Weltfrauentag: Über Chancen und Mythen von Teilzeitjobs

Weltfrauentag: Über Chancen und Mythen von Teilzeitjobs
Weltfrauentag: Die Teilzeitquote bei Frauen steigt und steigt. Daran ändert auch die Debatte um Altersarmut nichts. Warum?

Frau, Kinder, Teilzeit, Altersarmut: Eine typische weibliche Karriere in Österreich? So einfach ist die Formel nicht. Die Arbeitszeit hat viel mehr Aspekte,spiegelt sie doch den Strukturwandel in der Wirtschaft weg von der Industrie- hin zu Dienstleistungsgesellschaft wider. Der „9-to-5-Job“ stirbt aus, flexible Arbeitszeiten werden die Regel.

Frauen sind hier voraus und haben eine klare Präferenz für kürzere Arbeitszeiten. Allein in den vergangenen zehn Jahren stieg der Anteil an teilzeitbeschäftigten Frauen von 41 Prozent auf 47,5 Prozent. Elternteilzeit und Boom bei der Altersteilzeit dürften den Trend befeuert haben.

Weltfrauentag: Über Chancen und Mythen von Teilzeitjobs

Altersarmut

Ist der Zenit bei der Teilzeit erreicht? „Das hängt von einigen Parametern ab“, sagt IHS-Arbeitsmarktexpertin Gerlinde Titelbach. Als Beispiele nennt sie Betreuungsangebote, künftige Arbeitszeitverteilung oder Rollenerwartungen.

Fakt ist: Geringere Arbeitszeit allein führt nicht automatisch zu Armut im Alter. Entscheidend für Lebenseinkommen und spätere Pension sind Berufswahl, Stundenausmaß und Dauer der Teilzeit. An Rezepten zur Verbesserung mangelt es nicht. Sie reichen von mehr Kinderbetreuung, stärkerer Väter-Beteiligung bis zur generellen Arbeitszeitverkürzung.

Vorteile eines Teilzeitjobs

Bessere Vereinbarkeit: Die Vereinbarkeit von Familie bzw. Freizeit und Beruf fällt mit geringerem Arbeitsausmaß leichter, die Erholungsphasen sind länger. Eine bessere „Work-Life-Balance“ halten besonders Junge für erstrebenswert.

Wohlstandsindikator: Eine hohe Teilzeitquote ist Kennzeichen wohlhabender Staaten mit hoher Frauenbeschäftigung. Neben Österreich (28 Prozent) haben die Niederlande, Deutschland und Skandinavien hohe Quoten. In Osteuropa  sind sie niedrig. In Skandinavien ist die Geschlechterverteilung ausgeglichener und es wird meist 30 Stunden gearbeitet. In Österreich arbeitet häufig die Frau Teilzeit, der Partner Vollzeit.

Hohe Zufriedenheit: Studien zeigen: Zwischen 80 und 90 Prozent der Teilzeitbeschäftigten sind mit Arbeitszeit und Arbeitsplatz zufrieden. Dieser Wert ist höher als bei Vollzeitarbeitskräften. Die Nachfrage nach Teilzeit übersteigt das Angebot bei Weitem. Es gibt viermal so viele arbeitslose Frauen mit Teilzeitwunsch wie offene Teilzeitstellen. Nur zehn bis 15 Prozent der Frauen würden gerne Vollzeit arbeiten, finden jedoch keine passende Stelle.

Staatlich gefördert: Teilzeit ist in Österreich mehrfach staatlich gefördert, etwa bei der Lohnsteuer oder bei der Arbeitslosenversicherung. Teilzeitbeschäftigte zahlen meist keinen oder einen geringeren Beitrag, sind aber voll arbeitslosenversichert. Einzigartig in der EU ist auch der Mehrarbeitszuschlag von 25 Prozent, wenn über das Teilzeitausmaß hinaus gearbeitet wird.  Der Umstieg auf Vollzeit zahlt sich dadurch – vor allem in Niedriglohnbranchen – nicht immer aus. Betriebe können durch Teilzeitarbeit viel flexibler agieren.

Eltern-/Altersteilzeit: Vom Staat unterstützt  wird weniger arbeiten, wenn die Kinder noch klein sind  (Elternteilzeit) oder vor der Pensionierung (Altersteilzeit). Bei der Elternteilzeit haben Mütter oder Väter ein Recht darauf,bis zum 7. Geburtstag des Kindes die Arbeitsstunden zu reduzieren. Während der Elternteilzeit gilt  Kündigungsschutz. Bei der Altersteilzeit entstehen keine Nachteile für die Pension. Weiters gibt es Pflege-, Wiedereingliederungs- und Bildungsteilzeit sowie Kurzarbeit.

Pensionssplitting: Altersarmut lässt sich vermeiden, etwa durch Pensionssplitting. Dabei können Pensions-Nachteile durch die Erziehungszeit zum Teil ausgeglichen werden. Der erwerbstätige Elternteil überträgt bis zu 50 Prozent seiner Pensionsgutschrift dem erziehenden. Diese Teilgutschriften sind bis zum siebenten Lebensjahr möglich.

Nachteile eines Teilzeitjobs

Einkommensschere: Kein Zweifel: Teilzeit ist der Hauptgrund für die Einkommenskluft zwischen Männern und Frauen. Diese ist zwar in den vergangenen Jahren von 25 auf 19 Prozent gesunken, liegt aber immer noch deutlich über dem EU-Schnitt von 16 Prozent. So lange die Teilzeit überwiegend Frauensache ist, wird sich das nicht ändern. Ein Umdenken für ein besseres Geschlechterverhältnis bei der Teilzeit findet nur langsam statt.

Zu wenig Stunden: Während in den Niederlanden oder Skandinavien 30 bis 35 Stunden die Regel sind, arbeiten Frauen in Österreich  noch immer häufig nur 20 bis 25 Stunden pro Woche. Die Gehaltsdifferenz zur Vollzeit ist dadurch höher. Etwa 15 Prozent der Teilzeit-Beschäftigten fühlen sich unterbeschäftigt, würden also gerne mehr arbeiten, wenn sie könnten. Weil Teilzeitkräfte oft rascher ihren Job verlieren, gelten sie auch als prekär beschäftigt.

Karrierefalle: Frauen in Teilzeit erhalten weniger Aus- und Weiterbildung und haben daher geringere Aufstiegschancen. Die Karenzzeit wird zwar bereits in vielen Kollektivverträgen für Gehaltsvorrückungen angerechnet, aber nicht überall. Anders als in anderen Ländern mangelt  es in Österreich  auch an weiblichen Führungskräften in Teilzeit.  

Pensionslücke: Wird mehr als die Hälfte des Erwerbslebens nur 20 Stunden pro Woche gearbeitet, fällt das Lebenseinkommen gegenüber 30 Stunden um bis zu 30 Prozent geringer aus, hat das WIFO errechnet. Um Pensionslücken zu vermeiden, empfehlen Arbeitsmarktexperten eine rasche Rückkehr aus der Karenz bzw. nicht dauerhaft in 20-Stunden-Jobs zu verweilen. Für Alleinerzieherinnen ist das oft nur schwer möglich.

Typische Frauenbranchen:  In den klassischen „Frauenbranchen“ wie Einzelhandel, Tourismus, Gesundheit und Pflege ist Teilzeit eher die Regel als die Ausnahme. Die Entlohnung ist unterdurchschnittlich. In typischen „Männerbranchen“, die besser bezahlt werden, gibt es hingegen zu wenig Teilzeitangebote.  

Unbezahlte Arbeit: Tradierte Rollenbilder bestimmen in Österreich noch immer das Familienleben. Kinder- und Altenbetreuung sind – unabhängig vom Bildungsniveau – immer noch Frauensache und beeinflussen damit weibliche Karrieren maßgeblich. Auch ein Großteil der unbezahlten Haushaltsarbeit wird von Frauen erledigt. Von „Halbe-Halbe“ können gerade Teilzeit-Beschäftigte nur träumen. Und ein geringer Teilzeitverdienst erhöht die finanzielle Abhängigkeit vom Partner. 

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