Hohe Inflation: "Es wäre einfach, wenn es nur einen Grund dafür gäbe"

Ex-ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher ist neuer OeNB-Gouverneur, er hat das Amt am 1. September von Robert Holzmann übernommen. Preisstabilität – und damit die Bekämpfung der Teuerung – ist die zentrale Hauptaufgabe der Österreichischen Nationalbank (OeNB). "Jetzt haben wir 4,1 Prozent Inflation, doppelt so viel wie im Euro-Schnitt. Was ist da schiefgegangen?", will ZIB 2-Moderator Armin Wolf am Dienstagabend zum Einstieg von seinem Gesprächspartner wissen.
Die 4,1 Prozent seien "viel zu hoch, das ist keine Frage," gesteht Kocher zu. Auch, warum in Österreich die Inflation so viel höher als in unseren Nachbarländern ist, lasse sich nicht so einfach beantworten. "Es wäre einfach, wenn es einen Grund dafür gäbe." Als Ursache nennt er dennoch die ansteigenden Dienstleistungspreise. Auch die Energiepreise seien bei uns stärker gestiegen als in anderen Ländern. Diese beiden Faktoren seien "im Moment die, die die Inflationsrate treiben."
Die Bundesregierung will nun die Inflation im nächsten Jahr auf 2 Prozent senken wird. "Aber dazu muss sie ja gar nichts tun, weil laut Prognose der Nationalbank vom Juni wird die Inflation nächstes Jahr ohnehin auf 1,8 Prozent sinken. Oder stimmt diese Prognose nicht mehr?" fragt Wolf nach. "Ich bin optimistisch, dass die Prognose jetzt nicht weit von der Frühjahrsprognose entfernt sein wird. Tatsächlich ist die Inflationsprognose für das nächste Jahr um einiges besser als für dieses Jahr," so Kocher.
Pensionserhöhung unter Inflationsrate "vernünftig"?
Ein großer Streitpunkt ist aktuell das Thema Pensionen, genauer gesagt die Erhöhungen selbiger. "Um die Inflation zu dämpfen und um das Budget zu schonen, will der Kanzler die Pensionen im Schnitt nur um 2 Prozent zu erhöhen, also deutlich unter der Inflationsrate. Wäre das vernünftig?", spricht Moderator Wolf den großen Themenbrocken an. Es "macht Sinn, hier sich Gedanken zu machen, um eben nicht auch nächstes Jahr höhere Inflationsraten zu haben als im Euro-Durchschnitt," bleibt Kocher vage. Seiner Meinung nach müsse man bei der Indexierung der Pensionserhöhungen "mehr differenzieren",
Den Beamten wiederum wurde von der letzten Regierung, der er selbst noch als Wirtschaftsminister angehört hat, für heuer eine Gehaltserhöhung über der Inflationsrate versprochen (0,3 Prozentpunkte) - ob das "nicht schlicht unverantwortlich" gewesen sei, möchte Wolf als nächstes wissen. "Ich war am Abschluss nicht persönlich beteiligt , das macht der Finanzminister und der Beamtenminister. Es war tatsächlich, angesichts der Prognose damals, etwas anders zu sehen. Im Nachhinein betrachtet hätte man aus meiner Sicht länger verhandeln sollen," lenkt Kocher ein.
Seiner Meinung nach würde es nun außerdem Sinn machen, die Löhne in der Privatwirtschaft unter der Teuerungsrate zu erhöhen, denn zu hohe Lohnabschlüsse hätten der heimischen Wirtschaftsleistung geschadet. "Wir haben alle geglaubt, dass das stärker in den Konsum fließt. Das ist nicht passiert."
Budget: "Man hätte mehr darauf schauen müssen"
Das schwierigste Problem für die aktuelle Regierung ist das große Budgetdefizit, das sie von der letzten Regierung geerbt hat. Hätte Kocher als gelernte Wirtschaftsforscher in der letzten Bundesregierung nicht warnend darauf hinweisen müssen? "Wir hätten in Rückschau tatsächlich früher darauf aufmerksam machen müssen, öffentlich noch viel stärker. Ich kann, glaube ich, für mich aber in Anspruch nehmen, dass wir gelegentlich darauf aufmerksam gemacht haben," entgegnet der jetzige OeNB-Gouverneur.
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