Lauda: "Ich trete wieder in die Kirche ein"

Lauda: "Ich trete wieder in die Kirche ein"
Niki Lauda (62) über den Verlust seines Sponsors, die Rückkehr zum roten Kapperl und seinen Wiedereintritt in die Katholische Kirche.

Café Blaustern am Döblinger Gürtel, sein Lieblings-Treffpunkt am Weg nach Hause, zu Birgit und den Zwillingen in den 19. Wiener Gemeindebezirk. Niki Lauda bestellt Kaffee aus der hauseigenen Rösterei und telefoniert am laufenden Band. Irgendwann wird es ihm zu blöd und er ruft nur noch "Ruf di zruck!" in sein Nokia. Seit die liechtensteinische Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen die Money Service Group - seinen Kapperl-Sponsor - eingeleitet hat, ist er wieder einmal ein gefragter Mann.

Das dunkelblaue MSG-Kapperl hat er am Abend vor unserem Interview - nach seiner Kündigung des Werbevertrags mit dem Finanzdienstleister - ein für allemal abgelegt. Niki ist wieder "Rotkäppchen", und erstmals ohne lukrativen Schriftzug am Haupt unterwegs. "Ich war heute früh um 7.40 Uhr schon Pilot auf dem Flug HG 8770 von Wien nach Frankfurt", erzählt der Airliner und dreifache Formel 1-Weltmeister. "Keine Stewardess, kein Passagier hat etwas bemerkt. Also kann es nicht so schlimm sein." Und wir sind schon mitten im Thema.

Lauda: "Ich trete wieder in die Kirche ein"

KURIER: Herr Lauda, das ist jetzt schon das dritte Mal, dass Ihr Sponsor Pleite geht. Erst Parmalat, dann Oerlikon und jetzt wird gegen die Money Service Group ermittelt. Haben Sie sich vom vielen Geld blenden lassen?
Niki Lauda: Aufpassen! Das stimmt so nicht. Parmalat ging erst drei Jahre, nachdem ich das Kapperl getragen hab', Pleite. Oerlikon funktioniert heute noch super. Und MSG konnte keiner ahnen.

Wirklich nicht?
Wirklich nicht. Ich zerbreche mir vor jedem Sponsorship den Kopf und lasse die Firma von meinem Anwalt genau checken. Bei Money Service Group gab es überhaupt keine Anzeichen irgend eines Problems. Ich habe den Herrn Seidl …

…gegen den jetzt wegen Betrugs ermittelt wird…
…persönlich getroffen und er hat einen ganz normalen, seriösen Eindruck auf mich gemacht. Bei diesen Deals ist Geld auch nicht die einzige Motivation. Ich muss das Gefühl haben, dass das Gesamtpaket stimmt. Denn ich muss ja nicht nur das Kapperl tragen, da gehören auch Auftritte und Diskussionen über Wirtschaftsthemen dazu, alles mögliche! Und dieses Paket hat gepasst, darum hab' ich es gemacht. Meine Vertragspunkte sind im übrigen bis heute alle eingehalten worden.

Jetzt schadet Ihr Sponsor Ihrem Image.
Deshalb hab' ich mich, als vor drei Wochen Gerüchte aufkamen, dass die Firma nicht mehr zahlt, sofort erkundigt, ob das stimmt. Vor drei Tagen bekam ich die Bestätigung dafür. Da hab' ich meinen Vertrag sofort gekündigt und ich behalte mir natürlich alle Rechte vor. Deshalb geh' ich jetzt so herum. (Zieht sein rotes Kapperl und greift sich an den Kopf.) Aus, Ende!

Tut's Ihnen Leid?
Nein. Es ist eine ganz normale Entscheidung von mir und fertig.

Wie hat Ihr Sponsor auf Ihre Kündigung reagiert?
Gar nicht, bis jetzt habe ich noch nichts gehört.

Ist es nicht so, dass die Money Service Group mit Ihrem Namen bekannt geworden ist und so erst die mutmaßlichen Anlage-Betrügereien begehen konnte?
Das kann ich leider alles nicht beurteilen, weil ich es nicht weiß. Ich hab' keine Ahnung, ob auch die deutschen Anlagefonds in Schwierigkeiten sind. Aber das geht mich jetzt auch nichts mehr an.

Jetzt sitzen Sie also mit einem roten Kapperl da, auf dem gar nichts mehr steht. Erinnert Sie das an Ihr erstes Kapperl?
Ja. Das war nach dem Feuerunfall auf dem Nürburgring

Am 1. August jährt sich der zum 35. Mal.
So lange ist das her? Ein Wahnsinn. Da hat der Kopfverband nicht gehalten. Der ist immer nach oben weggehupft. Der Willy Dungl sagte: Probier ma's mit einem Kapperl, das hält uns den Verband zusammen.

Sie haben in einem Interview mit mir gesagt, dass Sie sich ohne Kapperl nackt fühlen. Noch immer?
Ja, ich trage es in erster Linie zum Schutz. Ohne Kapperl bist du den blöden Blicken ausgeliefert. Viele Leute warten nur darauf, dass ich das Kapperl abnehm', damit sie auf mein verbranntes Ohr starren können. Als wohlerzogener Mensch nehme ich es natürlich sehr wohl manchmal ab. In der Kirche zum Beispiel.

Es heißt, wer auf diesem Kapperl stehen will, muss eine Million Euro pro Jahr hinblättern.
Über den Preis diskutiere ich nicht. Aber der Impact ist natürlich enorm, allein durch meine Auftritte bei der Formel 1-Berichterstattung auf RTL. Da schauen 5 Millionen Menschen zu. Die Präsenz im Fernsehen und in den Zeitungen ist unbestritten.

Viagra, Marlboro-Man, Kleiner Feigling - das ist ein Wodka. Für welchen dieser potentiellen Sponsoren würden Sie sich entscheiden?
Vergessen Sie's! Nicht einmal dran denken. Parmalat war eine Milch, Oerlikon ein Schweizer High-Tech-Unternehmen und Viessmann eine Heizung. Nein. Ich warte jetzt in aller Ruhe, ob sich wieder was ergibt. Ich hab' doch jetzt keine Panik, weil da nix obensteht.

Lauda: "Ich trete wieder in die Kirche ein"

Irgendwelche Farbpräferenzen?
Ich bleib' jetzt bei Rot. Das hab'ich beschlossen. Auch wenn sie dann wieder Rotkäppchen zu mir sagen. Ist mir wurscht.

Wie wär's mit einer uneigennützigen Botschaft?
Wie was?

"Jesus liebt dich" zum Beispiel.
Nein. Wechseln wir doch jetzt das Thema. Kapperl is scho fad.

Apropos Jesus: Sind Sie eigentlich Mitglied der Katholischen Kirche?
Ich bin vor vielen Jahren aus der Katholischen Kirche ausgetreten. Und zwar wegen der Art und Weise, wie sie von mir als Rennfahrer ihre Steuern eintreiben wollten. Die haben mich einfach auf irgendwas Astronomisches geschätzt. Das ist lange her. Jetzt beginnt bei mir eine neue Ära.

Mit den Zwillingen?
Ja, ich hab' mit meiner Frau lange diskutiert, ob man Kinder taufen lassen soll oder nicht. Ich war eigentlich dafür, dass sie einmal selbst entscheiden sollen, welche Religion sie irgendwann wählen. Ich habe das jetzt aber noch einmal überdacht und in mich gehört.

Gewissenserforschung?

Genau. Ich hab mich erinnert, dass ich römisch-katholisch erzogen wurde von meinem hochadeligen Elternhaus. Seit acht Jahren folge ich mit meiner Birgit und den Kindern eigentlich vollkommen den Geboten, vor allem dem neunten, Sie wissen schon. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib. (Grinst) Vorher konnte ich das von mir wirklich nicht behaupten.

Schwören Sie jetzt im KURIER die eheliche Treue?
Genau. Und jetzt will ich taufen. Ich könnte auch taufen, ohne diesen Schritt zu machen. Aber ich bin ein Schwarz-Weiß-Denker. Deswegen habe ich vor zwei Tagen ein Gespräch geführt mit dem Pfarrer der Peterskirche, Dr. Christian Spalek. Er ist Religionslehrer am Theresianum. Der war richtig gut. Er wird sich jetzt für mich einsetzen. Ich trete ich in den nächsten Tagen der Katholischen Kirche wieder bei. Ich werde aber der kritischste Katholik überhaupt sein.

Was stört?
Der Papst fuhrwerkt weltfremd herum, ganz verbohrt in der Vergangenheit. Der reist nach Afrika, wo die Kinder verhungern, und verbietet das Kondom, obwohl dort Millionen Menschen an Aids sterben. Auch mit dem Missbrauch kann ich eigentlich nicht leben. Meine Kritik ist unerbittlich. Ich hoffe, dass schnell ein modernes Denken einsetzt.

Schon überlegt, dass das teuer werden wird?
Die Kirchensteuer, ich weiß. Da muss ich mich noch erkundigen, wie viel das bei mir ausmacht. Bei meiner PR und den vielen Kirchenaustritten finde ich ja fast, dass sie mich davon befreien könnten. (Lacht)

Sie pflegen schon wieder Ihr Geizhals-Image.
Nein, das war selbstverständlich ironisch gemeint!

Herr Lauda, was würde Ihr Großvater, der Präsident der Industriellenvereinigung war, zum Euro-Desaster sagen, das uns momentan in Atem hält?
Mein Großvater war ein Geschäftsmann der alten Schule. Er wäre sicher entsetzt über die Meldungen, die wir jetzt täglich über Griechenland bekommen. Da rennt die Politik von einem Meeting zum nächsten, um bei permanenten Überraschungs-Manövern irgendwelche Milliarden zu verteilen, die alle miteinander nix wirken. Wie sollen 27 Staaten - arme, reiche, Bankrotteure - mit unterschiedlichsten Interessen gemeinsam eine Lösung für diese größte Krise seit der Existenz der EU finden? So funktioniert das nicht.

Was wäre die Lösung?
Es kann doch nicht sein, dass Merkel und Sarkozy vor einem Gipfel zusammenkommen, sich was ausmachen und das den andern 25 Ländern dann als Lösung verkaufen. Da sollten zwei reiche und zwei arme EU-Länder in einem Vierer-Board, unterstützt von externen Beratern, Bankern und Wirtschaftsexperten, eindeutige und schnelle Entscheidungen treffen, die nicht wieder fünfmal umgeworfen werden. Diesem Trauerspiel muss man endlich ein Ende setzen.

Lauda: "Ich trete wieder in die Kirche ein"

Zur Person: "Ich habe Unfälle, Tod und Auferstehung erlebt"

Kindheit: Geboren am 22. Februar 1949 als Sohn einer gutbürgerlichen Familie. Der Vater ist Papierfabrikant, der Großvater Präsident der Industriellenvereinigung. Bruder Florian ist ein Jahr jünger. Mit 15 kauft sich Niki heimlich ein Cabrio.

Karriere: Erstes Rennen im Mini-Cooper 1968, erster WM-Titel 1975. Ein Jahr später Feuerunfall auf dem Nürburgring, 30 Tage später Rückkehr ins Cockpit. 1977 und 1984 wird Lauda erneut Weltmeister. 1979 steigt er in die Fliegerei ein. 1991 stürzt eine Boeing der Lauda-Air über dem Dschungel von Thailand ab. "Ich habe Unfälle, Tod und Auferstehung erlebt", sagt Lauda über seine "sieben Leben". Seit 2003 fliegt seine Fluglinie "Fly Niki" gemeinsam mit "Air Berlin". Jetzt verfilmt Hollywood sein Leben; mit dem jungen deutschen Schauspieler Daniel Brühl in der Rolle des jungen Lauda.

Privat: 2005 spendet die damalige Stewardess Birgit Lauda eine Niere. 2008 heiraten die beiden, 2009 kommen die Zwillinge Max und Mia auf die Welt. Die Familie lebt in Wien und hat zwei Golden Retriever, Felix und Chivas. Lauda hat zwei erwachsene Söhne aus der Ehe mit Marlene und einen unehelichen Sohn.

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