Karussellbetrug: EU weist Vorwurf zurück

Von Karussellbetrug ist die Rede, weil Waren zwischen mehreren Ländern im Kreis geschickt werden - die Umsatzsteuer wird nie abgeführt.
Brüssel will nicht als Blockierer dastehen. Österreich habe Pläne selbst nicht weiterverfolgt.

Der Vorstoß gegen Umsatzsteuer-Karussellbetrug, den Österreich und einige weitere EU-Länder unternehmen wollen, kam für die EU-Kommission überraschend. Man sei vorab nicht über das Wiener Treffen von Hans Jörg Schelling mit Amtskollegen aus Osteuropa am Montag informiert gewesen.

Karussellbetrug: EU weist Vorwurf zurück
Deshalb könne man die geplanten Ideen nicht kommentieren, erklärte die Sprecherin von Steuerkommissar Moscovici auf KURIER-Anfrage. Die EU unterstütze die Mitgliedstaaten aber natürlich im Kampf gegen Steuerbetrug - man warte deshalb mit Interesse auf die Vorschläge.

Zugleich spielte die EU-Kommission allerdings den Ball zurück an die Mitgliedstaaten. Die Sprecherin erinnerte daran, dass "jede Änderung der gegenwärtigen Umsatzsteuer-Regelungen eine Einstimmigkeit im Europäischen Rat erfordert" - die EU-Kommission macht nur Vorschläge, danach müssten sich die Regierungschefs untereinander einig werden, wenn sie die EU-Mehrwertsteuer-Richtlinie ändern wollen.

Rückzieher aus Österreich

Die Darstellung, Österreich sei mit zwei früheren Anläufen im Kampf gegen den Umsatzsteuer-Betrug am Widerstand der EU-Kommission gescheitert, wies die Sprecherin zurück. Österreich habe nur einmal (nämlich 2006, damals gemeinsam mit Deutschland) angefragt, eine generelle Umkehr der Steuerpflicht (das sogenannte "Reverse Charge") einführen zu dürfen.

Es sei dann vorgeschlagen worden, dass Österreich diese Möglichkeit in einem Pilotprojekt austestet. "Allerdings hat sich Österreich letztlich selbst entschieden, nicht von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen", betonte die EU-Sprecherin.

Neuer Anlauf

Karussellbetrug: EU weist Vorwurf zurück
epa04732517 Austria's Finance Minister Hans Joerg Schelling (C) with his counterparts Mihaly Varga (L, Hungary), Andrej Babis (2-L, Czech Republic), Peter Kazimir (2-R, Slovakia), and Wladislaw Goranow (R, Bulgaria) at a press conference after a meeting in Vienna, Austria, 04 May 2015. EPA/HANS KLAUS TECHT
Jetzt will Finanzminister Hans Jörg Schelling, wie berichtet, einen neuen Anlauf unternehmen. Insgesamt "rund zehn Länder" wollen von der EU-Kommission mehr Kompetenzen erhalten, um gegen Umsatzsteuer-Betrug im großen Stil vorgehen zu können. Demnächst wollen Sie ihre Vorschläge in einem Schreiben an Brüssel zusammenfassen, bis Juni erhofft Finanzminister Hans Jörg Schelling eine Entscheidung aus Brüssel.

Konkret geht es darum, dass die EU-Staaten selbst entscheiden wollen, ob und wie die Umkehr der Steuerpflicht, das sogenannte "Reverse Charge"-Modell, zutrifft - entweder für den Handel mit Waren über einem Schwellenwert (die Rede war von 5000 oder 10.000 Euro), oder aber für bestimmte betrugsanfällige Produktgruppen oder Branchen.

Betrugsbekämpfung

Die EU-Sprecherin erinnerte daran, dass es bereits Maßnahmen gegen den Karussellbetrug gebe - etwa den seit 2013 bestehenden "Schnellreaktionsmechanismus", der EU-Staaten die rasche Einführung der umgekehrten Steuerpflicht ermögliche, wenn massive Betrugsfälle auftreten. Das sei in der Praxis aber untauglich, sagte Tschechiens Finanzminister Andrej Babis in Wien: Der "schnelle" EU-Mechanismus benötige immer noch Monate, um aktiv zu werden. Die betrügerischen Unternehmen gingen aber binnen weniger Tage pleite.

Ebenfalls seit 2013 hat die EU-Kommission den Mitgliedstaaten freigestellt, für anfällige Sektoren wie Handys, Gas und Strom, Telekomdienste, Spielkonsolen, Tablets und Laptops, Getreide und Rohstoffe sowie Metalle vorübergehend die Umkehr der Steuerpflicht zu verordnen.

Bericht bis 2018

Bis 1. Jänner 2018 muss die EU-Kommission obendrein einen Bericht über "Reverse Charge" vorlegen. So lange wollen einige EU-Finanzminister aber nicht mehr zusehen: Schließlich sind die Einnahmen aus der Betrugsbekämpfung bereits in den Budgets verplant.

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