Was beim Jobinterview überzeugt

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Drei Bewerber, drei Chancen: Fachliche Expertise ist wichtig. Aber wie sehr entscheiden Auftreten, Körpersprache und Kleidung, ob man den Job bekommt? Wir beobachten Kandidaten beim Bewerbungsgespräch.

Der Schauplatz: Ein Raum mit Tisch und Stühlen, Perserteppich, Bildern an der Wand. Die Darsteller: Ein Personalberater, drei Kandidaten und ein stiller Beobachter in Form einer Kamera. Die Bewerbungsgespräche für Führungspositionen wurden, mit Erlaubnis der Kandidaten, aufgezeichnet, was den Stressfaktor zusätzlich erhöht hat. Der Zweck: damit sie der Job-KURIER gemeinsam mit den Personalberatern analysieren kann. Für einen Inside-Blick auf die Kandidaten und ihr Auftreten. Wer punktet womit?

Kandidat 1: Der Erfahrene Der Bewerber betritt den Raum und setzt sich. Der Kandidat erzählt ausführlich über seine bisherigen beruflichen Erfahrungen, der Personalberater hört vorerst nur zu. Dann fragt er nach Erfahrungen im Kündigen von Mitarbeitern und wie sich das angefühlt hat. Schließlich geht es um die Zielfirma. "Was erwarten Sie von dem Unternehmen", fragt Michael Ludwig , Senior Consultant beim Personalberater Brenner & Company. Und: "Wie gehen Sie mit Konflikten um?"

Die Körpersprache:

Was beim Jobinterview überzeugt
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Der Bewerber sitzt weit vorgebeugt und in sich zusammengesunken da. Gleichzeitig zieht er die Schultern hoch. Er unterstreicht das Gesagte mit den Händen, gestikuliert viel, klopft auf den Tisch, wirkt unruhig. Die Kleidung: Nicht optimal, in Brauntönen gehalten. Die Sprache: Der Kandidat ist durch seine monotone Stimmführung schlecht zu verstehen.

Fazit: Der Kandidat ist fachlich exzellent und macht einen vernünftigen bodenständigen Eindruck. Auch Sympathiewerte konnte er vermitteln. Aber der optische Eindruck ist schlecht. Der Kandidat macht sich kleiner als er ist. Er wirkt angespannt und unsicher. "Er ist kein Strahlemann," sagt Michael Ludwig. "Für einen anderen Posten wäre das ein Problem, für den zu besetzenden Posten des Leiters des Rechnungswesens macht das jedoch nichts", resümiert Ludwig. Nach einer Stunde und 20 Minuten steht für den Personalberater fest: Der Kandidat hat gute Chancen für den Job, denn er ist topqualifiziert und geht gut mit den Mitarbeitern um. Er hat sich, neben den optischen Abstrichen, nicht schlecht präsentiert. Das zahlt sich aus: "Wir wählen aus den vorhandenen Bewerbern die drei aus, die am besten geeignet sind", sagt Ludwig. Kandidat eins kommt, so viel steht fest, in den Dreier-Vorschlag an den Kunden.

Kandidat 2: Der Macher Der Bewerber sitzt aufrecht und macht auf den ersten Blick einen sehr guten Eindruck. Er hat sich für den Posten als Verkaufsleiter beworben. Er ist zurückhaltender mit seinen Ausführungen als Kandidat eins und überlässt die Gesprächsführung eher dem Personalberater. Als er gefragt wird, warum er und sein letzter Arbeitgeber sich getrennt haben, versucht er Zeit zu gewinnen und gibt keine konkrete Auskunft. "In diesem Fall lasse ich die Sache auf sich beruhen und komme zu einem späteren Zeitpunkt, wenn der Kandidat nicht mehr damit rechnet, wieder auf das Thema zurück", verrät Ludwig. "Wir hinterfragen in jedem Gespräch die Veränderungsgründe. Denn das lässt Rückschlüsse auf die Loyalität des Kandidaten zu. In diesem Fall haben ich mehrfach nachgefragt, es ist aber keine konkrete Antwort gekommen." Der Personalberater hinterfragt auch die Erfahrungen des Kandidaten in der Selbstständigkeit. Was haben Sie aus dieser Zeit mitgenommen? Der Kandidat hat vor allem Führungserfahrungen gesammelt. Daher will der Personalberater ergründen, ob der Bewerber auch und gut verkaufen kann. "Ich stelle immer offene Fragen, damit der Kandidat seine Erfahrungen in eigenen Worten wiedergeben kann", so Ludwig.

Die Körpersprache:

Der Kandidat sitzt aufrecht und lehnt sich etwas nach vorne. Er gestikuliert bedacht und zählt Punkte, die er aufzeigt, an den Fingern ab. Hin und wieder faltet er die Hände auf dem Tisch vor sich. Die Kleidung: Der Bewerber ist sehr hochwertig und seriös gekleidet, top. Sprache: Der Kandidat ist Südtiroler. Zu Beginn spricht er in verkrampfter Schriftsprache, erst mit der Zeit entspannt er sich und spricht in dem ihm eigenen Dialekt. Ab diesem Zeitpunkt kommen seine Aussagen auch viel glaubwürdiger an.

Fazit: Fachlich sehr gut, der Kandidat hat sich von unten hochgearbeitet und ist zweifellos ein guter Verkäufer. Auch die Ausbildung in Form eines Universitätslehrganges spricht für ihn. Sein Auftreten ist seriös. "Ich gehe davon aus, dass der Kandidat auch Druck machen kann", konstatiert Ludwig. Aber: "Sich sprachlich zu verbiegen ist ein Nachteil, denn dadurch wirkt der Kandidat nicht authentisch. Außerdem muss er sich als Verkaufsleiter sprachlich seiner Klientel anpassen können." Weniger gut angekommen ist auch, dass der Betroffene nicht offen über seinen Veränderungsgrund sprechen will. Das schmälert die Authentizität. "Ich gehen davon aus, dass der Kandidat gekündigt wurde oder einvernehmlich getrennt hat", sagt Ludwig. "Bei diesen Dingen wird sehr oft gelogen." Nach einer Stunde und 33 Minuten ist das Gespräch zu Ende. Ob der Kandidat in die engere Wahl kommt, steht zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest – es bleibt spannend.

Kandidat 3: Die Entspannte Kandidatin 3 sitzt entspannt da, lacht viel und ist sehr locker. Sie hat sich für den Posten als Rechnungswesen-Leiterin beworben. Der Bildungsweg der Bewerberin erfolgte über eine Lehre, sie hat anschließend im Gastronomie-Gewerbe gearbeitet und erst im zweiten Bildungsweg die Karriere in Richtung Buchhaltung eingeschlagen. Der Personalberater fragt nach, warum die Kandidatin diese Ausbildungswege beschritten hat, was hinter der Lehrausbildung für die Gastronomie steckt.

Die Körpersprache:

Die Kandidatin gestikuliert viel, wirkt sehr engagiert und sprüht vor Energie. Die Kleidung: für den Anlass zu leger, die Kandidatin trägt eine weiße Kurzarm-Bluse ohne Blazer. Sprachlich: Die Kandidatin ist eher salopp in ihrer Ausdrucksweise.

Was beim Jobinterview überzeugt
Michael Ludwig von Brenner & Company International Management Consulting, Wien am 29.05.2017
Fazit:Eine gute Kandidatin, die offen auftritt. Von der fachlichen Seite her gut geeignet, aber für die konkrete Position zu wenig international. Sehr kommunikativ, gutes und lockeres Auftreten. Für die Stelle im gehobenen, sehr konservativen Umfeld ist die Kandidatin jedoch nur bedingt geeignet. Einerseits fachlich nicht, anderseits aufgrund ihres Auftretens. Ob die Chance besteht, dass sich die Bewerberin an das Umfeld des Zielunternehmens anpassen könnte? "Je jünger der Kandidat, desto eher kann die Persönlichkeit noch geändert werden", weiß Ludwig aus Erfahrung. "Fachliche Expertise kann man erlernen, das Auftreten aber nicht." Der Berater hat das Persönlichkeitsprofil von potenziellen Kandidaten, das er mit dem Kunden erarbeitet hat, bei den Gesprächen im Hinterkopf. "Die Kandidatin passt von ihrer Persönlichkeit nicht in eine distinguierte Branche, dazu ist sie zu hemdsärmelig", begründet er. Das Vorstellungsgespräch wurde nach 67 Minuten vorzeitig beendet. Gemeinsam mit der Kandidatin ist man überein gekommen, dass sie für die konkrete Position nicht in Frage kommt. Doch sie hat einen guten Eindruck hinterlassen und wird für künftige Stellen, für die sie sich eignet, in Evidenz gehalten.

Alle Kandidaten, die in die engere Auswahl kommen, durchlaufen eine psychologische Profilerstellung, wodurch weitere Informationen zur Persönlichkeit gewonnen werden. Das Resultat ist ein konsistentes Bild. Dann werden die potenziellen neuen Mitarbeiter schließlich dem Auftraggeber vorgestellt, der die Letztentscheidung trifft.

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