Wenn der Chef späht und horcht

Überwachungskamera
Viele Betriebe überwachen ihre Mitarbeiter: Äußerungen in sozialen Medien, Telefonate, eMails und Krankenstände. Fehlverhalten kann zum Verlust des Arbeitsplatzes führen. Doch nicht jede Kontrolle ist erlaubt.

Um die betriebliche Sicherheit zu gewährleisten, aber auch, um Produktivitätsverlusten zu vermeiden, überwachen immer mehr Arbeitgeber ihre Mitarbeiter. Denn technisch ist dies heutzutage ein Kinderspiel, egal ob die eMails der Mitarbeiter gelesen, Dienstfahrten über GPS oder bestimmte Bereiche mit einer Kamera überwacht werden. Doch den Kontrollen sind Grenzen gesetzt. "Wenn es um die Überwachung von Arbeitnehmern am Arbeitsplatz geht, dürfen Unternehmen nicht einfach tun, was sie wollen, sondern sind an konkrete Regeln gebunden", stellt Irene Holzbauer, Arbeitsrechtsexpertin der Arbeiterkammer Wien klar.

Überwachungskamera

Ein Arbeitgeber kann zum Beispiel einen Bankomaten oder einen Parkplatz videoüberwachen. "Gerät aber ein Mitarbeiter immer wieder ins Visier der Kamera, dann wird seine Menschenwürde berührt", betont Thomas Angermair, Arbeitsrechts-Experte von Dorda Rechtsanwälte. Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde berühren, dürfen nur dann eingesetzt werden, wenn mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung getroffen wurde. Ohne Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung ist der Einsatz von Überwachungssystemen rechtswidrig und sie müssen entfernt werden. Das ist etwa auch bei Dienstautos der Fall, die mittels GPS überwacht werden, um sie im Falle eines Diebstahls orten zu können. Kann gleichzeitig kontrolliert werden, wie lange Pausen der Mitarbeiter macht, ist die Überwachung nur erlaubt, wenn es eine Betriebsvereinbarung gibt.

Krankenstand

In vielen Betrieben gibt es Zugangskontrollen. Dabei wird überwacht, wer kommt und wer geht. Funktioniert das per Chip, wird die Menschenwürde noch nicht berührt. Anders schaut es aus, wenn die Zugangskontrolle per Finger- oder Irisscan erfolgt. Mitunter werden auch Mitarbeiter des Krankenstand-Missbrauchs verdächtigt. Das punktuelle Ausspionieren mittels Detektiv ist dabei nur dann erlaubt, wenn ein berechtigter Verdacht besteht. "Häufig kommt es vor, dass Arbeitnehmer beim Pfuschen oder im Urlaub erwischt werden", sagt Thomas Angermair. Das wäre eine Verletzung der Arbeitspflicht, die einen Entlassungsgrund darstellt. "Ich empfehle Betrieben, besser die Gebietskrankenkasse zu informieren. Diese führt dann Kontrollen des Krankenstandes durch", erzählt Angermair.

Telefon & Internet

Das heimliche Abhören von Telefongesprächen berührt die Menschenwürde nicht nur, es verletzt sie auch. Daher ist diese Art der Überwachung unzulässig. Wenn der Dienstgeber die private Internetnutzung und die Nutzung des eMail-Accounts für private Zwecke untersagt, dann müssen sich die Mitarbeiter auch daran halten. Überwacht er den eMail-Verkehr und das Surfverhalten systematisch, dann bedarf es einer Betriebsvereinbarung. Doch es gibt Ausnahmen: Der Arbeitgeber darf dann in jedem Fall auf Daten zugreifen, wenn er ein berechtigtes Interesse daran hat – etwa, wenn ein Mitarbeiter erkrankt ist und sein eMail-Verkehr mit einem Geschäftspartner zur Einhaltung von Fristen dringend gebraucht wird. Ist diesbezüglich nichts geregelt, ist die private Nutzung erlaubt, jedoch dürfen die Dienstpflichten dadurch nicht vernachlässigt werden. Private eMails darf der Arbeitgeber auf keinen Fall lesen.

Social Media

Doch auch soziale Medien werden von Dienstgebern immer mehr kontrolliert. Plaudern Mitarbeiter Betriebsgeheimnisse oder Interna über soziale Medien aus, beschimpfen Vorgesetze oder tätigen rassistische Äußerungen, dann ist die Folge ein Vertrauensverlust vonseiten des Arbeitgebers. Dies kann einen Entlassungsgrund oder zumindest einen Kündigungsrechtfertigungsgrund darstellen. Harmlose Äußerungen wie, "wir ersticken in Arbeit, mir reicht’s" muss der Arbeitgeber jedoch hinnehmen.

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