LifeVest: Streit auf dem Rücken der Herz-Patienten

Die LifeVest erspart vielen Patienten eine Operation
Sozialversicherung contra Spitäler: Wie Einsparungen bei den Kosten verhindert werden

Das schon einige Jahre dauernde Dilemma um die Defibrillatorweste ist ein typisches Beispiel für Ineffizienzen im österreichischen Gesundheitswesen. Die LifeVest kann nicht nur das Leben von bestimmten Herz-Patienten retten und den Betroffenen eine Operation samt vielen Risiken ersparen, sie würde dem Gesundheitssystem einige Millionen Euro ersparen. Wenn sich die Verantwortlichen über die Finanzierung einig wären.

Sind sie aber nicht. „Das ist eines dieser vielen Beispiele, wie Geld sinnlos verpulvert wird“, kritisiert Gerald Bachinger, Chef der ARGE der Patientenanwälte und oberster Patientenvertreter in Niederösterreich. Das Problem hänge mit dem dualen Finanzierungssystem zusammen. „Jeder versucht, sein Budget nach Möglichkeit zu entlasten und die Kosten ins andere Budget zu verlagern.“

Das Gezerre spielt sich zwischen dem niedergelassenen und dem stationären Bereich ab – zwischen Krankenkassen und Spitälern.

Die Kassen wollen die Finanzierung den Krankenhäusern aufbürden. Die Spitäler wiederum argumentieren, die Sozialversicherung sei zuständig. Der Patient kann das Spital verlassen, sobald er die Weste angepasst bekommt. Damit fällt er nicht mehr in den stationären Bereich.

„Der Patient bleibt zwischen den Stühlen sitzen“, bedauert Bachinger und fordert eine Lösung.

Die LifeVest wurde von der US-Firma Zoll Medical Corporation entwickelt, die 2012 vom japanischen Chemie-Konzern Asahi Kasei übernommen wurde. Die Weste wird seit mehr als drei Jahren auch in Österreich angeboten. Das Unternehmen verwies gegenüber dem KURIER auf seine Beraterin, die ehemalige Gesundheitsmninisterin Maria Rauch-Kallat. „41 Prozent aller Patienten, die einen implantierten Defibrillator haben, brauchen diesen gar nicht“, zitiert die Ex-ÖVP-Politikerin internationale Studien.

Die lebensrettende Weste wird an die Patienten vermietet und kostet im Monat pauschal 2895 Euro. Darin sind alle Leistungen inkludiert (siehe Artikel rechts). Ein Tag auf der Intensiv-Station mit Monitor-Überwachung beläuft sich dagegen auf durchschnittlich 1200 bis 1500 Euro, rechnet Rauch-Kallat vor. In Deutschland und etlichen anderen EU-Ländern übernehmen die Kassen die Kosten.

In Österreich wurden bis dato rund 1300 Patienten mit der LifeVest versorgt, weltweit sind es Zehntausende. Auch die europäische Kardiologengesellschaft empfehle die Weste, argumentiert Rauch-Kallat.

Da weder Kassen noch Spitäler für den Großteil der Einsätze bezahlten, trat das Unternehmen bisher oft in Vorlage und übernahm vorläufig die Kosten, um die Patienten nicht zu belasten. Im Geschäftsjahr 2016/17 ist die Bilanz der Österreich-Tochter mit mehr als einer Million Euro im Minus.

Bernhard Wurzer, Vize-Chef des Hauptverbandes betont, man sei mit dem Unternehmen im Gespräch für eine österreichweite Pauschal-Lösung mit den Sozialversicherungsträgern und den Gesundheitsfonds der Länder. Auf chefärztlicher Ebene gebe es allerdings noch offene Fragen zu den Indikationen und Studien.

Zoll Medical dürfte derweil langsam die Geduld verlieren. Sollte bis Ende 2018 keine Einigung gelingen, will man sich aus Österreich zurückziehen.

Defibrillator-Weste als Schutz vor dem plötzlichen Herztod Herzinfarkt

Die Weste ist für  Risiko-Patienten gedacht, die gefährdet sind, einen plötzlichen Herztod zu erleiden, deren Zustand sich aber noch ändern kann, für die noch kein permanentes Herztod-Risiko festgestellt wurde und die medikamentös eingestellt werden. LifeVest ist ein Defibrillator, der direkt am Körper getragen wird. Im Gegensatz zum Cardioverter-Defibrillator, der im Brustbereich implantiert wird.
Das Gerät überwacht das Herz des Patienten kontinuierlich. Wird ein lebensgefährlicher Herzrhythmus erkannt, benachrichtigt  das Alarmmodul den Patienten, der durch das Drücken von zwei Reaktionstasten am Monitor den Schock verhindern kann. Bei Bewusstlosigkeit gibt das Gerät einen elektrischen Behandlungsschock ab, um den normalen Herzrhythmus wieder herzustellen.
Implantat-Träger dürfen etliche Berufe nicht mehr ausüben, etwa Buslenker, Elektrotechniker, Schweißtechniker oder Polizisten, die Waffen tragen.

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