Monatelang wurde verhandelt – doch die EU und China kamen einander bei zwei großen Streitpunkten keinen Millimeter näher. Die EU-Kommission in Brüssel verschärfte daher am Mittwoch ihre Gangart und beantragte bei der Welthandelsorganisation (WTO) die Einrichtung zweier Schiedsgerichte. Diese könnten spätestens Ende Jänner ihre Arbeit aufnehmen.
Worum geht es? Zum einen um diskriminierende Handelsbeschränkungen Chinas gegenüber dem kleinen Litauen. Ursprung des Konflikts war die Eröffnung eines Taiwan-Büros in der litauischen Hauptstadt Vilnius. China, das Taiwan als zu seinem Staatsgebiet zugehörig ansieht, reagierte empört.
Seither weigert sich das Reich der Mitte, Waren aus Litauen zu verzollen. Die litauischen Exporte nach China brachen um 80 Prozent ein. Zudem erhöhte Peking den Druck auf andere europäische Unternehmen, litauische Komponenten aus ihren Lieferketten zu entfernen.
Bereits Ende Jänner leitete die EU-Kommission daraufhin ein Verfahren vor der WTO gegen China ein. Zunächst aber sollten alle Streitigkeiten bei direkten Gesprächen zwischen Peking und Brüssel gelöst werden. Das erwies sich jedoch als ebenso unmöglich wie beim zweiten Verfahren, das die EU im Februar vor der WTO gestartet hat. Dabei geht es um den Patentschutz europäischer Hightech-Unternehmen.
Prozess-Verbot
WTO
Die Welthandelsorganisation (WTO), eine Organisation der UNO, regelt die weltweiten Handelsbeziehungen. Sitz der WTO ist in Genf
Streitschlichtung
In einem mehrstufigen Verfahren können Länder andere WTO-Mitgliedsstaaten verklagen. Geht die Klage durch, können Gegenmaßnahmen in Form von Strafzöllen erhoben werden
164Staaten
sind Mitglied bei der WTO. China trat vor 21 Jahren bei
Hier beruht der Streit auf einer Entscheidung chinesischer Gerichte vor zwei Jahren: Diese verbietet europäischen Unternehmen, vor ausländischen Gerichten Prozesse zur Wahrung ihrer Patent- und Lizenzrechte zu führen. Der finnische Hightech-Konzern Nokia etwa hat den chinesischen Smartphone-Hersteller Oppo in mehreren Ländern verklagt. Dabei ging es darum, dass Oppo nach dem Auslaufen einer Lizenz-Vereinbarung mit Nokia 2021 nicht bereit war, die höheren Lizenzgebühren zu bezahlen – die Lizenz aber trotzdem weiter nutzte.Gehen europäische Unternehmen vor ein nicht-chinesisches Gericht, drohen ihnen in China Geldstrafen bis zu 130.000 Euro pro Tag.
Gegen vier europäische Unternehmen wurde deswegen bereits in China Klage erhoben. „Mit diesen Prozessführungsverboten setzt China einseitige Zwangsregeln zum Vorteil seiner eigenen Unternehmen“, sagte EU-Vizekommissionspräsident Valdis Dombrovskis. „Es ist deshalb unsere Pflicht, für unsere Rechte einzustehen, wenn China die globalen Handelsregeln verletzt.“
Schnelle Lösungen sind nicht zu erwarten. In den beiden Verfahrensfällen ist mit einem Urteil frühestens in eineinhalb Jahren zu rechnen.
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