"Kaufhaus Österreich": Opposition plant Anfragen

Kaufhaus Österreich startet: Rot-weiß-rote Plattform für den heimischen Online-Handel
SPÖ, FPÖ und NEOS kündigen parlamentarische Anfragen an. Von Interesse sind vor allem die entstandenen Kosten.

Die Häme an dem von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) und WKÖ-Präsident Harald Mahrer am Montag präsentierten "Kaufhaus Österreich" zur Unterstützung österreichischer Onlinehändler reißt nicht ab. SPÖ, FPÖ und NEOS kündigten parlamentarische Anfragen an. Von Interesse sind dabei vor allem die entstandenen Kosten. In den sozialen Medien spotten User über zweifelhafte Sucherergebnisse und schlechte Nutzbarkeit.

"So an den Nutzern vorbeizuproduzieren, das muss einem einmal einfallen", sagte SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda am Dienstag zur APA. FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer sprach in einer Aussendung von einem "blamablen Online-Shopping-Portal, das Amazon & Co wohl nicht ins Schwitzen bringen wird". NEOS-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn will wissen, inwiefern das "Kaufhaus Österreich" Händlern hilft, die keinen Webshop haben.

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Alle drei Oppositionsparteien kündigten eine parlamentarische Anfrage an. Die SPÖ will etwa wissen, wer diese Webseite zu verantworten hat, was sie gekostet hat, ob es dazu eine Ausschreibung gibt, welche Agentur den Zuschlag bekommen hat und nach welchen Kriterien der Auftrag vergeben wurde. "Nicht überraschend wäre es, wenn für Gestaltung und Programmierung der Homepage eine Firma mit ÖVP-Verbindungen engagiert wurde", so Hofer. Dazu sowie zu den entstandenen Kosten werde die FPÖ eine Anfrage einbringen.

Die NEOS wollen von Wirtschaftsministerin Schramböck wissen, wie es zu der Idee gekommen ist, wie viel Geld bis zum Start investiert worden ist und welches Budget für die Vermarktung der Seite vorgesehen ist. Schellhorn mutmaßt, dass für die Website "offenbar auch Kammergeld für nichts anderes als eine patscherte Erweiterung des 'Firmen-ABC' ausgegeben" worden sei, zumal es sich um eine Kooperation zwischen der Wirtschaftskammer und dem Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort handle. Statt der Linksammlung wäre es besser gewesen, mehr Geld für den Ausbau von Webshops zur Verfügung zu stellen, räumte NEOS-EPU-Sprecherin Henrike Brandstötter ein.

Das virtuelle Kaufhaus wurde vom staatlichen Bundesrechenzentrum programmiert, Medieninhaber der Internetpräsenz sind das Wirtschaftsministerium und die Wirtschaftskammer, die Internet-Domain gehört dem Wirtschaftsministerium. Für den Betrieb der Website ist die Wirtschaftskammer zuständig, hieß es am Montag bei dem Pressegespräch von Schramböck und Mahrer.

Auf Twitter werden von mehreren Usern Kosten in der Höhe von 700.000 Euro kolportiert, etwa von SPÖ-Kultursprecher Drozda oder der Publizistin und Umwelt-Aktivistin Nunu Kaller. "Es ist unfassbar, dass nach acht Monaten Vorbereitungszeit eine Webseite gemacht wird, die wohl jeder HTL-Schüler besser programmieren hätte können", kritisierte Drozda.

Den Praxistest besteht das Online-Händler-Verzeichnis derzeit noch nicht, fanden Tester heraus. Wer beispielsweise auf der Seite nach "Schuhen" sucht, dem werden ein Tischtennis-Shop, eine Bergbauern-Seite und ein Angebot für Kinderbekleidung als erste Präferenzen angezeigt, schreibt der "Standard". Fahrräder bekommt man als Wiener Interessent trotz einer Begrenzung auf einen 50-Kilometer-Umkreis vorwiegend in Salzburg und Vorarlberg angeboten. Wer in der Suchmaske das Wort "TV-Gerät" eingibt, werde zielsicher auf einen Anbieter für Grillsysteme oder einen Online-Shop für Boots- und Elektromotoren hingeführt, ergab ein Selbstversuch der FPÖ. Eine Suchanfrage nach "Spielzeug" wiederum führe den Kunden zu "Bio-Hundezubehör aus Naturmaterialien".

Über die Website gelangt man auch zu Seiten von Unternehmen, die den Kunden erst Recht auf den Marktplatz von Amazon umleiten - genau das wollten die Initiatoren eigentlich vermeiden.

Kritik erntete das Portal am Dienstag auch, weil seit Oktober Websites von öffentlichen Stellen eigentlich barrierefrei sein sollten. "Es gibt noch Übergangsregelungen - etwa für Gemeinden - aber man sollte sich von einer Institution wie der Wirtschaftskammer eigentlich erwarten, dass sie zumindest Mindeststandards einhält", sagte der Salzburger Georg Wimmer, Experte für "leicht verständliche Sprache", zur APA.

Die Inhalte einer Website müssten demnach etwa für Menschen mit Behinderungen, mit Lernschwierigkeiten oder mit geringem Bildungsniveau "verstehbar" sein. Tatsächlich stehe bei "Kaufhaus Österreich" unter dem Menüpunkt "Barrierefreiheit": "Das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort ist bemüht, ihre Websites und mobilen Anwendungen im Einklang mit dem Bundesgesetz über den barrierefreien Zugang zu Websites und mobilen Anwendungen des Bundes (...) barrierefrei zugänglich zu machen." "Geht es noch schlechter?", fragt Wimmer. "Sie schreiben, dass sie Dinge selbst noch nicht einhalten und man fragt sich: Warum nicht?" Es gehe dabei auch um einfache technische Lösungen, die heute Standards seien - etwa um die Möglichkeit, Schriftgrößen oder Kontraste zu erhöhen. "Eine von der Regierung beauftrage Agentur müsste das eigentlich können."

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