Schummel-Politik

Der Wähler ist bekanntlich das höchste Gut der Politik – zumindest vor der Wahl.

So ist es auch beim Diesel-Gipfel in Berlin: Jetzt, da die Wahl ansteht, soll das schmutzige Problem schnell einer sauberen Lösung zugeführt werden. Schließlich sind unter den Wählern 15 Millionen Diesel-Fahrer und die will man nicht mit Fahrverboten verprellen.

Dass dabei kein Quantensprung, sondern ein Gnadenakt herauskam, sollte niemanden verwundern: Die "Schlüsselbranche" sichert ja nicht nur gut zwei Millionen Jobs, sondern lebt auch deshalb so gut, weil die Politik ihre Hand über sie hält. Viele Manager saßen lang in CDU-, CSU- und SPD-Ministerien, bevor sie in die lukrative Autobranche wechselten. Und Schröder und Merkel höchstselbst lobbyierten in Brüssel für ihre Autobosse. Die Angst, dass Deutschland ohne seine Autoindustrie wirtschaftlich keine Führungsmacht mehr wäre, ist allzu groß.

Dass die Politik diesen Einfluss nicht dazu genutzt hat, die Konzerne zu mehr Nachhaltigkeit zu zwingen, ist darum doppelt bitter: Angetrieben war das Wegschauen nämlich immer von der Furcht, die Autoriesen seien "too big to fail". Das muss sich die Politik nun vorwerfen, wenn die Autobranche ins Strudeln gerät – und Jobs wie Wählerstimmen schwinden.

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