Künstliche Intelligenz soll ab 2020 ein Lehrberuf werden
Es sei „fünf vor zwölf“, warnt Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP). Österreich habe es bisher verabsäumt, einen Fokus auf Künstliche Intelligenz (KI) zu legen – das hätten uns zwanzig Industrieländer, von Mexiko bis Indien, voraus. Deshalb seien jetzt in Österreich 140 Experten dabei, eine Nationale Strategie für KI auszuarbeiten. Bis August, zu den Technologiegesprächen im Tiroler Alpbach, soll diese fertig sein, inklusive geplanter Fördermaßnahmen.
KI sei eine Schlüsseltechnologie für die Wettbewerbsfähigkeit, sagt Schramböck: „Daten sind das neue Öl, und Künstliche Intelligenz ist die neue Elektrizität.“
Frage der Definition
Aber was ist damit überhaupt gemeint? Und seit wann sind Maschinen „intelligent“? Im engeren, menschlichen Sinne sind sie das natürlich (noch) nicht. Die Beratungsfirma Accenture versteht den Begriff Künstliche Intelligenz in ihrer Studie zu dem Thema aber sehr breit.
Deshalb fallen darunter nicht nur selbstlernende Systeme, sondern intelligent ist demnach schon ein Chat-Roboter, der sprachliche Anweisungen versteht und den Anwender durch eine Betriebsanleitung leiten kann.
Industrie und Handel
Oder es zählen dazu Bilderkennungssysteme, die in der industriellen Fertigung schadhafte Produkte automatisch erkennen und ausscheiden. Oder Roboter, die dank sensibler Sensoren ohne Kollisionsgefahr „Hand in Hand“ (bzw. Greifarm) mit Menschen arbeiten. Die Grenzen zu artverwandten Themen wie Big-Data-Analyse, Robotics, Industrie 4.0, virtuelle Realität oder Kybernetik sind also fließend.
Das große Manko in Österreich sei, dass KI bisher nur bei den Leitbetrieben Anwendung finde, aber nicht bei der Vielzahl der Klein- und Mittelbetriebe. Dabei könnte mit KI die Produktivität der Beschäftigten um 30 Prozent gesteigert werden, glaubt Accenture-Österreich-Chef Michael Zettel. Mit dem umfassenden Einsatz von Künstlicher Intelligenz ließe sich Österreichs Wirtschaftswachstum bis 2035 jährlich auf 3 Prozent verdoppeln – verglichen mit „normalem“ Wachstum von 1,4 Prozent.
Besonders großes Effizienzsteigerungspotenzial sieht Accenture in der Industrie, gefolgt von der Landwirtschaft, Handel, Logistik und Finanzdiensten. Eher geringe Steigerungen seien hingegen bei Kunst, Unterhaltung und Erholung oder im Bildungswesen möglich.
Aber was würde der vermehrte Maschineneinsatz für unsere Jobs bedeuten? „Die Art der Arbeit verändert sich, die Tätigkeiten werden interessanter“, sagt Zettel. Stupide Aufgaben, die sich ständig wiederholen, könnten Maschinen effizienter erledigen. Zettel ist überzeugt, dass die Beschäftigung „in Summe zunehmen wird.“
Karriere mit KI-Lehre
Schramböck kündigte am Donnerstag an, dass es ab 2020 in Österreich einen Lehrberuf Künstliche Intelligenz geben soll – zusätzlich zu weiteren neuen Lehrberufen wie eCommerce, Applikationsentwickler/Coding (Programmieren) oder Maschine-zu-Maschine bzw. Internet-of-Things (IoT), wie die Kommunikation von Maschinen untereinander genannt wird. Konkret sollen KI-Lehrlinge sollen laut Schramböck im Programmieren, der Datenaufbereitung und -analyse firm sein.
Dass solche eher allgemein gehaltenen Fertigkeiten am praktischen Bedarf der Betriebe vorbeizielen könnten, glaubt Schramböck nicht. Leitbetriebe würden ebenso nach KI-fitten Mitarbeitern gieren wie Start-ups. Die Firmen suchten dabei nicht nur Uni-Absolventen: Künstliche Intelligenz dürfe kein reines Elitenthema werden.
Für den neuen Lehrberuf "Applikationsentwicklung/Coding", der bereits ergriffen werden kann, finden sich im AMS-Portal aktuell österreichweit 16 offene Lehrstellen. In Wien sind es gerade zwei.
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