Wo sind die Jobs?

Offene Stellen: Es gibt 15 Mangelberufe in Österreich
Österreichische Arbeitgeber auf der Suche nach Fachkräften

"Wir brauchen 30 neue Software-Ingenieure. In drei Wochen." So lautete die Vorgabe an den Personalchef vor fünf Jahren. Auf die Vorgabe folgte rasches Handeln und kurz darauf die Ernüchterung: "Man sucht, schreibt Stellen aus und kriegt keine einzige Bewerbung", erzählt Harald Kreiger, Personalchef der Logistikfirma SSI Schäfer Peem in Graz.

Seit Jahren weht die Klage über den Fachkräftemangel über das Land. Je nach Studie findet jedes dritte bis vierte Unternehmen in Österreich keine Fachkräfte. Das Arbeitsmarktservice (AMS) Österreich erhebt jedes Monat Mangelberufe, Ende Juni waren es 15 an der Zahl (siehe Grafik unten). In diesen Berufen kommen auf eine offene Stelle maximal 1,5 Bewerber. Sieht man sich die Zahlen in den Bundesländern an, liegt das Verhältnis meist bei 1 zu 0,5 oder noch weniger. Wien, Niederösterreich und das Burgenland sind kaum von Mangelberufen betroffen (die Grafik weist nur Berufe ab 50 offene Stellen aus, Anm.), Oberösterreich dagegen massiv: Hier sind gleich 14 Mangelberufe vertreten. Auf 238 offene Arztjobs kamen in Oberösterreich Ende Juni 22 arbeitslose Ärzte – also nicht einmal ein Zehntel des Bedarfs. Bei den Elektroinstallateuren gab es 545 offene Jobs, aber nur 202 Bewerber. Die Nachfrage nach Technikern in Oberösterreich lässt sich mit der hohen Konzentration an Industriebetrieben erklären.

Was als Mangelberuf gilt, legt das AMS gemeinsam mit den Sozialpartnern fest. "Im Jahr 2008 standen noch 65 Berufe auf der Liste", sagt AMS-Chef Johannes Kopf. Mit der steigenden Zahl an Arbeitsuchenden habe der Mangel also sichtbar abgenommen.

Wo sind die Jobs?
Das Thema ist allerdings strittig. So kommt das Institut für Höhere Studien (IHS) in seiner Ende 2015 veröffentlichten Studie zum Ergebnis: Es gibt keinen Fachkräftemangel und keine Mangelberufe, man könne lediglich von herkömmlichem Personalmangel sprechen. Denn würden tatsächlich so viele Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt fehlen, dann würden Gehälter und Löhne deutlich steigen – das Spiel von Angebot und Nachfrage. Gastronomen und Hoteliers finden laut IHS nicht deswegen keine passenden Bewerber, weil es sie nicht gibt. Sondern weil sie diese mit ungünstigen Arbeitsbedingungen abschrecken.

Wer bietet mehr?

Die Gründe, warum Arbeitgeber und Arbeitsuchende nicht zusammenfinden, seien vielfältig, sagt AMS-Chef Kopf. Einmal sei es der Sitz des Unternehmens, einmal das niedrige Gehalt, die unvorteilhaften Arbeitsbedingungen, dann wieder die Ansprüche der Unternehmen, die Bewerber fern halten würden.

"Wenn mir ein Unternehmer sagt, die Bewerber wollen ja gar nicht arbeiten, sage ich: Sie wollen schon, aber nicht bei Ihnen", sagt Johannes Kopf. Natürlich gebe es im Tourismus aber auch strukturelle Erschwernisse: "Tourismus findet in der Natur statt, dort leben meist weniger Menschen. Auch wenn alle Zillertaler im Tourismus arbeiten, muss man schauen, wie man weitere Arbeitskräfte bekommt." Lange Arbeitszeiten, Arbeit am Wochenende und abends tun ihr Übriges. Dort, wo Tourismusbetriebe auf Kinderbetreuung, flexible Arbeitszeiten und unbefristete Dienstverhältnisse setzen würden, fänden sie auch leichter Mitarbeiter. Allerdings: "Manche können das nicht bieten, weil sie zu klein sind oder es sich schlicht nicht leisten können", so der AMS-Chef.

Anderswo gesucht

Auch abseits der Mangelberufe tun sich Firmen mit dem Recruiting schwer. Jochen Joachims sucht bereits seit zwei Jahren nach Außendienstmitarbeitern. Zwei bis drei würde der Geschäftsführer des Möbelhauses Braun Lockenhaus mit Sitz im Burgenland benötigen. Am Standort liegt es nicht: "Wir suchen im Raum Linz, Salzburg und Wien, haben es über Headhunter und Online-Inserate versucht." Ohne Erfolg. "Wenn ich wüsste, woran es liegt, würde ich es ändern", so Joachims. Er überlegt, verstärkt in Printmedien zu inserieren. Inzwischen sucht er nach "Junior-Verkäufern", um Unerfahrene anzusprechen, "wir sind auch bereit, sie selbst auszubilden." Die Stellenanzeige auf der Webseite liest sich anspruchsvoll: Gesucht wird ein Verkäufer mit technischer, kaufmännischer oder Innenarchitektur-Ausbildung.Vielleicht doch zu abschreckend?

Um der Ursache für das Ausbleiben von Bewerbern auf den Grund zu gehen, können Firmen die AMS-geförderte Impulsberatung in Anspruch nehmen. Dass man beim Recruiting neue Wege gehen muss, erkannte auch Harald Kreiger von SSI Schäfer Peem. "Wir haben unsere Arbeitskultur hinterfragt, unsere Recruitingmaßnahmen verbessert, sogar in Elektrogeschäften nach Mitarbeitern gesucht", erzählt er. Diese Maßnahmen haben bei SSI Schäfer Peem offenbar gefruchtet: Harald Kreiger hat in den vergangenen fünf Jahren hundert Software-Ingenieure eingestellt.

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