Linzer Voestalpine verkauft Werk in Texas an ArcelorMittal

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Für 80 Prozent der Anteile zahlt Europas größter Stahlkonzern 610 Millionen Euro.

Die Verhandlungen zu dem Deal sind Sonntagabend offiziell bekanntgegeben worden, nun ist er unter Dach und Fach - der Linzer Stahlkonzern voestalpine trennt sich von 80 Prozent seines Roheisenwerks in Texas. Diese 80 Prozent der Direktreduktionsanlage zur Erzeugung von Eisenschwamm (Hot Briquetted Iron, HBI) in Corpus Christi gehen um 610 Mio. Euro an den europäischen Stahlriesen ArcelorMittal, wie das oberösterreichische Unternehmen Donnerstagfrüh mitteilte. Die Voest behält die übrigen 20 Prozent.

Der Vertrag sei heute unterzeichnet worden. Das Werk in Texas stand von Anfang an unter keinem guten Stern und verschlang Hunderte Millionen mehr als ursprünglich geplant - die Errichtungskosten hatten sich auf rund 870 Millionen Euro deutlich erhöht - ursprünglich budgetiert waren dafür 550 Mio. Euro. Neben Stürmen und Überschwemmungen waren teure zusätzliche Umweltauflagen zu bewältigen - so musste etwa eine Extrahalle gebaut werden, um Staubemissionen von gelagertem Material in die Luft zu verhindern.

Geringere Nettofinanzverschuldung

Mit dem Abstoßen des 80-Prozent-Anteils kann die voestalpine ihre Nettofinanzverschuldung nun deutlich senken und zumindest einen Buchgewinn in Höhe von voraussichtlich etwa 280 Mio. Euro in der aktuellen Bilanz ausweisen. Das Closing der Transaktion soll in voraussichtlich zwei bis drei Monaten erfolgen, hieß es am Donnerstag.

Die voest wird auch künftig Eisenpellets aus Texas weiterverarbeiten. Denn Teil ihrer weiteren Beteiligung an dem Werk in Texas ist eine Vereinbarung zur langfristigen Absicherung des künftig für den ersten Dekarbonisierungsschritt in der Stahlproduktion benötigten Volumens von Eisenpellets (HBI) an den Standorten in Linz und Donawitz - Stichwort "greentec steel". Der Konzern bekommt jährlich 420.000 Tonnen des in Corpus Christi produzierten HBI. Zudem reduziere "die Partnerschaft" mit ArcelorMittal das Spotmarktrisiko für die von der voestalpine nicht benötigten Mengen. Die Produktionskapazität des HBI-Werks beträgt rund zwei Millionen Tonnen pro Jahr.

Mit der Inbetriebnahme von je einem Elektrolichtbogenofen in Linz und in Donawitz Anfang 2027 sollen die CO2-Emissionen der Voest "signifikant um rund 30 Prozent" gesenkt werden können. Das entspreche fast 5 Prozent des jährlichen CO2-Ausstoßes Österreichs.

"Langfristig" bedeute übrigens eine Partnerschaft über 10 Jahre, präzisierte voestalpine-Chef Herbert Eibensteiner die Laufzeit des Vertrags heute Vormittag vor Journalistinnen und Journalisten. "Wir glauben, dass HBI für die Dekarbonisierung ein weiter wichtiges Produkt für uns sein wird. Deswegen bleiben wir beteiligt." Warum sich die voestalpine gerade für eine 20-prozentige Beteiligung entschieden hat und nicht etwa für eine Sperrminorität ab einem Anteil von 25 Prozent, wollte der voestalpine-Chef nicht beantworten.

Viele Rückschläge

Das im Herbst 2016 in Betrieb genommene Werk in Corpus Christi war mit zahlreichen Rückschlägen und Abschreibungen in Millionenhöhe verbunden. Die Errichtungskosten für die Direktreduktionsanlage betrugen den aktuellen Konzernangaben zufolge rund 870 Mio. Euro - "1,012 Mrd. Dollar zum damals gültigen Umrechnungskurs". Aufgrund eines schwierigen Marktumfelds hätten 2019 und 2020 "außerplanmäßige Abschreibungen von insgesamt 372 Mio. Euro" vorgenommen werden müssen.

2016 war die voestalpine noch von einem Eigenbedarf in Höhe von 800.000 Tonnen des in Texas produzierten HBIs ausgegangen. Jetzt hat man sich langfristig eben 420.000 Tonnen HBI im Rahmen der 20-prozentigen Beteiligung gesichert. "Die Mengen, die wir damals eingeschätzt haben, waren zu hoch", räumte Eibensteiner auf Nachfrage ein. In der Vergangenheit habe man "bis zu drei Viertel der Menge" am Spotmarkt verkaufen müssen, das sind bei einer Jahreskapazität von 2 Millionen Tonnen HBI also rund 1,5 Millionen Tonnen. Es habe auch andere, fixe Abnehmer gegeben. Man selbst habe in den vergangenen Jahren "zum Teil auch weniger" als die jetzt gesicherten 420.000 Tonnen HBI aus der Produktion in Texas verbraucht.

Verbesserter Ausblick

Die voestalpine hat heute Vormittag auch "unabhängig von dieser Transaktion", wie Eibensteiner sagte, eine Verbesserung beim Ausblick bekannt gegeben: Das EBITDA im Geschäftsjahr 2021/22 werde bei "etwas unter 2,3 Millarden Euro" zu liegen kommen, ursprünglich war man von bis zu 2,2 Milliarden Euro ausgegangen.

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