Konzessionen: Hochspannung unter den Glücksrittern
Andrea Hodoschek
07.12.24, 05:00Nicht gut fürs Image. Ausgerechnet knapp vor der Neu-Ausschreibung der Glücksspiel-Lizenzen, bei der sich jeder Anbieter von seiner besten Seite präsentieren will, poppt bei den Casinos Austria das Thema Geldwäsche auf.
Die Financial Action Task Force (FATF) führt derzeit eine routinemäßige Länderprüfung Österreichs durch, bestätigt man im Finanzministerium. Alle relevanten Wirtschaftsbereiche, darunter auch Glücksspiel, würden auf Einhaltung der Geldwäsche-Standards geprüft.
Der teilstaatliche Glücksspielkonzern Casinos Austria (mit dem tschechischen Mehrheitseigentümer Allwyn) musste 1,2 Millionen Datensätze der letzten drei Jahre öffnen. Nicht, dass die 12 heimischen Standorte in großem Stil als Waschmaschinen für unsaubere Gelder benutzt würden, aber es ergab sich doch Handlungsbedarf.
Man habe diverse Maßnahmen gesetzt, „um die bereits bestehenden hohen Anti-Geldwäsche-Standards noch weiter zu verbessern“, bestätigt Casag-Sprecher Patrick Minar gegenüber dem KURIER. Seit Kurzem gebe es ein „erweitertes Prozedere bei der Eingangs-Registrierung“. Bis auf Weiteres sei es auch nicht möglich, direkt an den Spieltischen Bargeld in Jetons zu wechseln.
Kein Bargeld mehr an den Tischen, das goutieren vor allem intensiv spielende Gäste nicht sehr. Doch die oft hohen Beträge brachten den Casinos immer wieder die Kritik mangelnder Transparenz ein.
Versäumnis der Politik
In der Glücksspielbranche ist die Nervosität derzeit beinahe greifbar. Die Konzessionen für die 12 Casinos und die Lotterien, an denen die einzige Online-Lizenz hängt (siehe rechts), beginnen 2027 auszulaufen. Ex-ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner ging 2022 in der Beantwortung einer Neos-Anfrage angesichts der Komplexität von vier Jahren aus. Eine unabhängige Behörde, die künftig die Vergabe übernehmen solle, sei „fertig konzeptioniert“.
Heute, vier Jahre später, wird die Ausschreibung Job der neuen Regierung, die Behörde gibt es nach wie vor nicht. Brunner und die Grünen schoben einander permanent die Verantwortung dafür zu. Die neue Regierung hat jetzt zwar wesentlich wichtigere Themen, muss aber das Glücksspiel rasch lösen.
In der Branche geht man davon aus, dass diesmal wettbewerbsfreundlicher ausgeschrieben wird. Also die Casinos nicht mehr in 6er-Paketen, sondern möglicherweise einzeln, definiert nach Regionen. Allwyn habe keine große Lust aufs Casinos-Geschäft und würde sich mit weniger Standorten begnügen, hört man. Für Velden wurde angeblich schon am Immobilienmarkt sondiert. Das defizitäre Baden könnte an die dort präsente Novomatic gehen. Nur Wien und Bregenz, verantwortlich für zwei Drittel der Umsätze, bringen Gewinne.
Nicht anzunehmen, dass die Casag die Lotto-Konzession verliert, das wäre eine Katastrophe für den Konzern. Daher wird alles aufgeboten, was möglich ist. Lobbyisten haben derzeit Hochkonjunktur, alleine die Casag beschäftigt drei Agenturen – jeweils eine für ÖVP, SPÖ und FPÖ. Dass ausgeschrieben wird, ist ein Fortschritt. Jahrzehntelang wurde still und heimlich einfach verlängert.
Die Casag will sich um alle Konzessionen bewerben. Novomatic hält sich noch bedeckt. Sobald Zeitpunkt und Umfang der Ausschreibung vorliegen, werde man entscheiden.
Bewerber
Ins Rennen gehen will Austrotainment, eine Gruppe erfahrener Glücksspielprofis, großteils einst bei den Casinos. Sie würden sich um mehrere Standorte bewerben und haben Marcel Fabian an Bord, den Sohn des Interwetten-Gründers.
Genannt werden noch Francaise des Jeux, die deutsche Gauselmann-Gruppe und IGT, einer der weltweit größten Gambling-Konzerne. Auch Alexander Schütz, C-Quadradrat-Chef, Kurz-Spender und Freund von Ex-Wirecard Braun, will mitspielen.
Online: Steuer-Milliarde
Online-Glücksspiel wird immer beliebter. Entfielen 2013 nur 14 Prozent des EU-Marktes auf Zocken im Web, waren es 2020 bereits 40 Prozent, Trend stark steigend. Besonders stark wächst das Online-Geschäft in regulierten Märkten, ergab eine BDO-Studie. Das sind Länder, die mehrere Lizenzen ausgeben, die Anbieter aber strengen Regeln unterliegen.
Österreich ist einer der wenigen Monopol-Märkte in der EU, der Brutto-Spielertrag (Einsätze minus Gewinne) wird auf 725 Millionen Euro geschätzt. Bis 2027 werden laut der Studie fast 57 Prozent der Spieler hierzulande online ohne Regulierung zocken, warnt Thomas Forstner, Generalsekretär der Vereinigung für Wetten und Glücksspiel (OVWG).
„Gesetz extrem dünn“Online ist in Österreich an das Monopol der Lotterien (win2day) gebunden. „Das Glücksspielgesetz ist extrem dünn, was das Internet betrifft“, sagt Florian Sauer, Österreich-Chef von Entain (bwin, PartyPoker). Er kritisiert die Dreifach-Rolle des Finanzministeriums: Steuern, Regulator und Miteigentümer bei der Lotto-Mutter Casinos, und urgiert eine unabhängige Behörde.
Neben win2day sind in Österreich Unternehmen mit EU-Lizenzen, meist in Malta, im Spiel. Diese sind in Österreich zwar nicht erlaubt, zahlen aber Steuer. Dann gibt’s noch Schwarzmarktanbieter aus Übersee.
„Mit einer modernen Regulierung des Online-Glücksspielmarktes könnten wir jährlich 200 Millionen Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen generieren. Das entspricht über die Legislaturperiode einer Milliarde“, rechnet Forstner vor. Derzeit würden dem Staat 67 Millionen Steuern aus Schwarzmarkt-Umsätzen entgehen.
Der Schwarzmarkt-Anteil könnte drastisch gesenkt werden, wie sich in Dänemark gezeigt habe. Auch der Spielerschutz könne besser geregelt werden. In Österreich gebe es bis heute keine Sperrdatei für Problem-Spieler.
Finnland arbeite an einem Regulierungsmodell, „Österreich bleibt bald neben Polen als Schlusslicht in Europa zurück“ (Forstner).
win2day konnte den Marktanteil seit 2018 durch verstärktes Marketing von 50 auf 60 Prozent steigern.
andrea.hodoschek@kurier.at
Kommentare