Libyen: Österreichs Firmen kehren zurück

Libyen: Österreichs Firmen kehren zurück
Wirtschaftstreibende versuchen dort anzuknüpfen, wo sie unter Gaddafi aufhörten. Unter der Wüste lagern riesige Ölschätze - doch der Krieg hat viel Infrastruktur zerstört.

Vor der von der NATO gestützten Revolution war Libyen Österreichs wichtigster Wirtschaftspartner in Nordafrika und der bei weitem reichste Staat in der Region.

Die ökonomischen Aussichten des Landes im Übergangsstadium von der Diktatur zur jedenfalls angestrebten Demokratie sind ausgezeichnet, lagern doch bestätigte 47 Milliarden Barrel Öl im Gegenwert von 4000 Milliarden Dollar mit sehr günstigen Förderbedingungen unter dem Sand des riesigen Wüstenlandes.

Libyen: Österreichs Firmen kehren zurück

Allein schon aufgrund dieses potenziellen Reichtums war das Interesse österreichischer Wirtschaftstreibender an einem von KURIER-Reporterin Livia Klingl moderierten Seminar in der Österreichischen Wirtschaftskammer sehr groß. Die libyschen Gäste zeichneten ein durchwegs optimistisches Bild von der Lage, beginnend mit der Versicherung, Tripolis sei ausgesprochen sicher - auch wenn man da und dort nächtliche Schießereien hören kann.

Wasser, Strom und Benzinversorgung funktionieren laut dem österreichischen Wirtschaftsdelegierten in Libyen, David Bachmann, "erstaunlich gut". Bachmann konnte vor wenigen Wochen nach Tripolis zurückkehren, um österreichischen Firmenvertretern dabei zu helfen, dort anzuknüpfen, wo sie unter Gaddafi aufhörten. Die langjährige freundschaftliche Nähe Österreichs zu dessen Sohn Saif al-Islam, der nun Gefängnisinsasse ist, ist nach übereinstimmenden Aussagen der Libyer kein Hindernis für Österreicher. Weit eher sind es die nachrevolutionären Zustände. Im Wirtschaftsministerium etwa sitzen die selben Leute wie unter Gaddafi, nur jetzt vor Block und Bleistift, denn die Computer wurden in der Revolution gestohlen. Daher ist es nicht einfach, in dem Ministerium etwas durchzubringen. Wer aber schon früher in Libyen tätig war, tut sich vielleicht leichter. Die OMV etwa ist wieder auf 30 Prozent der Vorkriegs-Förderung. Am aktivsten sind derzeit türkische Firmen auf dem libyschen Markt. Briten und Italiener sind wieder zurück.

Libyen: Österreichs Firmen kehren zurück

Eines der vielen Probleme Libyens besteht in der schlechten Ausbildung der zahllosen Jungen - auch wenn es nahezu keinen Analphabetismus gibt. Aber schon vor dem Sturz des Tyrannen waren 30 Prozent der sechs Millionen Libyer arbeitslos und 40 Prozent arm. Nun fehlen die rund 1,5 Millionen Gastarbeiter aus Ägypten und Afrika, die fast ausschließlich im Privatsektor arbeiteten, der rund sieben Prozent des BIP erwirtschaftete. Im Öl- und Gassektor, der für weit mehr als die Hälfte des libyschen Einkommens sorgte, arbeiteten nur 43.000 Libyer.

Der Krieg hat viel an Infrastruktur zerstört, wenn auch kaum in Tripolis. Und er hat den Menschen viel abverlangt. Die Zahl der "Märtyrer" unter den 18- bis 25-Jährigen ist in der sehr jungen Bevölkerung besonders hoch, sodass beinahe eine ganze Generation fehlt. Die Zahl der Frauen liegt jetzt bei mindestes 55 Prozent.

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Hosni Bey, einer der reichsten Libyer und sieben Mal unter Gaddafi aus politischen Gründen im Gefängnis, forderte Österreichs Wirtschaftstreibende ebenso offensiv auf, nach Libyen zu kommen wie Guma Al Gamati, Mitglied des Übergangsrats, der 32 Jahre in London lebte. Bey, der unter anderem Rauch und Red Bull vertrat und weiter vertritt: "Wir brauchen jetzt wirklich alles." Denn bis jetzt sei es so gewesen, dass sich libysche Därme im Mittelmeer entleert hätten - weil es selbst an vernünftiger Kanalisation und ebensolchen Toiletten fehlt.

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