Warum das EU-Lieferkettengesetz in letzter Minute scheiterte
Ende 2023 einigten sich Verhandler von Ministerrat und EU-Parlament auf ein Lieferkettengesetz. Am Mittwoch wurde die Abstimmung darüber zum wiederholten Mal verschoben – denn mehrere Länder haben ihre Meinung in der Zwischenzeit geändert, wodurch es keine ausreichende Mehrheit gegeben hätte.
Maßgeblich war dabei der deutsche Junior-Koalitionspartner FDP. Ende Jänner kündigten die Wirtschaftsliberalen an, das fertig verhandelte Gesetz nicht mittragen zu wollen. In Folge enthielt sich Deutschland bei der Abstimmung, was einer Ablehnung gleichkommt. Auch Italien und Österreich, vertreten von Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP), haben sich enthalten.
Für eine Annahme des Lieferkettengesetzes müssten 15 EU-Staaten, die zusammen mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren, zustimmen.
Das Lieferkettengesetz sollte faire Wettbewerbsbedingungen für europäische Warenproduzenten und weltweit höhere Standards implementieren. Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und in Risikosektoren bereits ab 250 Beschäftigten sollten zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren. Größere Unternehmen sollten zudem Klima-Auflagen bekommen.
Wirtschaftsverbände haben massiv gegen die Initiative lobbyiert, sie befürchten Wettbewerbsnachteile und bürokratische Belastungen. Dementsprechend erfreut zeigte sich am Mittwoch Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung.
Für viele Unternehmen, gerade im mittelständigen Bereich wären die Vorgaben schlichtweg nicht umzusetzen gewesen.
Viele Unternehmen, die bereits jetzt auf saubere Lieferketten achten, unterstützen das EU-Lieferkettengesetz, weil es für fairen Wettbewerb sorgt. Big Business will im alten Stil weitermachen. Das ist nicht akzeptabel.
Die blockierenden EU-Länder sägen gerade am eigenen Ast, denn wenn die nachträgliche Ablehnung von bereits ausverhandelten Kompromissen Schule macht, ist die Europäische Union als Ganzes bald handlungsunfähig.
Kritik hagelt es hingegen von NGOs, Opposition, bis hin zum grünen Koalitionspartner. Für Justizministerin Alma Zadić wurde „eine historische Chance verpasst, Millionen von Kindern vor Ausbeutung zu schützen und unsere Umwelt vor weiterer Zerstörung zu bewahren“.
Gescheitert ist das Gesetz formell noch nicht. Dass es in abgewandelter Form noch vor den EU-Wahlen beschlossen werden kann, gilt aber als unwahrscheinlich.
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