Lebensmittelversorgung: "Steirer-Apfel statt spanische Erdbeere"
Das Salzburger Unternehmen Frigologo sorgt dafür, dass die Lager der Supermarkt-Ketten in Österreich täglich mit Frischwaren wie Milchprodukten versorgt werden. Die Corona-Krise stellt die Lebensmittel-Logistik vor ganz neue Herausforderungen. Der KURIER sprach mit Gründer Fritz Herzog über schwankende Nachfrage, Stau an der Grenzen, billigen Sprit und Bahn-Konkurrenz.
KURIER: Welche Auswirkungen hatte der Wegfall von Hotellerie und Gastronomie auf Ihr Geschäft?
Fritz Herzog: Es brachen 25 bis 30 Prozent des Geschäftes weg. Wir bedienen ja ganz Österreich und fahren in die hintersten Gebirgstäler. Unsere Lkw sind wegen der Ausfälle nicht voll, trotzdem müssen wir sieben Tage die Woche rund um die Uhr Waren an den Lebensmittelhandel liefern. Wir haben weniger Umsatz, aber die Kosten bleiben gleich hoch.
Wie reagieren Sie darauf?
Wir haben Kurzarbeit in diesem Bereich. Die sonstigen staatlichen Unterstützungen treffen bei uns aber nicht zu, weil wir als Schlüsselbetrieb die Versorgung aufrecht erhalten und die Ausfälle nicht mehr als 40 Prozent sind. Das Problem: Fahren wir unser System herunter, ist die Versorgung nicht mehr gewährleistet.
Die benötigten Mengen schwanken derzeit massiv. Wie gehen Sie damit um?
Das Kaufverhalten ist derzeit sehr sprunghaft, das ist ein Problem für uns. An manchen Spitzentagen müssen unsere Mitarbeiter bis zu ihren physischen Grenzen arbeiten. Und dann gibt es wieder Tage, an denen unter der Durchschnittsmenge bestellt wird. Das ist alles sehr volatil, wir müssen aber aufgrund der Schwankungen das Personal vorhalten.
Kleine Händler haben schon seit Ostern wieder offen. Wie hat sich das ausgewirkt?
Im Handel ist mehr Ware. In der Gastronomie ist der Gassenverkauf von den Mengen her nicht relevant, sie braucht den Tourismus. Solange die Touristen fehlen, wird sich hier von den Mengen her nicht sehr viel tun. Wenn im Sommer die Österreicher im eigenen Land urlauben, wird sich ein Teil des Konsums wieder vom Handel in den Tourismus verlagern, aber das fehlende Drittel durch ausländische Gäste wird bleiben.
Ihre Lkw müssen zum Teil lange Grenzwartezeiten in Kauf nehmen. Ist das ein großes Problem?
Das ist für die Fahrer eine große Herausforderung, in der Organisation hält sich das in Grenzen. Es ist für uns planbar, weil unsere Lkw via Satellit mit uns verbunden sind. Wir wissen genau, wo sich unsere Fahrzeuge befinden, und können unsere Kunden rechtzeitig informieren.
Die Industrie läuft wieder an. Stellen Sie sich auf längere Grenzkontrollen ein?
Der Güterverkehr war bisher ja gering, weil die Industrie kaum produzierte. Wenn die Wirtschaft wieder anfährt, kann sich das negativ auf die Grenzwartezeiten auswirken. Bleiben die Grenzkontrollen, muss für ausreichend Grenzpersonal und Abfertigungsspuren gesorgt werden, sonst haben wir Mega-Staus im Warenverkehr. Es ist alles Just-in-Time getaktet, wenn die Waren nicht rechtzeitig eintreffen, stehen Förderbänder.
Der Ölpreis und damit auch die Spritpreise sind deutlich gesunken. Werden die sinkenden Preise an die Konsumenten weitergegeben?
Davon gehe ich aus.
Wird der billige Sprit dazu führen, dass der Transport mit der Bahn wieder gebremst wird?
Vieles geht gar nicht mit der Bahn. Wir holen am Abend ab und sind in der Früh im Handel, das ist mit der Bahn ohnehin nicht zu bewerkstelligen. Die Bahn eignet sich für den Massenguttransport, aber nicht für Frischprodukte. Wir haben Produzenten im Pinzgau oder im Wein- und Waldviertel, deren Waren wir ja tagtäglich abholen müssen. Das geht mit der Bahn nicht.
Angeblich werden wieder mehr regionale Produkte gekauft. Merken Sie das auch?
Ja, durchaus. Der Kunde kauft derzeit vermehrt regionale und auch gesunde Produkte ein. Regionalität wird sicher der große Gewinner sein. Der Trend wird noch zunehmen. Für unser Geschäft ändert sich dadurch gar nicht so viel, es sind die Mengen entscheidend, aber nicht so wesentlich, ob wir jetzt die spanische Erdbeere oder den steirischen Apfel bringen.
Generell war die Lebensmittelversorgung zuletzt ein Thema. Ihre Meinung?
Die Österreicher müssen keine Angst haben, dass wir verhungern. Wir sind eines der wenigen Länder, die nahezu alles an Lebensmittel selbst produzieren können.
Über Frigologo
240 Brummis unterwegs
Das Unternehmen Frigologo mit Sitz in Seekirchen in Salzburg ist ein unabhängiger Komplettdienstleister für Transport, Lagerung, Kommissionierung und Distribution von frischen sowie temperaturgeführten Lebensmitteln wie etwa Milchprodukte
CEE-Netzwerk
Das Logistik-Netzwerk spannt sich über Zentral- und Osteuropa
mit Standorten in Wien, Sattledt, Graz, Budapest und Ljubljana. Insgesamt sind 240 eigene Lkw-Züge auf Europas Straßen im Einsatz. Diese befördern in Österreich rund 860.000 Sendungen pro Jahr für Lebensmittelhandel sowie Gastronomie und Hotellerie
320 Mitarbeiter
Gegründet wurde Frigologo 1991 von Fritz Herzog, der dem Unternehmen mit insgesamt 320 Mitarbeitern als Eigentümer vorsteht. Der Umsatz betrug zuletzt rund 79 Millionen Euro
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