Konsum-Boykott: "Treffen, wo es Amerika wehtut"

Black Friday shoppers pour into the Valley River Center mall for the Midnight Madness sale Friday, Nov. 23, 2012 in Eugene, Ore. For decades, stores have opened their doors in wee hours of the morning on the day after Thanksgiving known as Black Friday. But this year, that changed when major chains from Target to Toys R Us opened on Thanksgiving itself, turning the traditional busiest shopping day of the year into a two-day affair. (Foto:The Register-Guard, Brian Davies/AP/dapd)
Als Protest gegen Polizeigewalt wollen US-Bürger den Einkaufstrubel auslassen.

Erst der Truthahn, dann der Kaufrausch: So will es die Tradition in den konsumverrückten USA. Black Friday heißt der Tag nach Thanksgiving, der zugleich das Weihnachtsgeschäft einläutet. (Nicht zu verwechseln mit dem Börsencrash von 1929 – der fiel auf einen Donnerstag). Der „Schwarze Freitag“ ist einer der umsatzstärksten Tage des Jahres. 140 Millionen US-Kunden würden heute die Läden stürmen: So hatte es die Branchenorganisation National Retail Federation noch vor wenigen Tagen erwartet. Doch jetzt bangen die Händler um ihr Geschäft.

Nach Ferguson-Urteil

Viele US-Bürger haben nämlich anderes im Kopf, als die Einkaufstaschen zu füllen. Aufrufe wie #NotOneDime (Nicht einen Cent) oder #BoycottBlackFriday (Boykottiere den Schwarzen Freitag) verbreiten sich rasend schnell auf Twitter, Facebook und Co. Nach dem umstrittenen Urteil gegen den Todesschützen von Ferguson empfinden viele Afro-Amerikaner den inszenierten Konsumrausch als Hohn. Sie wollen Black Friday dem Andenken an den erschossenen schwarzen Teenager Michael Brown widmen.

Die Handelsriesen trifft das auf dem falschen Fuß. Üblicherweise übertreffen einander Wal-Mart, Target, Macy’s oder Kohl’s nämlich mit Rabattschlachten und Gewinnspielen oder lassen schon um Mitternacht die Rollbalken hoch. Doch was tun, wenn der Aufruf zur großen Schnäppchenjagd plötzlich völlig daneben wirkt?
Dabei schienen die Vorzeichen für Umsatzrekorde perfekt: Die Spritpreise tief wie nie, die US-Börsen auf Höchstständen, die Arbeitslosigkeit auf dem Rückzug – somit fühlen sich US-Bürger wohlhabend wie lange nicht.

Das Konsumbarometer der Universität von Michigan zeigte für November 88,8 Punkte an. Ein Wert, der zuletzt vor sieben Jahren, also vor Ausbruch der Finanzkrise, erreicht wurde. Dass die US-Wirtschaft heuer um robuste 2,2 Prozent wachsen dürfte, ist vor allem den Spendierhosen der Bürger zu verdanken: Der private Konsum macht 70 Prozent der US-Wirtschaftsleistung aus.

Emotionale Videos

Doch kurz bevor die Rollbalken für Black Friday hochgingen, meinte es nicht einmal mehr der Himmel gut: Ein Schneesturm legte viele Verkehrsverbindungen im Nordosten des Landes lahm. Viele Straßen waren vereist, Hunderte Flüge fielen aus.

Drastischer noch ist der Sturm der Empörung. Mit aufrüttelnden Videos macht das Netzwerk „Blackout for Human Rights“ Stimmung für den Aktionstag. Untermalt mit „Die wundervollste Zeit des Jahres“ zeigt es brutale Übergriffe von Sicherheitskräften sowie Angehörige von Polizeiopfern. „Zeige, was du wert bist“, lautet der Aufruf. Der Protest soll „Amerika dort treffen, wo es wehtut“ – mit Konsumverzicht.

Prominente Unterstützer

Der Aufruf wird von einigen Promis unterstützt: Hip-Hop-Unternehmer Russel Simmons machte sich ebenso für den Boykott stark wie die Schauspielerin Kat Graham. „Wir haben die Macht, unsere Nation zu verändern“, schrieb die Darstellerin aus der Fernsehserie „Vampire Diaries“ im Kurzbotschaftendienst Twitter. Der aus der Krankenhausserie „Grey's Anatomy“ bekannte Schauspieler Jesse Williams twitterte sinngemäß: „Ohne Gerechtigkeit kein Profit, die Mächtigen von Staat und Unternehmen sprechen nur die Sprache des Geldes, also lasst uns so mit ihnen sprechen.“

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