Wie Billa mit selbständigen Kaufleuten den Umsatz steigern will

Ein Mann steht in einem Supermarkt neben Getränkekisten, umgeben von regionalen Produkten und Regalen mit Lebensmitteln.
Billa-Filialen, die von externen Unternehmern geführt werden, machen mehr Umsatz. Eine Expertin sieht noch mehr Vorteile des Kaufleute-Modells.

"Ich möchte diesem Markt wieder eine persönliche Handschrift geben", sagt Senad Omanovic kurz vor der Eröffnung seines eigenen Supermarkts. Am Donnerstag übernimmt der Unternehmer offiziell die Billa-Plus-Filiale in der Geblergasse in Hernals. Er wird damit der 37. Billa-Kaufmann. Und es sollen noch viele weitere folgen.

Denn die Supermarktkette will künftig stärker auf selbstständige Kaufleute setzen und mehr Filialen "in private Hände legen", wie Brian Beck, Billa-Vorstand für Großhandel und Kaufleute, ankündigt. Allein im Dezember 2025 sollen vier Standorte übergeben werden. Mit Jahresende werden dann bereits 40 Märkte extern geführt. Im kommenden Jahr sollen 25 weitere folgen.

Zwei Prozent mehr Umsatz in Kaufleute-Standorten

Für Billa gehe es darum, "die zusätzlichen PS auf die Straße zu bekommen“, sagt Beck. „Denn der Anspruch ist schon, dass wir aus dem einzelnen Standort mehr herausholen als vorher.“ Und das scheint zu gelingen. Im Schnitt verzeichnen die Filialen nach der Übernahme durch einen Kaufmann oder eine Kauffrau ein Umsatzplus von zwei Prozent.

Erfolgsrezept sei Beck zufolge die Freiheiten der Kaufleute, Markt und Sortiment individuell zu gestalten. Immerhin wüssten die Kaufleute am besten, was ihre Kundschaft braucht. Auch Omanovic hat sein Sortiment bereits angepasst. Weil sein Markt in der Nähe einer großen Schule liegt, setze er etwa auf Jausen, Snacks und Mittagsmenüs.

Ganz frei in ihrem Handeln sind die Kaufleute aber nicht. So müssen sie etwa die Eigenmarken des Mutterkonzerns Rewe listen oder die Jö-Karte führen. Auch bei der Preisgestaltung seien nur „punktuelle Anpassungen möglich“.

Zwei Männer stehen vor einem Gemüseregal im Supermarkt.

Brian Beck (li.), Billa-Vorstand für Großhandel und Kaufleute, und Billa-Kaufmann Senad Omanovic (re.) 

Billa ist am Gewinn beteiligt und erhält monatliche Abgaben der Kaufleute

Billa stellt den Selbstständigen im Gegenzug ein „umfassendes Servicepaket“ zur Verfügung. Dieses umfasst etwa die Personalverrechnung und die Buchhaltung.

Am Gewinn der Kaufleute-Märkte ist die Kette beteiligt. Außerdem bezahlen die externen Unternehmer an Billa Miete für den Standort und monatlich „eine Art Dienstleistungsgebühr“, so Beck. Kaufleute erhalten im Gegenzug eine sogenannte „Vorabvergütung“, die sie zur Deckung ihrer Lebenshaltungskosten entnehmen können.

Dass Billa künftig stärker auf selbstständige Unternehmer setzt, anstatt Filialen selbst zu betrieben, kommt für Cordula Cerha, Handelsexpertin der Wirtschaftsuniversität Wien (WU), nicht überraschend. Die Vorteile würden auf der Hand liegen: "Es geht um eine Kombination aus zentralem Marketing und Größeneffekten der Kette mit der lokalen Marktkenntnis, die selbstständige Kaufleute mitbringen."

Frau mit Brille und dunklem Blazer sitzt an einem Tisch und gestikuliert beim Sprechen.

Cordula Cerha, Handelsexpertin der Wirtschaftsuniversität Wien

Auch Unimarkt-Filialen sollen großteils weiterhin von Kaufleuten geführt werden

Ursprünglich stammt das Kaufleute-System von Einkaufsgenossenschaften im ländlichen Raum. Dabei schlossen sich einzelne Händler zusammen, um den Einkauf zu bündeln. Bei der Nahversorgerkette Adeg arbeitet Rewe bereits seit vielen Jahren mit dem Kaufleutemodell.

Auch der Großteil der 21 Unimarkt-Standorte, die Rewe übernehmen will, sollen als Adeg-Märkte weiterhin von Selbstständigen geführt werden. Die übrigen Standorte, die zu Billa- und Penny-Filialen werden, wird Rewe selbst betreiben.

Dass sich das System aus den ländlichen Gebieten auch immer mehr in den Städten ausbreitet, ist für Cerha schlüssig: "Auch in Wien gibt es zwischen den Bezirken große regionale Unterschiede. Ein Supermarkt in Favoriten ist beispielsweise nur schwer mit einer Filiale in Döbling zu vergleichen."

Mitbewerber Spar ist seit Jahrzehnten erfolgreich mit selbstständigen Kaufleuten

Zudem sei der größte Mitbewerber Spar, bereits seit vielen Jahren erfolgreich mit seinen selbstständigen Kaufleuten. Die Kette wurde vor mehr als 70 Jahren als Zusammenschluss von rund 100 Kaufleuten gegründet. Heute werden 664 und damit etwas mehr als die Hälfte aller österreichischen Spar-Filialen von selbstständigen Kaufleuten geführt.

Und das "sehr erfolgreich", wie das Unternehmen dem KURIER mitteilt. So hätten die Märkte 2024 ein Umsatzplus zum Vorjahr von 5,5 Prozent erwirtschaftet. Gleichzeitig seien die Kaufleute in ihren Ortschaften nicht nur Nahversorger, sondern auch "ein wichtiger Teil des gesellschaftlichen Lebens".

Kommentare