Kreditnehmer profitieren von niedrigen Zinsen
Jede Medaille hat zwei Seiten. Dieser Sinnspruch trifft auch auf die historisch tiefen Zinsen in der Eurozone zu. Während die Sparer darunter leiden, haben die Kreditnehmer Grund zur Freude. Laut Berechnung der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) mussten private Kreditnehmer im dritten Quartal 2016 um 1 Mrd. Euro weniger Zinsen zahlen als im vierten Quartal 2008. Bei Firmen machte die Differenz 1,2 Mrd. Euro aus. Die Republik musste 17 Milliarden weniger für Anleihezinsen ausgeben.
"Es kommt zu einer Umverteilung von älteren Menschen, die eher Sparguthaben haben, zu jungen Menschen, die eher Kredite aufnehmen", sagt OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny. Dies sei durchaus wünschenswert, da es in der Gesellschaft ohnehin viele Umverteilungseffekte von Jung zu Alt gebe. Auch werde die gesamtwirtschaftliche Entwicklung stabilisiert. Unternehmen könnten im Ausmaß ihrer Zinsersparnis investieren oder umschulden. Die Umverteilung sei zwar eine indirekte Folge, aber kein Ziel der Europäischen Zentralbank, die für die Leitzinsen in der Eurozone verantwortlich ist.
Geldentwertung
Für die Sparer hat die EZB-Politik freilich negative Folgen. Im Vorjahr wurden täglich fällige Einlagen im Durchschnitt um 0,9 Prozent weniger wert. Die Situation wird sich heuer noch verschärfen, da die Inflationsrate steigt, die Zinsen aber weiter tief bleiben. Eigentlich müsste die EZB die Zinsen im Euroraum auf knapp zwei Prozent anheben. Wegen der nach wie vor instabilen finanziellen Situation einiger Mitgliedsländer ist dies aber bis auf Weiteres nicht in Sicht.
Nowotny weist darauf hin, dass es in den vergangenen Jahrzehnten aber schon öfters zu einer realen Geldentwertung auf Sparbüchern kam, auch wenn die Zinsen bei bis zu sechs Prozent lagen. "Psychologisch ist aber die nominelle Zinsrate wichtig", gibt er zu.
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