Telekomregulator: "Europa wäre innerhalb halben Tages ziemlich kommunikationslos"

Ein Mann mit Brille, Anzug und roter Krawatte gestikuliert vor einem Bild.
Kritische Infrastruktur: Klaus Steinmaurer über den Handymasten-Deal der A1, Dominanz chinesischer Netzausrüster und seltsame SMS.

Der KURIER sprach mit Klaus M. Steinmaurer, Geschäftsführer der Telekom-Regulierungsbehörde RTR, über die Abspaltung der Telekom-Funktürme, Risiken im heimischen Mobilfunknetz und seltsame Anrufe und SMS.

KURIER: Die A1 gliedert ihre Funkmasten in eine eigene Gesellschaft aus. Welche Auswirkungen hat das für den Telekom-Markt?

Klaus Steinmaurer: Der Deal hat einen Vorteil für die A1, aber zunächst gar keine Auswirkung auf den Staat oder die Konsumenten. Die Eigentumsverhältnisse bei der neuen Mastengesellschaft A2 bleiben ja gleich wie bei der A1. Und damit bleibt auch die Verfügungsgewalt über die Infrastruktur beim gleichen Eigentümer. Das ist bei Hutchison oder Magenta anders, da haben die Funkmasten inzwischen andere Eigentümer.

Warum macht die A1 das?

Es ist im Wesentlichen ein aktienrechtliches Manöver, um dem Unternehmen einen besseren Spielraum am Kapitalmarkt einzuräumen. Ein Netzwerk ohne Kunden ist mehr wert als ein Netzwerk mit Kunden.

Ein lächelnder Mann mit Brille, Anzug und roter Krawatte vor einem hellen Hintergrund.

Klaus Steinmaurer

In der Branche wird mit einem baldigen Verkauf der Mastenfirma gerechnet. . .

Mit dem Vorkaufsrecht für den Staat wurde das aber so abgesichert, dass sich da in den nächsten fünf bis zehn Jahren nicht viel tun wird. Es stellt sich die Frage nach einer allfälligen kritischen Infrastruktur daher gar nicht.

Zählen die Funkmasten überhaupt zur kritischen Infrastruktur?

Aus meiner Sicht sind sie nicht so kritisch, da es sich um passive Infrastruktur handelt. Es gibt in Österreich rund 20.000 Sendestationen, jeder Betreiber hat zwischen 6.000 und 8.000 Sites, viele Standorte werden geteilt. Es ist also genügend Infrastruktur für die Versorgung vorhanden. Fällt ein Mast aus, kann ein anderer einspringen. Viel kritischer sind die Antennen, die Frequenzen und die Systemtechnik. Wenn wir über kritische Infrastruktur reden, müssten wir beim Glaserfasernetz ansetzen.

Es stellt sich die Frage nach einer kritischen Infrastruktur gar nicht

von Klaus Steinmaurer

Ein Mobilfunkmast mit verschiedenen Antennen vor einem grauen Himmel.

5G-Mobilfunkstation

Warum?

Weil das Glasfasernetz viel schwerer duplizierbar ist als ein Sendemast. Da bräuchte es im Risikofall, etwa bei einem Blackout, durchaus ein Sicherheitsnetz, damit alle wesentlichen Institutionen für die Aufrechterhaltung des Staates miteinander kommunizieren können. Früher gab es einmal so ein Staatsgrundnetz. Da müssen wir uns tatsächlich etwas überlegen.

Ein Mann mit Brille, Anzug und roter Krawatte gestikuliert während eines Gesprächs.

Da bräuchte es im Risikofall, etwa bei einem Blackout, durchaus ein Sicherheitsnetz

von Klaus Steinmaurer

Wie lange könnte bei einem größeren Blackout die Kommunikation in Österreich aufrecht erhalten werden?

Bei einem großflächigen Stromausfall in Europa ist man wahrscheinlich innerhalb eines halben Tages ziemlich kommunikationslos. Die Mobilfunkmasten sind da wirklich noch das geringste Problem. Nur über Kupferleitungen, die aber durch Glasfaser ersetzt wurden, könnte die Verbindung länger aufrecht erhalten werden. Wir brauchen daher ein Gesamtkonzept für die kritische Telekom-Infrastruktur.

Ein Mann hält bunte Glasfaserkabel in der Hand, im Hintergrund ein offener Graben.

Glasfaser-Ausbau in Österreich

Als Risiko für das Mobilfunk-Netz gilt auch die Dominanz der chinesischen Netzwerkfirmen Huawei oder ZTE. Wie sieht es da derzeit in Österreich aus?

Da fand inzwischen eine stärkere Diversifizierung statt und die Betreiber stellen sich breiter auf. So schreibt es auch die Netzsicherheitsverordnung vor. Die große Dominanz der Chinesen ist definitiv im Abflachen.

Ohne China-Equipment geht es derzeit aber nicht, oder?

Kurzfristig nein, mittel- und langfristig wird es sicher möglich sein, auf andere Hersteller aus den USA oder Europa umzusteigen.

Konsumenten ärgern sich über die vielen Fake- und Betrugs-SMS. Wieso kriegt die Branche die Problematik nicht endlich in den Griff?

Das ist ein permanentes Löcher-Stopfen. Die Betrüger schnappen sich irgendwelche Fantasienummern und verschicken SMS. Aufgrund der Zusammenschaltungsverträge müssen die Betreiber die SMS zustellen. Da werden 10.000 SMS verschickt und wenn nur ein paar darauf reinfallen, haben Betrüger schon ein Geschäft gemacht.

Müssten die Netzbetreiber nicht mehr in die Pflicht genommen werden?

Sie tun bereits alles, was technisch möglich ist. Aber sie können nicht jede einzelne Nummer überprüfen. In Deutschland darf seit kurzem bei Anrufen aus ausländischen Netzen keine deutsche Handynummer mehr angezeigt werden. Das wollen wir auch bei uns entsprechend umsetzen, aber ich kann noch kein Datum nennen.

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