Hofburg-Kandidatin Griss zur Streitschlichterin bestellt
In der neuen Küche funktionierte so gut wie nichts: Die Schublade klemmte, die Wandpaneele lösten sich und die Küchenfronten waren ebenso falsch montiert wie die Lampen. Frau K. weigerte sich, den vollen Kaufpreis von 16.390 Euro zu zahlen, und forderte vom Möbelhändler eine Kaufpreisminderung von 2700 Euro. Der Händler bot ihr jedoch nur 300 Euro, also musste ein Streitschlichter her. Um Fälle wie diese kümmert sich die neue, unabhängige Verbraucherschlichtungsstelle. Die zweijährige Pilotphase wurde Anfang Jänner in den Dauerbetrieb übergeführt.
"Wie lange sie hier dabei sein wird, entscheidet das Wahlergebnis"
Als oberste Streitschlichterin bestellte Sozial- und Konsumentenschutzminister Rudolf Hundstorfer schon 2013 Ex-OGH-Präsidentin und nunmehrige Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss. Sie legte zwar im Dezember die Leitung der Stelle zurück, wurde jetzt aber als eine von zwei Streitschlichtern für drei Jahre fix bestellt. "Wie lange sie hier dabei sein wird, entscheidet das Wahlergebnis", meinte Hundstorfer anlässlich der Eröffnung der Schlichtungsstelle in der Wiener Mariahilfer Straße.
Griss, die nicht anwesend war, wird ihren Schlichter-Job nebenberuflich ausüben, ein weiterer Jurist hauptberuflich. Dazu kommen zwei Sachbearbeiterinnen. Die Kosten für die Verbraucherschlichtung betragen 500.000 Euro pro Jahr.
Im Vorjahr wurden im Zuge der Pilotphase 400 Streitfälle behandelt, 70 Prozent konnten erfolgreich geschlichtet werden. Der Großteil der Fälle betraf Fremdwährungskredite. Im oben erwähnten Fall von Frau K. bot der Möbelhändler letztlich 600 Euro Preisnachlass an.
Auffangnetz
Die Verbraucherschlichtung fungiert als Auffangnetz für all jene Fälle, die von den bestehenden sieben staatlich anerkannten Schlichtungsstellen – von Energie über Post und Telekom bis zum Internet-Ombudsmann– nicht behandelt werden. Darunter fallen etwa Fremdwährungskredite, Pauschalreisen, Gewährleistungs- und Garantiestreitigkeiten oder Versicherungen. Ausgenommen ist der öffentliche Gesundheits- und Bildungsbereich. Es wird auch keine Rechtsberatung angeboten.
Konsumenten können ihren Fall kostenlos per Formular auf verbraucherschlichtung.at melden. Danach läuft ein dreistufiges Verfahren. Zunächst wird das Unternehmen kontaktiert und um eine Stellungnahme zum Lösungsvorschlag des Konsumenten ersucht. Gelingt das nicht, wird vermittelt. Scheitert auch dieser Versuch, landet der Fall quasi in letzter Instanz auf dem Schreibtisch von Streitschlichterin Griss.
Ziel ist es, die Fälle binnen 90 Tagen zu erledigen. Mit der außergerichtlichen Einigung werden nicht nur die Gerichte entlastet, Unternehmen und Konsumenten sparen sich auch Kosten. Die Schlichtungsstelle würde sich daher wünschen, dass die Wirtschaftskammer (WKÖ) ihre Mitglieder über diese Möglichkeit der außergerichtlichen Streitbeilegung noch besser informiert.
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