Kartellhüter: 75 Mio. Strafe für Autozulieferer

Deutsches Bundeskartellamt straft fünf Firmen, darunter das österreichische Unternehmen Greiner Perfoam.

Das Bundeskartellamt mit Sitz Bonn hat Bußgelder in einer Gesamthöhe von rund 75 Millionen Euro gegen fünf Hersteller von akustisch wirksamen Bauteilen für die Automobilindustrie verhängt. Dabei handelt es sich insbesondere um Bodenbeläge, Fußmatten, Hutablagen, Kofferraumauskleidungen, textile Radlaufschalen, Motorraumschalldämpfungen, Stirnwanddämpfungen und Kofferraumabsorber.

Laut den Kartellhütern sollen die Verantwortlichen der Zulieferer-Firmen Absprachen gegenüber der Automobilindustrie gemacht haben. Bei diesem Verfahren handelt es sich um den ersten Fall, der aufgrund einer anonymen Eingabe in das elektronische Hinweisgebersystem ("Whistleblower") des Bundeskartellamtes eingeleitet und mit Bußgeldern abgeschlossen wurde.

„Bei den betroffenen Unternehmen handelt es sich um die Autoneum Germany GmbH aus Roßdorf, die Carcoustics International GmbH aus Leverkusen, die Greiner Perfoam GmbH mit Sitz in Enns, Österreich, die Ideal Automotive GmbH aus Burgebrach, und die International Automotive Components Group GmbH aus Düsseldorf, so das Bonner Kartellamt. Gegen das ebenfalls an den Absprachen beteiligte Unternehmen Johann Borgers GmbH aus Bocholt, das als erstes mit dem Bundeskartellamt kooperiert hat, wurde in Anwendung der Bonusregelung des Amtes kein Bußgeld verhängt.

Statement vom Greiner-Konzern

Über die Greiner Perfoam, ein Unternehmen der Greiner Holding AG, wurde ein Bußgeld in Höhe von 8,4 Millionen Euro verhängt, bestätigt der Konzern mit Stammsitz in Kremsmünster, Oberösterreich. "Im Kern geht der gegen Greiner Perfoam GmbH erhobene Vorwurf dahin, dass Mitarbeiter in Einzelfällen das Verhalten im Rahmen von Ausschreibungen für Ladeböden bzw. Hutablagen für Pkw mit einem anderen Zulieferer,der Firma Borgers, abgestimmt haben", so Greiner. An multilateralen Abstimmungsrunden oder sonstigen Kontakten zu den weiteren vom Bundeskartellamt aufgeführten Bauteilen sei Greiner Perfoam GmbH nicht beteiligt gewesen.

„Wir haben von Beginn an schnell und umfassend mit den Behörden kooperiert und dadurch zu einer raschen Aufklärung beigetragen. Wir bedauern das Greiner Perfoam zur Last gelegte Verhalten zutiefst“, sagt Axel Kühner, Vorstandsvorsitzender der Greiner Holding AG. Als Konsequenz hat die Greiner-Gruppe das seit dem Jahr 2012 bestehende Compliancesystem aktualisiert und die weltweiten Kommunikations- und Schulungstätigkeiten in diesem Bereich intensiviert. „Wir sind uns der Verantwortung gegenüber unseren Kunden bewusst“, erklärt Greiner-Chef Kühner. "Unsere Zusammenarbeit mit ihnen ist von qualitativ hochwertigen Produkten, hoher Liefertreue und ausgezeichnetem Service geprägt. Umso bedauerlicher ist die Teilnahme an den Absprachen."

Einvernehmliche Lösung

Die Bußgeld-Bescheide sind nicht rechtskräftig. Die betroffenen Unternehmen können noch Einspruch beim Oberlandesgericht Düsseldorf einlegen. „Allerdings wurde mit allen Unternehmen und Verantwortlichen eine einvernehmliche Verfahrensbeendigung, ein sogenanntes Settlement, erreicht“, bestätigt Kay Weidner, Sprecher des deutschen Bundeskartellamts in Bonn, dem KURIER „Gegen ein siebtes Unternehmen sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen.“

Der Hintergrund

„Nach unseren Erkenntnissen haben sich die Unternehmen im Zeitraum von mindestens 2005 bis 2013, wenn auch im Einzelnen in unterschiedlichem Ausmaß, bei Ausschreibungen und Auftragsvergaben von Automobilherstellern abgesprochen bzw. abgestimmt", erklärt Andreas Mundt, Präsident des deutschen Bundeskartellamtes. "Die Kartell-Beteiligten waren sich grundsätzlich einig, dass sie das jeweilige Bestandsgeschäft sowie damit verbundene Nachfolgeaufträge der Wettbewerber möglichst nicht angreifen würden." Nachsatz: "Die Unternehmen stimmten sich unter anderem über Preisuntergrenzen, die Weitergabe von Rohstoffpreiserhöhungen, zu gewährende Rabatte, den Ausgleich von Werkzeugkosten und die Einbeziehung von Preisgleitklauseln ab.“

Die Absprachen sollen im Rahmen von zahlreichen "bilateralen Kontakten" sowie "in drei verschiedenen multilateralen Gesprächskreisen" stattgefunden haben, an denen jedoch nicht alle Unternehmen gleichermaßen beteiligt waren, heißt es weiter. Nicht alle Unternehmen nahmen im gesamten Zeitraum und bezüglich aller genannten Produkte an dem vorgeworfenen Verhalten teil.

Alle Firmen haben kooperiert

"Die Bußgeldhöhe bemisst sich grundsätzlich nach der Schwere und der Dauer eines Kartellverstoßes", heißt es aus Bonn. "In diesem Zusammenhang waren in diesem Verfahren auch die Marktmacht und das Verhalten der Marktgegenseite zu berücksichtigen. Im vorliegenden Verfahren haben alle Unternehmen bei der Aufklärung des Kartells mit dem Bundeskartellamt kooperiert, was entsprechend der Bonusregelung des Amtes zu einer Ermäßigung der Bußgelder geführt hat."

Kommentare