Ziel: Arrangement mit dem Chef
Der Typ ist untragbar", flucht Miriam. "Der Job macht mir Spaß, aber bei dem Chef überleg’ ich mir wirklich, das alles hinzuschmeißen."
Mit ihrer Wut auf den Vorgesetzten ist sie nicht allein. Ein Strafzettel, eine Erkältung, ein Muskelkater sind die drei Dinge, die Mitarbeiter weit lieber in Kauf nehmen als ein schwieriges Gespräch mit ihrem Chef. Das hat eine weltweite Studie der Unternehmensberatung DDI Deutschland ergeben. Und fast die Hälfte der 1279 Befragten glaubt, einen besseren Job als ihr Vorgesetzter machen zu können.
Das spricht nicht gerade für die Führungsriege. Glaubt man anderen Studien, so haben gar Psychopathen Einzug in die Führungsetage gehalten. Das meint der kanadische Psychiater Robert Hare, Koryphäe der Psychopathologie, herausgefunden zu haben. Im Jahr 2010 nahm er sich die Chefetagen vor, untersuchte 203 Top-Manager aus sieben US-Konzernen nach seiner Psychopathen-Checkliste. Und kam zum Ergebnis: Während nur bei einem Prozent der Bevölkerung potenzielles Psychopathentum vorherrscht, sind es bei den Führungskräften knapp sechs Prozent.
Auf den Charakter des Chefs müsse man sich als Mitarbeiter einstellen, sagt Martin Hofstetter, Geschäftsführer der Karriereschmiede. Schafft man das nicht, "muss man sich überlegen, ob man sich für die richtige Firmenkultur entschieden hat". Was Mitarbeiter bei allem Ärger und Groll mitbedenken sollten: "Die Rahmenbedingungen können das Verhalten des Chefs stark beeinflussen", sagt Hofstetter. "Er kann durch externe Faktoren unter Druck geraten, auch Opfer wirtschaftlicher Zwänge sein." Auch wenn das respektloses oder rücksichtsloses Verhalten kaum entschuldigt.
Zwei konträre Führungsstile, die immer wieder diskutiert werden, sind der autoritäre (in unserer Typologie fallen darunter der Choleriker und der Egomane) und der kollegiale. "Der autoritäre Chef wird als solcher wahrgenommen und setzt sich durch, er wünscht sich aber freundschaftliche Gefühle der Mitarbeiter", analysiert Hofstetter. "Der kollegiale Chef dagegen tut sich mit dem Einfordern von Zielerreichungen schwer, weil er weniger als Autorität gesehen wird." Gemeinsam mit Martin Hofstetter haben wir sechs schwierige Chef-Typen identifiziert – und Tipps für den richtigen Umgang mit ihnen. Übrigens: Chefinnen sind natürlich ebenso gemeint.
Der Egomane: braucht Bühne und Bewunderung
- Er ist narzisstisch mit einem ausgeprägten Hang zur Selbstdarstellung, braucht Bewunderung und Bühne, entscheidet rücksichtslos, verträgt keine Kritik, duldet keine andere Meinung als seine und neigt zum Größenwahn. Seine Mitarbeiter behandelt der Egomane ablassend, er sucht die Schuld stets bei anderen.
+ Der Egomane ist nicht selten ein Visionär mit dem Drang, Dinge zu verändern und zu optimieren. Er setzt seine Ideen souverän um, reißt die Mitarbeiter mit, kann sich und die Firma gut inszenieren. Und ist meist erfolgreich damit.
Was ist zu tun? Geben Sie ihm Bewunderung und Lob. Hören Sie ihm aufmerksam zu. Umgarnen Sie ihn mit Ihrem Charme, seien Sie beeindruckt. Wenn Sie eine Idee haben, lassen Sie ihn glauben, es wäre seine.
Der Choleriker: Seine Tobsucht ist gefürchtet
-Mit ihm regiert die Angst im Unternehmen. Läuft es nicht nach dem Kopf des Cholerikers, dreht er durch, fängt zu fluchen, schimpfen und schreien an. Mit Psychoterror will er seine Macht ausspielen. Er sorgt für schlechte Stimmung, für Demotivation bei den Mitarbeitern und somit für schlechte Leistung. Mitarbeiter gehen ihm möglichst aus dem Weg. Oder verlassen das Unternehmen, wenn sie seinen harschen Stil nicht ertragen.
+ Pluspunkte für den Choleriker gibt es kaum. Er wird gefürchtet.
Was ist zu tun? Lassen Sie sich nicht anbrüllen. Drehen Sie sich weg, arbeiten Sie weiter, schlagen Sie vor, gern später mit ihm über das Thema zu reden, wenn die Emotionen abgeflacht sind. Ist die Situation auf Dauer untragbar, sprechen Sie mit seinem Vorgesetzten.
Der Bremser: erträgt Ideen nur in kleinen Dosen
- Der Bremser hasst Veränderung, scheut jegliches Risiko, tritt als Systemerhalter auf, besteht auf der Einhaltung von Regeln und Usancen. Er geht bei Entscheidungen auf Nummer sicher. Als Innovationskiller hält er das Unternehmen auf Dauer vom Erfolg fern. Neue Entwicklungen und Veränderung auf den Märkten berücksichtigt er kaum, neue Ideen und frischer Wind vonseiten der Mitarbeiter prallen an ihm ab. Egal, welchen Vorschlag Sie ihm unterbreiten werden: Er ist grundsätzlich dagegen und nur schwer zu überzeugen.
+ Bei ihm weiß man, was man hat. Er ist berechenbar, unangenehme Überraschungen gibt es selten. Mitarbeiter, die Routine und Kontinuität bevorzugen, kommen mit seiner Art gut zurecht.
Was ist zu tun? Will man eine Innovation beim Bremser durchsetzen, sollte man das in homöopathischen Dosen tun – und mit wohl überlegten, sehr guten Argumenten.
Der Inkompetente: will sich überlegen fühlen
- Er ist entscheidungsunfähig, versteckt sich in Meetings, wird als Chef nicht anerkannt. Der Inkompetente setzt sich nicht durch, hat keine Meinung, beschränkt seinen Job auf das Unterschreiben von Dokumenten und Delegieren. Er agiert nicht, er reagiert nur. Wenn er merkt, dass er an Boden verliert, wird er ungemütlich: dann schikaniert er Mitarbeiter.
+ Mitarbeiter können Verantwortung an sich reißen, Entscheidungen zu ihren Gunsten treffen und die Entwicklung des Unternehmens mitgestalten.
Was ist zu tun? Geben Sie ihm das Gefühl, überlegen zu sein. Bringen Sie Kritik nie direkt an, sondern in Ich-Botschaften. Ideen immer in größerer Runde präsentieren, damit er weniger Einfluss hat.
Der Kumpel: Per Du mit der Belegschaft
- Er ist konfliktscheu, neigt dazu, Privates und Berufliches zu vermischen, lobt viel, aber pauschal, neigt dazu, zu viele Unternehmensinterna an Mitarbeiter preiszugeben und trifft nur sehr widerwillig unbequeme Entscheidungen. Der Kumpel ist mit seinen Mitarbeitern auf Facebook befreundet. Daraus folgt: Er wird nur selten als Autorität wahrgenommen.
+ Mit Humor und Offenheit sorgt er für eine positive Arbeitsatmosphäre, er ist mit den Mitarbeitern per Du, fühlt mit ihnen und ist beliebt. Loyalität und Verweildauer im Job sind höher.
Was ist zu tun? Ziehen Sie eine Grenze, wenn der Chef zu kumpelhaft wird. Bringen Sie das Thema weg vom Privaten wieder zum Job.
Der Kontrollfreak: liebt penible Mitarbeiter
- Der Kontrollfreak ordnet, prüft penibel, ist pedantisch, will jeden Arbeitsschritt absegnen und alles vom Mitarbeiter schriftlich vorgelegt bekommen. Er verliert sich in unwichtigen Details, hat keinen Überblick, bemängelt Kleinigkeiten.
+ Der Kontrollfreak ist der Fachexperte im Unternehmen. Ihm entgeht kein Fehler, er arbeitet diszipliniert und qualitätsbewusst.
Was ist zu tun? Provozieren Sie ihn nicht. Seien Sie ebenso penibel, arbeiten Sie strukturiert und halten Sie Zeitpläne ein. Fragen Sie nach, wie er das Ergebnis genau wünscht.
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