Krach um Brenner-Basistunnel: Es geht um 966 Millionen Euro
Die Brenner-Basistunnel SE droht einer Arge um den Baukonzern Porr wegen technischer Differenzen mit einer Vertragsauflösung, Porr-Chef Strauss hat BBT-Aufsichtsräte alarmiert.
Beim Bau des 9,3 Milliarden Euro teuren Brenner Basistunnel (BBT) dürfte es zu weiteren Verzögerungen kommen. Die Fertigstellung soll nicht 2028, sondern erst 2030 erfolgen. Laut Insidern könnte auch dieser Termin wackeln.
Morgen, Donnerstag, kommt es zu einer Aufsichtsratssitzung der Brenner Basistunnel (BBT) SE, bei der es hoch hergehen dürfte. Denn der Vorstand der BBT soll dem Aufsichtsgremium die Auflösung des Vertrages mit der Arbeitsgemeinschaft H51 Pfons-Brenner vorschlagen. Sie baut das 37 Kilometer langen Herzstück des Haupttunnels.
Dieses Baulos wird von einer Arbeitsgemeinschaft aus der Porr AG, der Porr-Tochter Hinteregger & Söhne und zwei italienischen Baukonzernen betrieben. Baubeginn war im Spätherbst 2018. Als Bauzeit wurden 74 Monate veranschlagt. Das Netto-Auftragsvolumen beträgt 966 Millionen Euro. Nun hat sich Porr-Chef Karl-Heinz Strauss im Vorfeld der Sitzung in einem Schreiben an den Aufsichtsrat der BBT gewandt, in dem die ÖBB und das Verkehrsministerium vertreten sind.
Strauss hält die angedrohte Vertragsauflösung für einen „schwerwiegenden Schritt, der durch nichts gerechtfertigt ist“. Fakt ist: Beim Baulos Pfons-Brenner gibt es technische Differenzen zwischen der Porr-Arge und der BBT. Im Mittelpunkt stehen sogenannte Tübbinge, die Außenringe des Tunnelschachts. Laut Porr soll der Tübbing in der Ausschreibung fehlerhaft sein, weil zu dünn.
Unterschiedliche Vorgaben
Seit Monaten wird um eine Lösung gerungen. Aber der Karren ist völlig verfahren. „Wir stehen auf dem technischen Standpunkt, dass der vertragliche Tübbing mit einer Dicke von 40 cm nicht die vertraglichen Lasten von 960 bis 2.200 Kilopascal tragen kann“, schrieb die Arge im September an die BBT. „Letztlich gibt es aus technischer Sicht nur zwei Möglichkeiten: entweder wird der Tübbing dicker oder die Last wird reduziert.“
Die Arge führt auch ins Feld, dass auf italienischer Seite Tübbinge mit einer Stärke von 45 cm, aber mit geringeren Traglasten (400 bis 700 Kilopascal) gebaut werden. Derselbe Berg, aber unterschiedliche Vorgaben und Sicherheitsbestimmungen?
Indes soll die BBT-Führung die notwendige Anpassung der Tübbingdicke oder der Lastvorgaben beim Baulos H51 Pfons abgelehnt haben. Sie fürchtet, dass dickere Tübbinge Mehrkosten verursachen.
Zugleich erhebt sie schwere Vorwürfe gegen die Porr-Arge. Laut BBT soll sich die Arge seit fast zwei Jahren weigern, ihre vertraglichen Pflichten (…) und damit das vereinbarte Tübbingsystem zu erfüllen.
Die Arge wird der „Leistungsverzögerung und Leistungsverweigerung“ bezichtigt. Als letzte Konsequenz kündigte die BBT-Geschäftsführung Mitte September der Arge eine Vertragsauflösung an, falls die Arge bis 5. Oktober keine tragfähige Gesamtlösung anbiete.
Die Porr-Arge bestreitet die Vorwürfe. „Wir sind leistungsbereit und wollen gemeinsam mit unserem Auftraggeber, der BBT SE, dieses Projekt zu einem erfolgreichen Ende bringen. Eine Vertragsauflösung würde nur zu einem weiteren Bauzeitverzug und Mehrkosten in beträchtlicher Höhe führen“, schrieb Porr-Chef Strauss am Montag dieser Woche an den BBT-Aufsichtsrat. Außerdem sehe sich die Arge gezwungen, „Ansprüche aus der ungerechtfertigten Kündigung rechtlich geltend zu machen“.
Keine Stellungnahme vor AR-Sitzung
Strauss verweist auch auf ein Schreiben vom 5. Oktober, in dem die Arge der BBT „in allen Punkten entgegengekommen sei, soweit das technisch nur irgendwie möglich ist“. „Wir haben auch Lösungen ohne Mehrkosten angeboten“, schreibt Strauss. „Es geht hier nämlich vorrangig um die Lösung technischer Probleme und nicht um Mehrkostenforderungen.“ Die Porr hat nun „eine kostenneutrale Lösung mit einem 40 cm dünnen Tübbing vorschlagen, der 850 bis 1.200 Kilopascal Lasten tragen kann“. Bisher soll die Arge noch keine Antwort vor der BBT SE erhalten haben.
Auf einen KURIER-Anfrage teilt die BBT SE mit: "Die BBT SE wird zum Baulos H51 Pfons-Brenner keine Stellungnahme vor der nächsten Aufsichtsratssitzung abgeben.“ Der Ball liegt beim BBT-Aufsichtsrat.
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