Wer ist die bessere Führungskraft?
Nicht der demokratische", sagte Österreichs wichtigste Führungsfrau, Brigitte Ederer, einmal ganz gegen die Erwartung auf die Frage, ob sie eher den demokratischen oder den autoritären Führungsstil bevorzuge. Erster wird gern den Frauen nachgesagt, zweiter den Männern.
Die Geschlechterklischees erfahren auch im Business einen Aufwind - im Positiven wie im Negativen. Frauen seien die besseren Führungskräfte. Sie seien teamorientierter und einfühlsamer als Männer, handelten pragmatischer und sozialer. Und würden niemals einen Krieg anzetteln. Die Meinung über Männer: Sie seien echte Kerle, wüssten immer, wo's langgeht, entschieden klarer, seien mutiger und selbstbewusster.
Geht es nach einer Studie des deutschen Unternehmens profiling values, liegen beide Lager falsch. Sie kommt zu dem Ergebnis: Es gibt de facto kaum Geschlechter-Unterschiede im Führungsstil. Zwei Jahre nahm die Studie für diese Erkenntnis Werte und Selbsteinschätzung von 1803 Führungskräften aus Österreich, Deutschland und der Schweiz unter die Lupe.
Selbstkritische Frauen
Weder in der Fähigkeit zur Empathie, noch beim pragmatischen Handeln, bei Ziel- und Erfolgsorientierung, Kreativität oder analytischen Fähigkeiten weisen Frauen und Männer nennenswerte Unterschiede auf. Einzig im sogenannten Attitude Index stechen Frauen hervor: Er zeigt, dass sie sich selbst und der Welt deutlich kritischer begegnen als es Männer tun - und ihrer Karriere damit im Wege stehen.
Der Geschlechter-Gleichklang kommt dabei nicht von ungefähr: "Frauen in Führungspositionen erleben einen hohen Anpassungsdruck und versuchen deshalb, die besseren Männer zu sein", sagt Ulrich Vogel, Geschäftsführer von profiling values. Das sieht auch Elisabeth Leyser, Geschäftsführende Gesellschafterin von HILL International, so: "Männer haben noch immer die Definitionsmacht darüber, was Management ausmacht. Mein Eindruck ist aber, dass Frauen ihr weibliches Repertoire um das männliche erweitern, nicht ersetzen." Eine Gratwanderung. Denn sehr maskulin wirkende Frauen an der Spitze würden von den Männern als unsympathisch wahrgenommen. Die Selbsteinschätzung der Frauen entspricht wiederum laut Studie von HILL International so gar nicht dem Managerprofil (siehe unten) . Beides zeigt ein Dilemma: Verhalten sich Frauen typisch weiblich, erfüllen sie die Führungsrolle nicht, verhalten sie sich männlich, erfüllen sie ihre Geschlechterrolle nicht.
Feine Unterschiede gebe es dennoch: So hat Leyser in einer weiteren Studie herausgefunden, dass erfahrene Managerinnen Entscheidungen für komplexe Situationen genau abwägen würden, "junge Frauen und Männer jeden Alters dagegen treffen sehr rasch Entscheidungen". Auch bei jungen Männern sei eine Anpassung zu beobachten: "Sie agieren intuitiver, was eher Frauen zugeschrieben wird."
Joachim Burger, Personalchef bei T-Mobile, fordert eine Abkehr von klischeehaften Zuordnungen. "Mich stört, dass es immer darum geht, Unterschiede zwischen den Geschlechtern herauszuarbeiten", sagt er. Mann wie Frau müssten bestimmte Fähigkeiten mitbringen, befindet auch Alice Nilsson, Geschäftsführerin der Agentur MarkenStern: "Die ideale Führungspersönlichkeit hat eine Art Hybridfunktion."
Wie Männer und Frauen sich und das andere Geschlecht sehen, zeigen wir unten. Tatsache ist: Frauen in Führungsteams steigern den Unternehmensprofit - das zeigen Studien wie "Women Matter" der Unternehmensberatung McKinsey. Gemischte Führungsteams sind innovativer, das Betriebsklima ist besser, männliche Machtkämpfe flauen ab. Die beste Antwort auf die Frage, wer besser führt ist daher: beide, gemeinsam.
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