Er müsse sich gedulden, „die Kunden zahlen auch nicht“, hieß es, berichtet seine Patin dem KURIER. Statt dem zustehenden Lohn gab es ein Firmenauto, das er auch privat nutzen durfte. Einen Job, der Spaß macht. In einer Firma mit Bestand, die zumindest auf dem Papier verlässlich wirkte.
Kein Gehalt ausbezahlt: Leider kein Sonderfall
Der junge Mann wollte nicht kündigen. Und musste sich nach fünf Monaten, in denen er kein Gehalt sah, geschlagen geben. Auch dieser Fall liegt jetzt bei der AK.
Jasmin Haindl ist Juristin bei der AK Wien. Sie kennt solche Fälle zur Genüge. Offenes Entgelt rangiert unter den Top-3-Themen in der Beratung. 2023 hätten sich 60 Prozent der Rechtsschutzfälle damit befasst. „Die Palette ist breit. Entweder hat der Arbeitgeber wirklich Zahlungsschwierigkeiten oder er macht es bewusst, weil es andere Streitigkeiten gibt oder er sich etwas ersparen will.“
Erkennen ließe sich das im Vorfeld kaum, sagt Haindl. Denn Fälle wie die des jungen Mannes würden querbeet durch alle Unternehmensgrößen und Branchen passieren. „Die Leute hängen am Job, lassen sich das eine Zeit lang gefallen, aber irgendwann müssen sie auch von etwas leben.“ Hat man auf sein Gehalt gewartet und findet plötzlich keinen Kontoeingang oder nur einen Teil des vereinbarten Gehalts vor, empfiehlt Haindl aber, schnell zu handeln, um kein Geld zu verlieren, das einem zusteht.
Nicht lange zuwarten, schnell handeln
Der erste Schritt ist ein Blick in den Kollektiv- oder Dienstvertrag. Dort ist der Fälligkeitszeitpunkt festgehalten. Ist dieser zeitlich überschritten, sollte man nicht nur das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen, sondern das offene Entgelt schriftlich einfordern. Denn je nach Vertrag sind Verfallsfristen zu beachten, die oftmals nur drei Monate gültig sind. „Danach kann man es rechtlich nicht mehr durchsetzen.“
Ist man unsicher, was zu tun ist, unterstützen ab diesem Zeitpunkt (und auch davor) AK oder Gewerkschaft. Angst vor einer Kündigung braucht es keine. Haindl: „Nur weil ich berechtigte Ansprüche einfordere, darf ich nicht gekündigt werden.“ Passiert es doch, könne man die Kündigung bei Gericht anfechten. Doch der Idealfall ist, nie bei Gericht zu landen.
Zwar bekäme man bei Erfolg alles, was einem zustünde, ausbezahlt, etwaig mit gerichtlichen Verzugszinsen. „Aber es ist ein geringer Trost“, sagt Haindl. Denn es kann lange – zwischen Wochen oder sogar Jahren – dauern, bis man wirklich Geld zu sehen bekommt. Deshalb fordert die AK, dass säumige Arbeitgeber bei Gericht nicht nur nachzahlen, sondern ein Duplum auszahlen müssen, also das Doppelte. „Dann tut es mehr weh und ist nicht nur ein Profitgeschäft für Arbeitgeber.“ Durchgesetzt hat die Interessenvertretung das aber noch nicht.
Der schnellste Weg zu Geld
Ist man auf sein monatliches Einkommen dringend angewiesen und der Arbeitgeber nicht bereit, dieses pünktlich zu zahlen, empfiehlt Haindl, das Arbeitsverhältnis vorzeitig zu beenden. „Zahlt der Arbeitgeber das Entgelt nicht, muss ich nicht weiter arbeiten oder eine Kündigungsfrist einhalten“, erklärt sie und warnt: „Aber bitte nicht voreilig oder selbstständig machen, weil es auch da Kriterien gibt, die man beachten muss.“
Danach könne man sich, sofern man die Kriterien (Anwartschaft) erfüllt, beim AMS melden und Arbeitslosengeld beziehen. Und mit dieser finanziellen Unterstützung wieder auf die Suche nach einem Job und verlässlicheren Arbeitgeber gehen.
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