Landwirtschaft: Wachsen oder zusperren

Die Bauern müssen künftig höhere Ernten einfahren
Die Bauern müssen weiter Kosten senken und neue Einnahmequellen finden.

Wenn sich nichts grundlegendes ändert, dann wird in einem Jahrzehnt etwa ein Viertel der Betriebe des Agrarsektors nicht mehr existieren. Das ist ein Ergebnis der WIFO-Studie "Perspektiven für Österreichs Landwirtschaft bis 2025". Statt 120.000 Personen werden dann knapp unter 80.000 in der Landwirtschaft tätig sein.

Man könnt sagen, das sogenannte Bauernsterben geht weiter. Man könnte aber auch sagen, dass die Produktivität der Landwirtschaft massiv gestiegen ist. Weniger Bauern produzieren mehr Lebensmittel. Im Jahr 2000 hat ein Bauer laut dem grünen Bericht 67 Menschen ernährt. 2013 waren es bereits 102 Menschen. In Deutschland sind es sogar 133 Menschen pro Bauer.

Das ist gut so. Denn bis 2025 wird die österreichischen Bevölkerung um annähernd eine halbe Million wachsen.

Nachfrage steigt

Laut der im Auftrag der Landwirtschaftskammer erstellten WIFO-Studie werden die Preise für landwirtschaftliche Produkte auf den internationalen Märkten "leicht steigen". Das Bevölkerungswachstum und die daraus resultierende steigende Nachfrage nach Agrarprodukten "dürfte etwas höher sein" als die Produktionssteigerungen in der Landwirtschaft.

In Österreich werden bis 2025 durch Umwidmung in Bauland die Agrarflächen um sieben Prozent schrumpfen. Allein um diesen Verlust auszugleichen, muss mehr produziert werden.

Studienautor Franz Sinabell hält eine "radikale Kostensenkung" in vielen Bereichen der Landwirtschaft für notwendig. Wenn die Preisdifferenz zwischen Agrarprodukten im Inland und im Ausland zu hoch wird, dann wird der Lebensmitteleinzelhandel verstärkt im Ausland einkaufen. Das war es dann mit "kauft regional".

Die ökonomischen Rahmenbedingungen sind derzeit ungünstig für die Landwirtschaft. In den vergangenen Jahren sind die Preise für die agrarischen Produktionsmittel deutlicher gestiegen als die Erzeugerpreise. Das könnte sich durch die höhere Nachfrage ändern.

Antworten

Generell wird die Höhe der Förderungen "eher weniger". Wie also muss der Agrarbereich organisiert werden, damit die kommenden Jahre bewältigt werden können?

In der Studie finden sich zwei Antworten. Betriebe in ungünstigen agrarischen Produktionsanlagen wie etwa Bergbauern sollen versuchen, mit Direktvermarktung und Tourismus zusätzliche Einnahmen zu lukrieren. Auch die Forstwirtschaft kann ein zusätzliches Standbein sein, weil dort die Einnahmen stärker steigen als in der Landwirtschaft.

In den Regionen mit günstigeren Lagen für die Landwirtschaft "ist der Strukturwandel besonders stark". In Gunstlagen gibt es weniger Förderungen. Dort werden mehr Betriebe schließen und die Betriebsgrößen am deutlichsten wachsen. Wenn die Hektarerträge niedrig sind, brauchen die Bauern mehr Fläche, um die zum ökonomischen Überleben notwendigen Einkünfte zu erzielen. Der Strukturwandel zu weniger, aber größeren Betrieben sichert jenen, die übrig bleiben, ihre Existenz.

Das waren noch Zeiten, als es ums Eck noch einen Greißler gab. Dort konnte man mit der Oma einkaufen gehen und mit dem Verkäufer über Gott und die Welt plaudern. Schön war das.

Aber die Zeiten haben sich geändert, den Greißler ums Eck gibt es nicht mehr. Das Geschäft hat schon lange zugesperrt. Es gab zu wenig Kunden und zu wenig Umsatz. Eingekauft wird längst im Supermarkt. Dort sind die Preise niedriger und das Angebot ist größer. Auch die Oma will nicht immer mehr bezahlen. Die Konsumenten haben mit ihrem Einkaufsverhalten eine klare Entscheidung für den Supermarkt getroffen.

Das waren noch Zeiten, als es viele kleine Bauernhöfe gab. Schön war das. Zumindest in der nostalgischen Verklärung. Aber der Wille zur ländlichen Idylle ist kein ökonomisches Modell. Im Lebensmitteleinzelhandel zählt der Preis. Wer für seine Produkte mehr verlangt als die Konkurrenz, bleibt übrig. Betriebe, die nicht mehr mithalten können, sperren zu. Seit Jahren sinkt die Zahl der bäuerlichen Betriebe. Das ist hart für viele Bauern, die davon betroffen sind.

Aber daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Egal, welche vollmundigen Versprechungen auch immer gemacht werden. Denn die Entscheidung, wer am Markt übrig bleibt, liegt allein bei den Konsumenten. Es gibt keinerlei Hinweis darauf, dass sich das Einkaufsverhalten wesentlich ändern wird. Egal, ob es die Greißler betrifft oder die Bauern.

andreas.anzenberger@kurier.at

Die Professionalisierung in der Landwirtschaft schreitet voran. Der EU-Agrarmarkt garantiert den freien Warenverkehr. Teile der Agrarproduktion werden an Warenterminbörsen gehandelt. Es ist nicht ganz so einfach, bei den vom Markt ableitbaren Preisdifferenzen den Durchblick zu bewahren. Außerdem verändern technische Hilfsmittel wie Drohnen die Anforderungen an die Landwirte. Dazu kommen geänderte Erwartungshaltungen der Konsumenten. Sie wollen wissen, wo die Lebensmittel herkommen und wie sie produziert wurden. In welchen Bereichen die Bauern die größten Probleme sehen, hat eine Umfrage von Key-Quest Marktforschung erhoben. Dass die Bürokratie ziemlich weit oben steht, ist kein Wunder. Kleinere Betriebe tun sich schwer mit den Vorgaben für die Zertifizierung von Agrarprodukten. Alles online Die Vorgaben für Förderungen sind ein Kapitel für sich. „Bis spätestens 2025 sollen Online-Anträge in der Förderabwicklung Standard sein“, lautet die Vorgabe von Landwirtschaftskammer-Generalsekretär Josef Plank. Auch stabile Rahmenbedingungen für die Produktion stehen ganz oben auf dem Wunschzettel. Es dauert ja auch viele Jahre, bis sich Investitionen in den Agrarbereich amortisieren. Mit den immer komplexeren Aufgaben steigen auch die Anforderungen an die Beratungsleistungen. Plank spricht vom „ Trend zur Spezialisierung“. Dazu kommen neue Rahmenbedingungen durch den Klimawandel. „Es geht dabei um die großen Bereiche Tierhaltung, Pflanzenzucht und die richtige Auswahl der Baumarten in der Forstwirtschaft.“

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