Felderer warnt vor großem Konjunkturpaket

APA8222468 - 12062012 - WIEN - ÖSTERREICH: Der frühere IHS-Chef Bernhard Felderer am Dienstag, 12. Juni 2012, im Rahmen der Veranstaltung "We refuse to participate in a recession" anl. der Verabschiedung des IHS-Chefs im Parlament in Wien. APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH
Wie groß darf ein Konjunkturpaket sein? Wirtschaftsforscher sind sich uneinig.

Die Politiker versprechen Konjunkturspritzen, und die Wirtschaftsforscher tun sich schwer mit der richtigen Bewertung. Am Sonntag warnte der Chef des Staatsschuldenausschusses Bernhard Felderer die Regierung davor, unter Einfluss der Alpine-Pleite allzu große Konjunkturpakete zu schnüren. „Wahlzuckerln zu verteilen ist kontraproduktiv, ab Herbst geht es mit der Konjunktur ohnehin wieder bergauf“, so Felderer. Der deutliche Wirtschaftsaufschwung in den USA werde unter anderem auch die Wirtschaft Deutschlands und Österreichs anschieben.

Ganz anders argumentiert Karl Aiginger, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), für den eine Ankurbelung der Investitionen – auf EU-Ebene – Gebot der Stunde sind. Er appelliert im Vorfeld des EU-Gipfels Ende dieser Woche für einen „dreifachen Strategiewechsel“ der europäischen Politik und stellt dabei die Stärkung von Investitionen und Konsum in den Mittelpunkt. Konkret fordert er, über die Europäische Investitionsbank „schnellstmöglich“ konkrete Projekte umzusetzen , um Arbeitsplätze zu schaffen. Stabile Hocheinkommensländer müssten wieder die Rolle des Wachstumsmotors in Europa übernehmen und vor allem in Zukunftsthemen wie Umwelt und erneuerbare Energien investieren. „Wenn Europa nicht wenigstens in einigen dieser Bereiche klare Signale setzt, könnte das Erwachen im Herbst bitter sein“, glaubt Aiginger.

Felderer hingegen appelliert an die Budgetdiszplin und spricht im Falle der Alpine von „Überkapazitäten am Bau“. Pleiten würden zur Marktwirtschaft gehören. Gewerkschafter Wolfgang Katzian bezeichnete Felderer deshalb als „ideologisches Mastermind der ÖVP“.

Industrie–Kritik an ÖGB

Heftige Kritik an den jüngsten Gewerkschaftsforderungen – von der Vermögens- bis zur Erbschaftssteuer, von der Fachkräftemilliarde bis zum Straf-Euro pro Überstunde – übt wiederum Industriepräsident Georg Kapsch. Zum KURIER sagte er: „Das Gewerkschaftspaket kostet die Wirtschaft 2,2 Milliarden Euro. Die Wirtschaft investiert in Österreich pro Jahr 3,3 Milliarden. Da überlegt man automatisch, wo man investiert und wo nicht mehr. Das wirkt wie eine Abwanderungspeitsche.“ Für prinzipiell interessant hält Kapsch hingegen das Bundesbahn-Modell einer Arbeitszeitreduktion bei gleichzeitigem Lohnverzicht. Das „Aber“ folgt auf den Fuß. Kapsch: „Wir dürfen aber nichts tun, was die Produktivität gefährdet. Die liegt im Jahr nur mehr bei 1,5 Prozent. Damit können wir nicht einmal den demografischen Wandel auffangen.“

Ein besonderer Dorn im Auge ist Kapsch die ÖGB-Forderung nach einer Fachkräftemilliarde für die Aus- und Weiterbildung. Finanzieren sollten diese die Unternehmen mit einem Prozent ihrer Lohnsumme. Kapsch glaubt nicht an die Wirkung so einer Aktion, sie würde „sofort verpuffen“. Außerdem erhöhe sie die Lohnnebenkosten. Das sei der falsche Weg, die Lohnnebenkosten gehörten gesenkt, der Faktor Arbeit entlastet. Dafür hat auch die IV ein umfangreiches Steuerreformkonzept vorgelegt. Darin findet sich interessanterweise die Forderung nach einer höheren Grundsteuer.

Spindelegger will "Entfesselung"

ÖVP-Chef Michael Spindelegger nahm in der ORF-Pressestunde (mehr dazu hier) am Sonntag den Ball der IV auf und plädierte für eine „Entfesselung“ Österreichs. Die SPÖ tue alles, um Wirtschaftstreibenden das Leben schwer zu machen. 100 Millionen Euro für ein Konjunkturpaket seien genug. SPÖ-Chef Werner Faymann will insgesamt 500 Millionen locker machen.

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