KMU im Faktencheck: Kleine Betriebe spielen immer größere Rolle

Unternehmernachwuchs entsteht vor allem in Kreativ- und Wissensberufen
Zum internationalen Tag der KMU: Österreichs Wirtschaft wird immer kleinteiliger und bunter. Die Grenzen zwischen Unternehmertum und Anstellung lösen sich auf.

Die meisten denken bei KMU an den Wirten ums Eck, den Installateur, Tischler oder Bäcker. Klein- und Mittelbetriebe (KMU)  werden nach wie vor als   traditionelle, eher konservative Familienbetriebe wahrgenommen. Ein Bild, das so nicht stimmt, ist doch die Gruppe größer und vielfältiger als viele glauben.  

In Österreich haben fast 329.000 Unternehmen weniger als 250 Beschäftigte und werden somit nach EU-Definition als KMU klassifiziert. Dies entspricht einem Anteil von 99,6 Prozent  aller  marktorientierten Unternehmen. Zwei Millionen Menschen sind hier beschäftigt, das sind mehr als zwei Drittel aller Erwerbstätigen. Im Schnitt hat ein KMU sechs Mitarbeiter.

Wie entwickelt sich die „Säule der heimischen Wirtschaft“, wie die KMU auch gerne genannt werden? Der KURIER nahm den aktuellen „Mittelstandsbericht 2018“  genau unter die Lupe.

Wachstum

Der Bericht zeigt eine stabile, positive Entwicklung. Im langfristigen Vergleich (2008 bis 2016)  stieg die Anzahl der KMU  um fast zehn Prozent, die Anzahl der Beschäftigten  um mehr als neun  Prozent. Der Output von KMU  bezüglich Umsatz, Bruttowertschöpfung und  Exporte  hat sich zweistellig erhöht (Werte siehe Grafik).  

KMU im Faktencheck: Kleine Betriebe spielen immer größere Rolle

Strukturwandel

Österreichs Wirtschaft wird immer kleinteiliger, die Mitte schrumpft. Schon 36 Prozent aller Unternehmen der marktorientierten Wirtschaft bestehen aus nur einer Person (EPU). Ihre Zahl stieg um 13 Prozent und damit wesentlich stärker als jene der KMU insgesamt. Der EPU-Anteil liegt zwar unter dem EU-Schnitt, weit vorne ist Österreich jedoch bei den hybriden Unternehmen. Jeder fünfte Selbstständige ist auch unselbstständig tätig – eine Herausforderung für die Sozialversicherung.

„Es gibt heute nicht mehr nur den typischen Unternehmer. Unternehmertum kann heute auch eine vorübergehende Phase im Erwerbsleben sein“, erläutert Karin Bachinger von der KMU Forschung Austria, die den Bericht im Auftrag des Wirtschaftsministeriums verfasste.

Dominante Branchen

Die Dominanz einiger weniger Branchen bröckelt, neue Betriebe entstehen vor allem bei wissensintensiven und kreativen Dienstleistungen. Aber: Der Tourismus ist nach wie vor viel bedeutender als in anderen EU-Ländern. 15 Prozent der KMU sind hier tätig, doppelt so viele wie im EU-Durchschnitt.

KMU im Faktencheck: Kleine Betriebe spielen immer größere Rolle

Finanzierung

Bei Kreditversorgung und öffentlicher Förderung liegt Österreich im EU-Vergleich gut, Lücken gibt es aber beim Risiko- und Wachstumskapital. Vor einigen Jahren wurden alternative Finanzierungsformen wie Crowdfunding gesetzlich erleichtert, hier gibt es aber noch Aufholbedarf.

Internationalisierung

Österreich ist als Exportnation bei der Internationalisierung im EU-Vergleich gut positioniert. So exportieren 15 Prozent der KMU in Nicht-EU-Länder, EU-weit sind es nur zehn Prozent. Vor allem Start-ups sind international ausgerichtet. Möglich wird das auch durch Förderungen. Das Wirtschaftsministerium verlängert jetzt die speziell für KMU aufgelegte Förderaktion „Go-International“. Bis 2021 fließen 25,6 Mio. Euro in die Stärkung der Außenwirtschaft.

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Fachkräftesicherung

Die Anzahl der Lehrlinge bei KMU ging seit 2008 um 30 Prozent (!) zurück, weit stärker als in der Gesamtwirtschaft mit 23 Prozent. Seit dem Vorjahr steigen die Lehrlingszahlen wieder leicht, der Fachkräftemangel bleibt aber akut. „KMU kämpfen hier gegen Großunternehmen mit geringeren Ressourcen und Bekanntheitsgrad um die besten Köpfe“, so Bachinger. Die Überarbeitung bestehender Lehrberufe und die Einführung neuer wurde bereits in Angriff genommen. Erleichterung erwarten sich die KMU auch durch die Anpassung der Mangelberufsliste.

Ungeklärte Nachfolge

Bis 2027 steht jedes vierte KMU, das sind immerhin 41.700 Betriebe, vor der Herausforderung, eine/n Nachfolger/in zu finden. Die Suche wird schwieriger, weil immer weniger eigene Kinder übernehmen wollen.

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