas Hofbauer (Geschäftsführer NÖM-Frischlogistik), Mag. Wolfram Senger-Weiss (Vorstand Gebrüder Weiss GmbH und Präsident Zentralverband Spedition und Logistik) und Mag. Siegfried Menz (Vorstandsvorsitzender Ottakringer Getränke AG und Obmann Bundessparte Industrie der WKÖ).
Die Postleitzahlen sind freilich nur eine Forderung der Logistiker und Spediteure. Sie schlagen generell Alarm für den Standort Österreich: "Deutschland ist Logistik-Weltmeister, wir fallen hingegen zurück", sagt Senger-Weiss. An Zahlen festgemacht: Seit 2007 sei Österreich im Weltbank-Logistik-Ranking von Platz 5 auf Platz 22 zurückgefallen. Und das Transportaufkommen sei seit 2008 von 502 auf 431 Millionen Tonnen gesunken. "Manche werden sagen, das ist eine gute Nachricht. Aber es bedeutet, dass in Österreich weniger produziert und konsumiert wird", so Senger-Weiss. Die Industrievertreter haben deshalb ein Forderungspaket geschnürt, das ein weiteres Absacken verhindern soll.

Güterterminals veraltet

Die gute Nachricht: Österreichs Infrastruktur sei im Großen und Ganzen gut aufgestellt, hier fordert die Branche keine weiteren Großinvestitionen. Einzige Ausnahme sei die Errichtung von multimodalen Terminals, also von Verladestationen, die den nahtlosen Wechsel zwischen Schiene, Straße oder Fluss ermöglichen. Der neue ÖBB-Güterterminal, der in Wien-Inzersdorf entsteht, komme um 20 Jahre zu spät, kritisiert Sigi Menz, Industrie-Obmann der WKO und Ottakringer-Chef.

Bei der geplanten Verlängerung der Breitspur-Bahnstrecke, die über die Slowakei und Russland bis Zentralasien führt, wäre das Schlimmste, das Österreich passieren könnte, dass diese vor der Grenze endet und die Endstation und Umschlagstelle in der Slowakei entsteht. "Dann hätten wir nur den Transitverkehr, aber keine Wertschöpfung", so Senger-Weiss.

Weite Umwege

Weitere Forderungen sind ein eigener Logistik-Beauftragter im Verkehrsministerium (BMVIT) als zentrale Ansprechadresse, eine EU-weit einheitliche Maut und zentral geplante Fahrverbote. Allein bei der NÖM müssten die LKW 365.000 Kilometer pro Jahr an Umwegen fahren, um diese zu vermeiden. "Zugespitzt formuliert kommt vor jeder Regionalwahl ein neues LKW-Fahrverbot dazu, weil es gerade populär ist", kritisiert NÖM-Logistikchef Andreas Hofbauer.

"Logistik Made in Austria". Eine neu etablierte Marke soll das Ansehen der Branche heben und die Vermarktung verbessern.

Logistik-Beauftragter. Eine kompetente Person im Verkehrsministerium soll als zentrale Anlaufstelle für die Brancheninteressen dienen. Derzeit sind mehrere Ministerien zuständig.

Bessere Güterterminals. Die Anbindung von der Schiene an Überseehäfen soll durch den Ausbau sogenannter multimodaler Güter-Verladestellen ermöglicht werden. Die Branche wünscht sich, dass nicht nur die Bahn Förderungen erhält, sondern auch Spediteure - schließlich würden diese die Entscheidungen über Transportwege treffen.

Einheitliche EU-Maut. Für jedes Land ein eigener Tarif und eine andere Technologie: Das verursacht immense Kosten. Die Logistiker wünschen sich ein EU-weites System. Die Preisverhandlungen mit Kunden würden zudem viel einfacher, wenn Österreich seine Mautkosten für das Folgejahr nicht kurz vor Silvester, sondern drei Monate früher bekannt geben würde.

Zentrale Fahrverbote. Die Zusteller klagen über den Wildwuchs an Fahrverboten. Der Bund solle die Koordinierung vornehmen. Auch die Flächenwidmung solle zentral erfolgen und die Anforderungen der Logistiker berücksichtigen.

Zollspediteure. In Österreich haften Zollspediteure und ihre Mitarbeiter für Abgabenschulden ihrer Auftraggeber. Dadurch wandere das Geschäft ins Ausland ab, kritisiert die Branche.

Gefahrengut. Bürokratische und widersprüchliche Transportvorschriften müssten entrümpelt werden.

"Echte" Liberalisierung. Der Postmarkt sei in der Paketzustellung zusätzlich reglementiert werden, kritisieren die Spediteure.

Neue Postleitzahlen. Das alte System aus dem Jahr 1938 ist zu grobmaschig.

Förderungen. Für Innovationen, die den Schadstoffausstoß reduzieren, wünschen sich die Logistiker Fördergelder.

Binnenschifffahrt. Um den Transport auf der Donau zu steigern, soll ein rasches Ausweichen auf die Schiene ermöglicht werden, wenn die Flüsse wegen Hochwassers nicht befahren werden können.

Breitspur. Die Drehscheibe zwischen Europa und Asien für die russische Breitspurbahn soll im Großraum Wien/Niederösterreich angesiedelt werden.

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